Beschluss: keine Beschlussfassung

Es wird auf den als Anlage der Einladung zur Sitzung des Kreisausschusses am 09.03.2021 beigefügten Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gem. § 5 GeschO betr. „Klimarelevanz“ vom 03.02.2021 verwiesen.

 

In der Sitzung des Kreisausschusses schlägt Landrat Pusch vor, die Thematik zur weiteren Beratung zunächst in den zuständigen Fachausschuss, den Ausschuss für Umwelt, Klima, Verkehr und Strukturwandel, zu verweisen. Die Kreisausschussmitglieder erklären hierzu ihr Einverständnis.

 

Der entsprechende Antrag ist der Einladung zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klima, Verkehr und Strukturwandel am 25.03.2021 ebenfalls als Anlage beigefügt.

 

In der Fachausschusssitzung wird Ausschussmitglied van den Dolder zunächst das Wort erteilt. Er begründet den Antrag. Im Anschluss nimmt Dezernent Lind Stellung zum Antrag. Er stellt fest, dass die Bewertung der Klimarelevanz von jeglichen Maßnahmen sowohl komplex als auch zeitintensiv ist und oftmals schwerlich vorgenommen werden kann. Er gibt zu bedenken, dass die Verwaltung möglicherweise externe Gutachter beauftragen muss. Dies verursacht Kosten. Zudem könnte es durch eine externe Gutachtenerstellung zu einer Verzögerung von Maßnahmen kommen. Er macht den Vorschlag, eine Bewertung der Maßnahmen mit folgenden Einstufungen vorzunehmen: erhebliche Klimarelevanz / unerhebliche Klimarelevanz / unbestimmbare Klimarelevanz. Eine quantitative Bewertung sei nur für sinnvoll zu bilanzierende Maßnahmen zweckmäßig. Amtsleiter Kapell gibt zu bedenken, dass die beantragte Vorgehensweise Auswirkungen auf viele Ämter der Kreisverwaltung und auf viele Ausschüsse hat. Ausschussmitglied Dr. Schmitz kritisiert, dass die Grenzen nicht klar definiert sind und der Beliebigkeit anheimgestellt sind. Die Verwaltung könne den Auftrag nicht richtig erkennen. Ausschussmitglied Horst macht einen Kompromissvorschlag und regt an, die beantragte Vorgehensweise probeweise für 1 Jahr einzuführen. Danach könnte die Funktionalität überprüft werden und evtl. nachgebessert werden. Ausschussmitglied Peters befürwortet ebenfalls einen Testversuch. In eindeutigen Fällen sollte die Verwaltung die Bewertung der Klimarelevanz vornehmen. Ausschussmitglied Kurth weist darauf hin, dass der Kreis eine Klimaschutzmanagerin beschäftigt, die hier eingebunden werden sollte. Frau Welzel macht durch ein Beispiel die Schwierigkeit der Angelegenheit deutlich. Bei Baumaßnahmen wie bspw. der Errichtung eines Kreisverkehrs kann es zu einer Erhöhung des CO2-Ausstoßes im Rahmen der Bauausführung kommen, in der Folge jedoch eine CO2-Reduzierung durch Treibstoffeinsparungen aufgrund eines flüssigeren Verkehrsflusses eintreten. Frau Welzel erklärt, dass eine Gutachtenerstellung durch sie als Klimaschutzmanagerin Arbeitszeitressourcen binden würde, die damit nicht für anderweitige Aufgaben zur Verfügung stehen. Eine mögliche Kompensation könnte nur durch eine personelle Verstärkung erfolgen. Nach reger Diskussion und kurzer Beratung in einer Sitzungsunterbrechung besteht Einvernehmen, den Antrag aufgrund der sehr weitreichenden Auswirkungen auf die verschiedensten Ämter und Dezernate der Kreisverwaltung an den Kreisausschuss zurückzuverweisen.

 

Landrat Pusch gibt in der Sitzung des Kreisausschusses am 08.06.2021 folgende Hinweise zum Antrag:

„Wie bereits im Ausschuss für Umwelt, Klima, Verkehr und Strukturwandel ausgeführt wurde, kann nicht jede Maßnahme hinsichtlich ihrer CO2-Auswirkungen bewertet werden. Hiervon betroffen sind z. B. ideelle Maßnahmen. Gleichwohl können diese Maßnahmen bzw. Projekte von großer Bedeutung für den Klimaschutz sein.

Ebenso schwierig erscheint die Bewertung der Klimarelevanz in Vorlagen, die nicht originär den Klimaschutz betreffen. Als Beispiele seien hier die Fortschreibung des Rettungsdienstbedarfsplanes, die Beratung der Haushaltssatzung oder die Implementierung des Kommunalen Integrationsmanagements genannt.

Aus diesem Grund erscheint es nicht möglich, in jeder Sitzungsvorlage eine substanzielle Aussage zur Klimarelevanz treffen zu können.

Eine Abfrage bei den umliegenden Kreisen und kreisfreien Städten hat ergeben, dass nur die Stadt Aachen in ihren Sitzungsvorlagen eine Bewertung in puncto Klimarelevanz vornimmt.

Bei der Stadt Aachen wird in einem ersten Schritt die Relevanz einer Maßnahme für den Klimaschutz dargestellt (keine, positiv, negativ, nicht eindeutig). Anschließend wird der Effekt auf die CO2-Emmissionen ermittelt (gering, mittel, groß, nicht ermittelbar). In einem weiteren Schritt wird die Relevanz der Maßnahme für die Klimafolgenanpassung eingestuft (keine, positiv, negativ, nicht eindeutig).

Zudem wird die Größenordnung der Effekte angegeben. Hierzu wird die jährliche CO2-Einsparung bzw. die Erhöhung der CO2-Emmissionen in Tonnen pro Jahr klassifiziert. Schließlich kann im Falle von zusätzlich entstehenden CO2-Emmissionen auch festgelegt werden, ob diese vollständig, überwiegend, teilweise, nicht oder nicht bekannt kompensiert werden.

 

Nach Rücksprache mit der Stadt Aachen verursacht die Klassifizierung der v. g. Kriterien im Rahmen der Klimarelevanz bei den Maßnahmen, in denen die CO2-Auswirkungen kritisch geprüft werden, einen erheblichen Arbeitsaufwand von mehreren Stunden, wenn nicht gar Tagen pro Vorlage. Bei der Stadt Aachen wird hierzu die Klimaschutzbeauftragte im Bereich „Koordination Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ um Prüfung der Vorlagen gebeten.

 

Seitens der Kreisverwaltung wird die Angabe der Klimarelevanz bzw. der CO2-Auswirkungen in Form der Kategorien nein, positiv (Reduktion), negativ (Erhöhung) und nicht bestimmbar als sinnvoll und zielführend erachtet. In den meisten Fällen würde eine solche Einteilung durch das Fachamt selbst erfolgen können.

 

Eine darüberhinausgehende Beurteilung der genauen CO2-Menge, die eingespart oder zusätzlich ausgestoßen wird, würde aufgrund der Themenkomplexität die Einholung entsprechender Gutachten erforderlich machen, da die Fachämter nicht über diesbezügliches Fachwissen verfügen.

 

Eine Gutachtenerstellung durch die Klimaschutzmanagerin des Kreises würde Arbeitszeitressourcen binden, die damit nicht für anderweitige Aufgaben zur Verfügung stehen. Eine mögliche Kompensation könnte nur gewährleistet werden durch

a) eine personelle Verstärkung im Bereich des Klimaschutzes oder

b) die Beauftragung externer Gutachter.

 

Zudem ist durch eine beschlussvorbereitende Gutachtenerstellung bzw. eine intensive, hausinterne Prüfung mit einer Verzögerung von Maßnahmen zu rechnen, so auch die Rückmeldung der Stadt Aachen.“

 

Zum Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Prüfung der Klimarelevanz auf investive Maßnahmen zu beschränken, entgegnet Allgemeiner Vertreter Schneider, dass die Anzahl dieser Vorlagen zwar begrenzt, die Prüfung bei investiven Vorhaben, wie dem Bau eines Kreisverkehres oder einem Schulneubau, jedoch umso schwieriger und zeitintensiver sei.

 

Die CDU-Fraktion weist darauf hin, dass Klimaschutz wichtig sei, jedoch auch nur eines der 17 Ziele im Sinne einer „Global Nachhaltigen Kommune NRW“ sei. In diesem Zusammenhang nimmt die CDU-Fraktion Bezug auf ihren Antrag gem. § 5 GeschO vom 02.06.2021 betr. „Einrichtung einer Stabsstelle Nachhaltigkeit in der Kreisverwaltung“. Dieser ist der Niederschrift als Anlage beigefügt. Die CDU-Fraktion habe im Nachgang der Antragstellung vom Landrat erfahren, dass die Bildung einer Stabsstelle Nachhaltigkeit verwaltungsseitig ohnehin geplant sei. Vor diesem Hintergrund zieht die CDU-Fraktion diesen Antrag zurück.

 

In einer ausführlichen Diskussion wird seitens der Fraktionen FW und FDP auf den immensen Prüfaufwand, die anfallenden Kosten und die Schwierigkeiten der Beurteilung hingewiesen. Um die Klimarelevanz anzugeben, müsse bei der grauen Energie neben Bau/Herstellung oder Transport der Rohstoffe bspw. auch die Entsorgung von Materialien berücksichtigt werden.

 

Landrat Pusch schlägt vor, bei Vorlagen, in denen das Fachamt offensichtlich und mit verhältnismäßigem Aufwand die Klimarelevanz ermitteln kann, diese auch anzugeben. Hierzu sei keine Abstimmung über den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erforderlich. Die Verwaltung werde in eigenem pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob die Angabe der Klimarelevanz in einer Verwaltungsvorlage oder einem Antrag der Fraktionen sinnvoll möglich sei. Standardmäßig die Klimarelevanz bei allen Sitzungsvorlagen aufzunehmen, mache jedoch nur begrenzt Sinn.

 

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zieht vor dem Hintergrund dieser Zusage durch Landrat Pusch ihren Antrag zurück, sodass Landrat Pusch nicht darüber abstimmen lässt.