Sitzung: 03.09.2014 Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Generationenfragen
Vorlage: 0464/2014
Ausschussvorsitzender Reyans schlägt vor, die Antwort auf die der Einladung beigefügten Anfrage vom 18.08.2014 nicht in der Sitzung zu verlesen, sondern der Niederschrift beizufügen. Dem folgt der Ausschuss einvernehmlich.
Die Antwort der Verwaltung lautet wie folgt:
Zu
Vorlage Nr. 0464/2014: Anfrage der Fraktion „DIE LINKE“ betreffend „Kosten der
Unterkunft, energetischer Sanierung von Wohnraum, sozialem Wohnungsbau und
Sanktionierung von SGB II -
Leistungsberechtigten“
Die
Verwaltung erlaubt sich zunächst den Hinweis, dass es sich bei dem in den
Sitzungen des Ausschusses für Gesundheit und Soziales vom 11. September 2013
und 19. Februar 2014 angesprochenen „schlüssigen Konzept“ nicht um einen
„qualifizierten Mietspiegel“ im Sinne von § 558d BGB handelt. Qualifizierte
Mietspiegel können Grundlage sein für ein schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers
(so vielfach in Großstädten). Im Kreis Heinsberg gibt es in keiner Stadt oder
Gemeinde einen qualifizierten Mietspiegel.
Inhaltlich
neue Rechtsprechung zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist seit
Februar 2014 nicht bekannt geworden.
Das
Bundessozialgericht (BSG) hat in der bisherigen Rechtsprechung das sogenannte
„schlüssige Konzept“ zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft
festgelegt, aber auch entschieden, dass – für den Fall, dass ein schlüssiges
Konzept nicht vorliegt – wie auch im
Gesetz in § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II vorgesehen der Rückgriff auf die
mtl. Höchstbeträge nach § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz mit einem
Sicherheitszuschlag von 10% zulässig ist. Diese Möglichkeit wenden der Kreis
Heinsberg als Sozialhilfeträger und die Gemeinsame Einrichtung bei der Erst-
und auch bei Folgeentscheidungen an.
Eine
Überprüfung der berücksichtigten Kosten der Unterkunft erfolgt bei erstmaliger
Bewilligung, bei Mietänderung, bei Vorlage von Nebenkostenabrechnungen und wenn
geänderte persönliche Verhältnisse mitgeteilt werden. Rechtsänderungen oder
geänderte einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung führen ebenfalls zu
Überprüfungen.
Die
grundsätzlichen Regelungen zur Angemessenheit der Unterkunft im Kreis Heinsberg
stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Verfassungsrechtliche
Bedenken sind vom BSG hierbei nicht geäußert worden. Die Annahme, dass
Angemessenheitsrichtwerte nach einem Schlüssigen Konzept grundsätzlich für
Leistungsberechtigte günstiger sind, kann nicht bestätigt werden.
Im
Rechtskreis SGB II waren im Juli 2014 21
Klagen (Quelle: Statistik der BA) und im Rechtskreis SGB XII 1 Klage anhängig.
Die Zahl
der Haushalte, bei denen nicht die vollständigen Kosten der Unterkunft als
Bedarf anerkannt werden, ist nicht bekannt. Es wird darauf hingewiesen, dass
aktuell noch die sukzessive Überprüfung aller Leistungsfälle hinsichtlich der
Angemessenheit der Kosten der Unterkunft unter Zugrundelegung der aktuellen
Richtlinien des Kreises (Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich 10%) läuft.
Die
Fragen, wie viele Kostensenkungsaufforderungen im Kreis Heinsberg seit 2005
ergangen, wie viele Personen bzw. Haushalte umgezogen und wie viele davon im
Kreis Heinsberg verblieben sind, lassen sich mangels vorhandener Daten nicht
beantworten.
Der
Kreis hat seine Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam zu
führen (§ 53 KrO i.V.m. § 75 Abs. 1 GO). Der Haushalt muss zwar in Planung und
Rechnung ausgeglichen sein, doch verpflichtet die Planung der Ausgaben im
Haushalt des Kreises nicht dazu, die veranschlagten Mittel auch zu verfügen
oder „auszuschöpfen“. Nicht verfügte Mittel stehen im Ergebnis zur Deckung der
anderen Ausgabepositionen des Kreises zur Verfügung.
Die
unter der Überschrift „Energetische Sanierung“ erfragten Daten werden
statistisch nicht erfasst und stehen daher nicht bereit. Wie bei einer anders
begründeten Mieterhöhung ist auch bei einer solchen aufgrund energetischer
Sanierung die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ergebnisoffen zu prüfen.
Die Gestellung von Ersatzwohnraum wird dabei weder vom Jobcenter noch vom Kreis
als Sozialhilfeträger vorgenommen, sondern es wird auf den allgemeinen
Wohnungsmarkt verwiesen. Ob Bürger nach einer Kostensenkungsaufforderung den
Kreis mangels passenden Wohnraums verlassen mussten, ist nicht bekannt.
Wie auch
der Gesetzgeber hat das BSG in der
Vergangenheit die konkreten Bedarfslagen „Unterkunft“ und „Heizung“ strikt
getrennt. In seiner Entscheidung vom 12.06.2013 hat das BSG erstmals
tendenziell eine Bruttowarmmiete gewürdigt. Der Kreis Heinsberg hat diesen –
auch energiepolitischen Aspekt – aufgegriffen. Es wird im Grundsatz die
Auffassung geteilt, dass eine Mehrbelastung bei der Kaltmiete nach
energetischer Sanierung mit in der Höhe vergleichbarer Ersparnis bei Heizkosten
nicht nachteilig für den Leistungsbezieher sein darf. Überlegungen zur
Umsetzung sind hierzu im Gange.
Die
Richtlinien des Kreises berücksichtigen rechtsprechungskonform die Werte der
Tabelle nach § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz zuzüglich 10 % . Ist Wohnraum zu diesen
Kostensätzen tatsächlich nicht verfügbar, ist der Grundsicherungsträger
gehalten, auch darüber hinausgehende Kosten zu berücksichtigen. Dies setzt
indes voraus, dass der Leistungsbezieher sich umfassend, jedoch erfolglos, um
grundsätzlich angemessenen Wohnraum bemüht hat.
Der
Kreis und die kreisangehörigen Kommunen treten auf dem Wohnungsmarkt nicht
selbst als Investor auf. Die Zahl der von privaten Investoren voraussichtlich
in den nächsten Jahren im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus erstellten Wohnungen
ist nicht bekannt. Ob die Mieten hierfür angemessen im Sinne des SGB II bzw.
SGB XII sein werden, kann nicht beantwortet werden. Zur Förderung des sozialen
Mietwohnungsbaus wurden dem Kreis vom
Land NRW 2012 11,24 Mio EUR zugeteilt und nahezu
ausgeschöpft,
2013 9,52 Mio EUR zugeteilt und 6,22 Mio EUR
ausgeschöpft. Gegenwärtig sind für das Jahr 2014 erst 4,3 Mio EUR zugeteilt.
Nachzuteilungen sind noch möglich. Verfügt wurden bisher noch keine Mittel.
Sanktioniert
werden aktuell 402 Leistungsbezieher.
Liegt die Sanktion über 30% des Regelbedarfs, werden auch
Lebensmittelgutscheine ausgegeben (§ 31a Abs. 3 SGB II).
Sachleistungen
(Gutscheine) können auf Antrag gewährt werden, worauf im Sanktionsbescheid
hingewiesen wird. Gehören zur Bedarfsgemeinschaft minderjährige Kinder, erfolgt
die Gewährung ohne Antrag.
Wenn
sanktionierte Leistungsberechtigte mit minderjährigen Kindern in einem Haushalt
leben, erbringt das Jobcenter auch ohne Antrag in angemessenem Umfang ergänzende
Sachleistungen, soweit nicht Einkommen oder sofort verwertbares Schonvermögen
vorhanden ist.
Für die
Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ist die voraussichtliche Dauer der
Arbeitslosigkeit unerheblich. Entscheidend ist, ob Bedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit
vorliegt.