Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 15, Nein: 0, Enthaltungen: 0

 

Beschlussvorschlag:

Der Kreis Heinsberg sieht die Implementierung des Kommunalen Integrationsmanagements als eine bedeutende Aufgabe zur erfolgreichen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, um die sich daraus ergebenden Potentiale für die betroffenen Personen und für die Gesellschaft bestmöglich zu nutzen.

 

Die Verwaltung wird daher beauftragt,

 

- das Kommunale Integrationsmanagement (KIM, Bausteine 1 bis 3) im Kreis Heinsberg entsprechend der einschlägigen Landesvorgaben unter Einbeziehung der agierenden Behörden und Institutionen dauerhaft zu implementieren,

 

- die dazu notwendigen Anträge auf Landesförderung zu stellen,

 

- das mit der vorgeschriebenen Qualifizierung/Ausbildung erforderliche Personal zu stellen,

 

- im Baustein 2 (Case Management) insgesamt zwei Stellen an Träger der Freien Wohlfahrtspflege auf der Grundlage eines noch zu erstellenden Konzeptes weiterzuleiten und

 

- dem Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Generationenfragen regelmäßig über den Stand der Umsetzung zu berichten.

 


In der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Soziales und Generationenfragen am 12.08.2020 hat die Verwaltung erstmalig über das Kommunale Integrationsmanagement (KIM) berichtet.

 

Mit der nordrhein-westfälischen Teilhabe- und Integrationsstrategie 2030 forciert die Landesregierung das Thema Integration als Querschnittsaufgabe für alle Tätigkeitsfelder. Durch die Einführung des KIM sollen die Kommunen gestärkt, die intra- und interkommunale Zusammenarbeit gefördert und Neuzugewanderte schneller integriert werden. Gerade in den Phasen des sog. Rechtskreiswechsels ist ein lückenloser Übergang wichtig. Das KIM umfasst eine stärkere rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Behörden und Institutionen im Sinne einer kommunalen integrierten Steuerung der örtlichen Migrations- und Integrationsprozesse. Auf diese Weise soll auch die Zusammenarbeit zwischen den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden und den Kommunalen Integrationszentren (KI) gefördert werden. Zu dieser flächendeckenden Implementierung des KIM hat die Landesregierung ein verbindliches Handlungskonzept vorgegeben. Die Kernelemente aus diesem Handlungskonzept werden nachfolgend dargestellt.

 

Mit der Implementierung eines rechtskreisübergreifenden KIM wachsen die KI in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. Die Umsetzung des KIM erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Stellen in der Kreisverwaltung Heinsberg, den kreisangehörigen Kommunen und den Wohlfahrtsverbänden. Das Profil aller KI in NRW wird sich durch KIM verändern. Die KI werden gesellschaftlich, wissenschaftlich, bildungspolitisch, marktwirtschaftlich und politisch eine besondere Wertigkeit erlangen und ein wichtiger rechtskreisübergreifender Ansprechpartner zu integrations- und migrationsrelevanten Themen innerhalb ihrer Region werden. Die KI werden nicht nur in der strukturellen und koordinierenden Tätigkeit gestärkt, sondern steigen – nach dem Teilhabemanagement für die Zielgruppe der 18 bis 27-jährigen geflüchteten Menschen mit einer Duldung oder Aufenthaltsgestattung – mit dem Case Management (Baustein 2) intensiver in die operative Ebene der Integrationsarbeit ein.

 

Auf der strukturellen Ebene soll das KIM – auch zur Entlastung und Unterstützung des Ehrenamtes – die Zusammenarbeit aller in einer Kommune vorhandenen integrationsrelevanten Ämter und Organisationen, wie z. B. KI, Jugendämter, Ausländer- und Einbürgerungsbehörden, Schulämter, Arbeitsagenturen, Jobcenter, Wohlfahrtsverbände sowie weitere haupt- und ehrenamtliche Akteure, weiterentwickeln. Auf der inhaltlichen Ebene geht es um die Förderung eines effektiven Integrationsmanagements, welches das individuelle Case Management für Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund in den Vordergrund rückt. Das Case Management bezieht sich insbesondere auf Geflüchtete, kann aber auch allgemein auf Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ausgeweitet werden.

 

Für den Prozess eines Integrationsmanagements sollen drei Bausteine vor Ort umgesetzt werden:

Baustein 1 – Förderrichtlinie zur Implementierung eines strategischen Kommunalen Integrationsmanagements (strategischer Overhead):

 

Das strategische Overhead (3,5 Koordinierungsstellen und eine zusätzliche 0,5 Assistenzstelle) soll im KI angesiedelt werden. Dieses agiert als koordinierende Stelle für den Gesamtprozess. Die Koordinationsstelle installiert eine entscheidungsfähig besetzte Lenkungsgruppe, entwickelt themenfokussierte Arbeitskreise, moderiert, begleitet die Gremienarbeit, analysiert und evaluiert den Prozess und sorgt für einen transparenten Wissens- und Erkenntnistransfer. Dem strategischen Overhead kommen dabei fachaufsichtliche und koordinierende Funktionen für das Case Management (Baustein 2) zu.


Baustein 2 – Fachbezogene Pauschale für Personalstellen, um ein rechtskreisübergreifendes individuelles Case Management zu implementieren:

 

Zur konkreten Umsetzung eines KIM vor Ort sollen die für die operative Arbeit im Kreis Heinsberg zunächst vorgesehenen fünf Stellen, die sog. Case Manager/innen, eingerichtet werden. Diese realisieren durch eine qualifizierte Einzelfallberatung auf individueller Ebene ein rechtskreisübergreifendes Integrationsmanagement, das die individuellen Lebenslagen und Bedarfe der zugewanderten Menschen berücksichtigt. Hierbei sind die Schnittstellen der Rechtskreise und Programme SGB II, SGB III, SGB VIII, SGB XII sowie Migrationsfachdienste und das Teilhabemanagement aus „Gemeinsam klappt‘s“ bzw. „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ zu beachten. Die operativen Case Management-Stellen sollen vorzugsweise an das KI organisatorisch angebunden werden.


Baustein 3 – Fachbezogene Pauschale für zusätzliche Personalstellen in den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden zur rechtlichen Verstetigung der Integration ausländischer Menschen mit besonderen Integrationsleistungen:

 

Zur Förderung der rechtlichen Verstetigung von zugewanderten Menschen mit besonderen Integrationsleistungen werden dem Kreis Heinsberg vom Land zwei zusätzliche halbe Personalstellen bereitgestellt. Dabei fokussiert eine 0,5-Stelle die Umsetzung der Bleiberechte für gut integrierte Ausländer nach § 25a und § 25b AufenthG und eine weitere 0,5-Stelle die Förderung der Einbürgerung gut integrierter Menschen, die die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen. Diese sind bereits seit 2020 organisatorisch bei der Ausländer-/Einbürgerungsbehörde des Kreisordnungsamtes angegliedert.

 

Beim Ausbau des KIM erhält das KI eine zentrale Rolle, wobei die klassischen KI-Arbeitsfelder und Aufgaben erhalten bleiben. Alle drei Bausteine müssen als Einheit agieren und die zur Umsetzung erforderlichen Personalstellen sollen eng zusammenarbeiten. Dazu ist eine systematische und regelmäßige Abstimmung zwischen dem strategischen Overhead und dem operativen individuellen Case Management vorgesehen.

 

Die folgenden Verfahrensschritte sind zur Installierung von KIM im Kreis Heinsberg notwendig:

 

- Einbindung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in die Planung

 

- Erstellung eines Konzeptes mit einer Übersicht über Beratungsansätze, eine Fokussierung der Zielgruppe und eine Darstellung der methodischen Ausführung des Case Managements

 

- Skizzierung der KIM-Gremienstruktur mit der geplanten Besetzung einer Lenkungsgruppe, worin die relevanten Behörden/Ämter und auch die freie Wohlfahrt vertreten sein sollen

 

- Skizzierung von themenfokussierten Arbeitsgruppen, die entweder neu installiert werden oder aus bestehenden Gremienstrukturen des KI für das KIM modifiziert werden können, auch hier soll die freie Wohlfahrt vertreten sein


Anfang Dezember 2020 wurde der entsprechende Fördererlass des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration veröffentlicht (RdErl. MKFFI vom 25.11.2020, MBl. NRW 2020, 751). Der bis zum 28.12.2020 zu stellende Antrag wurde mit Schreiben vom 17.12.2020 eingereicht. Gleichzeitig wurde zur Vervollständigung wegen der noch ausstehenden Umsetzungsschritte um Fristverlängerung gebeten.

 

Eine operative Beteiligung der Freien Wohlfahrtspflege kommt im Einzelfall aufgrund besonderer Gegebenheiten auf lokaler Ebene im Rahmen eines ausführlichen Konzeptes in Betracht. Hiervon möchte die Verwaltung wegen der bereits bekannten und bestehenden Strukturen in vergleichbaren Bereichen Gebrauch machen. Es ist daher beabsichtigt, die Träger der Freien Wohlfahrtspflege zum einen umfassend im Rahmen der Prozesssteuerung bei der Besetzung der Lenkungsgruppe und bei themenspezifischen Arbeitskreisen zu berücksichtigen. Zum anderen beabsichtigt die Verwaltung, insgesamt zwei Stellen des operativen Geschäfts (individuelles Case-Management) bei der Freien Wohlfahrtspflege einrichten zu lassen.

 

Aus Sicht des KI ist es wichtig und notwendig, ein auf Effizienz ausgerichtetes KIM zu installieren. Zukünftig wird die Integrationsarbeit des KI durch KIM nicht mehr nur auf struktureller und koordinierender Ebene umgesetzt, sondern auch auf operativer Ebene direkt an den Menschen realisiert. Durch die zwei parallel geführten Schienen in der kommunalen Integrationsarbeit werden die regionalen Integrationsprozesse im Kreisgebiet beschleunigt und optimiert.

 

Der Gesamtprozess KIM ist entsprechend den Landesbestimmungen beim KI angesiedelt. Die koordinierende Stelle (Baustein 1) soll auch als Fachaufsicht für die Case Management-Stellen (Baustein 2) fungieren. Case Manager/-innen sind als kommunale Mitarbeiter regelmäßig eher in der Lage, etwaige Herausforderungen innerhalb behördlicher Strukturen zu erkennen, Optimierungspotenziale bzgl. Integrationsprozesse von innen heraus anzustoßen und Lösungen innerhalb des Kollegiums zu finden.

 

Die Koordinierungsstelle der KI im Land NRW (LaKI), derzeit noch bei der Bezirksregierung Arnsberg angesiedelt, wechselt aber ins MKFFI, empfiehlt eine Beteiligung der Freien Wohlfahrtsverbände im Rahmen der Stellenzuweisung des Bausteins 2 nicht, diese seien ausreichend im Rahmen der vorgesehen Mitwirkung in der einzurichtenden Lenkungsgruppe und den Arbeitskreisen repräsentiert. Sollte wegen der Strukturen vor Ort eine operative Beteiligung sinnvoll sein, käme die „Weiterleitung“ von Stellen in Betracht. Die Verwaltung geht davon aus, dass eine teilweise Weiterleitung von Stellen und Fördermittel wegen der vorhandenen und etablierten Strukturen vor Ort im Kreis Heinsberg sinnvoll erscheint. Der Einsatz soll jedoch nur dort erfolgen, wo eine Ergänzung der bereits bestehenden Beratungsangebote geboten ist. Außerdem müssen sich die Stellen nachweisbar außerhalb der Personaltableaus der Migrationsfachdienste bewegen. Der Kreis Heinsberg bleibt bei einer solchen Konstruktion umfassend in der Verantwortung; eine Kooperationsvereinbarung auf der Grundlage eines kreisspezifischen KIM-Konzeptes ist zwingend nötig.

 

Mit Schreiben vom 28.12.2020 wurde die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege im Kreis Heinsberg gebeten, einen gemeinsamen Vorschlag der Beteiligung und ein Konzept zur Umsetzung des Case-Managements vorzulegen. Die Arbeitsgemeinschaft (derzeit geschäftsführend ist der AWO-Kreisverband Heinsberg) hat grundsätzlich die Kooperation zugesagt; operativ sollen im Baustein 2 das DRK und die Diakonie beteiligt werden. Ein Planungsgespräch ist am 02.02.2021 vorgesehen. Die Arbeit an der Konzeption wird abgestimmt erfolgen.

 

Die Beteiligung und Einbindung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden ist ebenfalls in die Wege geleitet. Die kommunalen Integrationsbeauftragten wurden mit Schreiben vom 29.12.2020 und 22.01.2021 umfassend informiert und gebeten, besondere Bedarfe, Herausforderungen und Etabliertes vor Ort mitzuteilen; pandemiebedingt konnte eine für den 26.01.2021 geplante Informationsveranstaltung nicht stattfinden; diese soll nachgeholt werden.

 

Die Landesförderung hat konkret folgende Auswirkungen:

 

Die Anzahl der geförderten strategischen Stellen (Baustein 1) ist nach Einschätzung der Verwaltung realistisch, da die Personen auch als Fachaufsicht für die Case Manager/-innen agieren sollen. Das Case Management selbst (Baustein 2) könnte zunächst nur in ausgewählten Quartieren oder für eine eingegrenzte Zielgruppe starten. Das Land hat in den nächsten Jahren aber eine Erhöhung der Case Management-Stellen vorgesehen.

 

Für die fünf Case Management-Stellen gewährt das Land eine Personalkostenpauschale in Höhe von jährlich 55.000 € pro Vollzeitäquivalent. Ein prozentualer Eigenanteil wird nicht verlangt. Ob die Personalkostenpauschale auskömmlich ist, hängt von der Tarif- und Erfahrungseinstufung ab. Sachmittel werden nicht gewährt. Qualifikationen im Bereich der sozialen Arbeit oder vergleichbare Qualifikationen und Erfahrungen sind erforderlich. Ein Zuschuss in dieser Höhe wird auch bei den 3,5 Stellen des strategischen Overheads gewährt; die halbe Stelle Verwaltungsassistenz wird mit jährlich 22.500 € bezuschusst. Für das strategische Overhead werden ergänzend jährliche Arbeitsplatzkosten in Höhe von 9.700 € je Stelle (4.850 € bei der Assistenz), Ausgaben für die Inanspruchnahme einer externen Begleitung und Beratung von 9.108 €, die Durchführung von Veranstaltungen mit 10.000 € sowie für Maßnahmen, die als Ergebnis der Analyse der Schnittstellen zur Verbesserung des Integrationsmanagements entwickelt und implementiert werden, von 30.000 € zur Verfügung gestellt. Die Koordinatorinnen und Koordinatoren des strategischen Overheads müssen den erfolgreichen Abschluss eines Hochschulstudiums (Diplom FH, Bachelor oder Master) oder eine gleichwertige Qualifikation nachweisen.

 

Laut Aussagen des MKFFI ist KIM auf Dauer angelegt. Laut dem Handlungskonzept ist in den nächsten Jahren ein Aufwuchs der Case Management-Stellen vorgesehen. Wie andere KI-Förderprogramme des Landes ist auch KIM zunächst bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode befristet. Da das Teilhabe- und Integrationsgesetz NRW als Grundlage der Einrichtung des KI im Jahr 2012 innerhalb der vorherigen Legislaturperiode fraktionsübergreifend verabschiedet wurde, ist auch beim KIM mit einer fortlaufenden Förderung über die Legislaturperiode hinaus zu rechnen.

 

Die zusätzlich benötigten Arbeitsplätze sollen im Bildungshaus Heinsberg eingerichtet werden.

Weitergehende Informationen:

 

https://www.mkffi.nrw/kommunales-integrationsmanagement-nrw

 

https://www.mkffi.nrw/sites/default/files/asset/document/mkffi_broschuere_einwanderung_gestalten_150-dpi.pdf

 

In der Sitzung des Kreisausschusses ergänzt stv. Vorsitzende Reh die umfassenden Erläuterungen zu diesem Tagesordnungspunkt dahingehend, dass das Land dem Kreis zwischenzeitlich mitgeteilt habe, dass im Jahr 2021 eine weitere 0,5 Stelle für den Baustein 3 (37.500 €) und eine weitere sechste Stelle im Case Management (55.000 €) gefördert werde.

 

An dieser Stelle weist sie auch darauf hin, dass nach Auffassung der Verwaltung als auch der Vertreter der freien Wohlfahrt die Landeszuschüsse nicht auskömmlich sein werden, um die damit einzurichtenden Stellen bzw. Arbeitsplätze zu finanzieren.