Sitzung: 19.05.2021 Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Generationenfragen
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Die Anfrage ging erst nach Versand der Einladung und Sitzungsunterlagen am 12.05.2021 bei der Verwaltung ein. Der Anfragetext wurde den Ausschussmitgliedern als Tischvorlage zur Verfügung gestellt, wird aber der Niederschrift als Anlage beigefügt.
Dem Vorschlag des Ausschussvorsitzenden entsprechend erfolgt die Beantwortung schriftlich mit der Niederschrift.
Frau Schößler, Leiterin des Gesundheitsamtes und Amtsärztin, beantwortet die Anfrage wie folgt:
Allgemeine Information:
Das
Gesundheitsamt hat Anfang März mit Beginn des Präsenzunterrichtes ein
niedrigschwelliges und sicheres Testkonzept in allen Schulformen und Altersstufen
in den Schulen im Kreisgebiet eingeführt. Die erforderlichen Materialien
(Laientests zur Selbstanwendung) wurden in Abstimmung mit den Bürgermeistern
der kreisangehörigen Kommunen durch den Kreis finanziert und den Einrichtungen
kostenlos in ausreichender Menge für Kinder und Personal zur Verfügung
gestellt, bis das Land die Schulen seinerseits mit Testkits ausgestattet hatte
(nach den Osterferien). Alle Einrichtungen wurden individuell vom
Gesundheitsamt geschult, bei Testungen – vor allem in der Anfangsphase -
begleitet und bei jedem positiven Einzelfall persönlich betreut. Auf diese
Weise konnten Unterrichtsausfälle und Gruppenquarantänen komplett verhindert
werden. Positiv getestete Personen wurden sofort isoliert, deren
Haushaltskontakte wurden umgehend getestet. In der Regel lag die
Infektionsquelle eines positiven Kindes in dessen Familie und nicht in der
Einrichtung (Ausnahme: Kita durch Personal). Das Gesundheitsamt konnte mit
dieser Methode zeitnah und personenscharf Infektionsketten unterbrechen. Die
negativ Getesteten schätzten dieses System aufgrund der gegebenen Sicherheit,
und insbesondere die Grundschulen haben die Tests als spielerische
Alltagsroutine in ihren Schulalltag einbauen können.
Die
Gewinnung der Proben ist beim Lollitestsystem sehr einfach, stellt jedoch
keinen erheblichen Vorteil gegenüber den Selbsttests aus dem Nasenvorhof dar.
Deutlich aufwändiger sind die Lollitests in der weiteren Umsetzung. So müssen
die Lehrkräfte bspw. die Proben beschriften, als Kontaktpersonen für die
Labormitteilungen zur Verfügung stehen und im Fall eines positiven Pooltests
die Einzeltestungen der betroffenen Poolkinder veranlassen. Des Weiteren sind
im Hinblick auf die wissenschaftliche Auswertung wöchentlich umfassende
Berichte an das Schulministerium erforderlich.
Die
Ergebnisse der Tests liegen frühestens am nächsten Morgen vor.
Der
Ablauf der Pooltests in den Schulen stellt sich wie folgt dar:
TAG
1: In einem vorgegebenen Transportroutensystem werden täglich ca. 35.000
Poolproben von ca. 3300 Schulstandorten durch verschiedene Transportunternehmen
zu den 12 teilnehmenden Laboren in NRW unter strenger Einhaltung eines
vorgegebenen Zeitplans gebracht. Hierbei werden täglich über 26.000
Fahrkilometer zurückgelegt.
TAG
2: Fällt ein Pool positiv aus, müssen Schulen dafür sorgen, dass Eltern der
Poolkinder am selben Tag einen Einzeltest des Kindes abgeben. Alle beteiligten
Kinder der Poolgruppe und deren Haushaltsangehörige müssen in häuslicher
Absonderung bleiben und stehen bis zur Aufklärung unter Quarantäne. Da noch
kein positiver Einzeltest vorliegt ist das Gesundheitsamt noch nicht
involviert.
TAG
3: Wird das positive Kind identifiziert, können alle negativ getesteten Kinder
die Schule wieder besuchen. Die Schulen werden von den Laboren nicht über den
Einzelfall und auch nicht zum Stand der Auswertung des Pools informiert. Wird
kein positives Kind gefunden, müssen alle Kinder ein weiteres Mal getestet
werden, dann beim Haus- oder Kinderarzt. Dies geschieht – je nach
Terminverfügbarkeit - noch am gleichen Tag, ggf. aber auch später. Die
häusliche Absonderung bleibt währenddessen bestehen.
TAG
4: Das Ergebnis der Einzeltestungen bei den Haus- und Kinderärzten ist
frühestens an Tag 4 bekannt, ggf. auch später, da Termine beim Arzt vereinbart
werden müssen und die Laborauswertungen oft länger dauern.
Wie
zu verfahren ist, wenn ein positiver Pool nicht durch Einzeltestungen aufgelöst
werden kann, ist seitens der zuständigen Ministerien bislang nicht geklärt
worden.
Aktuell
schaffen es die Labore nicht, alle Pooltests innerhalb von12 Stunden
auszuwerten und alle Befunde vor Schulbeginn am Folgetag zu übermitteln.
Dadurch wird die Ermittlung positiver Fälle einschl. der Kontaktverfolgung
verzögert. Auch die Auswertungen der übrigen PCR-Tests aus Praxen und
Testzentren verzögern sich merklich. Die Befunderstellung dauert seit Beginn
der Lollitests bis zu 48 Stunden länger.
Ein
weiterer Nachteil der Pool-Testungen besteht aus Sicht der Verwaltung darin,
dass ein positives Kind noch mindestens einen Schultag lang mit seinen
Klassenkameraden im Schulsetting ist und ggf. auch nachmittags noch
Freizeitbeschäftigungen nachgeht, bevor das Testergebnis am nächsten Morgen
vorliegt. Dadurch muss in aller Regel die ganze Klasse in Quarantäne versetzt werden,
was bei den Schnelltests vermieden werden kann.
Die in der Anfrage gestellten Fragen werden wie folgt
beantwortet:
1. Welche weiteren Testverfahren sind der
Verwaltung bekannt? Wurde auch für die weiterführenden Schulen im Kreis
Heinsberg ein anderes Testverfahren in Erwägung gezogen?
Antwort: Die in weiterführenden Schulen
praktizierten PoC-Schnelltests als Selbsttest sind aus Sicht des
Gesundheitsamtes ausreichend sicher, niedrigschwellig und mit angemessenem
Aufwand umsetzbar. Gleichwertige Alternativen werden derzeit nicht gesehen. Da
die Testverfahren durch das Schulministerium verbindlich vorgegeben werden sind
Einflussmöglichkeiten der Verwaltung insoweit nicht gegeben.
2. Wie
beurteilt die Verwaltung eine Übernahme des „Lolli-Test-Modells“?
Antwort: Aus den o. g. Gründen bietet das
Lolli-Test-Modell aus Sicht der Verwaltung gegenüber den Schnelltestverfahren
keine wesentlichen Vorteile.
3. Welche
Kostenunterschiede sind bei beiden Modellen zu erwarten?
Antwort: Die Kosten für die Schultestungen
trägt ausschließlich das Land. Wie hoch die Kostenunterschiede für das Land
sind, ist nicht bekannt. Das zuständige Schulministerin rechnet bis zu den
Sommerferien mit einem Gesamtkostenaufwand in Höhe von 65 Mio Euro.
4. Sind alternative Tests nur zusätzlich zu den
Landestests möglich und müssten von den Kommunen komplett selbst finanziert
werden?
Antwort: Die Teilnahme an den Pool-Testungen
hat das Land verbindlich vorgegeben. Die Verwaltung hat das Schulministerium
frühzeitig vor Einführung der Pool-Tests um Zustimmung gebeten, das etablierte
Schnelltestmodell im Kreis Heinsberg weiterführen zu können. Hierzu hat es
keine Rückmeldung gegeben. Es ist daher davon auszugehen, dass alternative
Tests seitens des Schulministeriums nicht zugelassen werden, auch nicht auf
eigene Kosten der Kommunen.
5. Wie viel Testkapazität für PCR-Tests steht
überhaupt zusätzlich für gepoolte Screening-Tests an Schulen oder anderswo im
Kreisgebiet zur Verfügung?
Antwort: Landesweit nehmen 12 Labore an der
Auswertung der Pool-Tests teil. Die notwendige Testkapazität wurde auf 39.000
Pool-Tests pro Tag festgelegt. Die Auswertung der Pooltests erfolgt mit hoher
Priorität, was – wie oben beschrieben – zu Verzögerungen in der Auswertung der
übrigen Tests führt.