Sitzung: 13.06.2022 Jugendhilfeausschuss
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 14, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: 0123/2022
Beschlussvorschlag:
1. Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen zum
Landeskinderschutzgesetz NRW zur Kenntnis.
2. Der Jugendhilfeausschuss begrüßt die Einrichtung einer
Koordinierungsstelle Kinderschutz auf der Grundlage des § 9 des
Landeskinderschutzgesetzes und beauftragt die Verwaltung, eine entsprechende
Stelle einzurichten und zeitnah zu besetzen.
1.
Der Landtag hat am
06.04.2022 das neue Landeskinderschutzgesetz („Gesetz zum Schutz des
Kindeswohls und zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern
und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen“) verabschiedet. Mit dem Gesetz hat
Nordrhein-Westfalen zentrale politische und fachliche Forderungen aus der
Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt – insbesondere in jüngerer Vergangenheit
– aufgegriffen und formuliert konkrete Maßnahmen, die die Qualität des
Kinderschutzes stärken und die strukturellen Rahmenbedingungen verbessern
sollen. Das Gesetz soll in Zukunft kontinuierlich weiterentwickelt werden.
Folgende Kernpunkte
beinhaltet der verabschiedete Gesetzentwurf:
1. Zur Umsetzung des
Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdungen (§ 8a SGB VIII) sollen in den
Jugendämtern fachliche Mindeststandards beachtet werden (§ 5).
2. Mit einem Turnus
von fünf Jahren soll in jedem Jugendamt ein landesweites
Qualitätsentwicklungsverfahren der Kinderschutzpraxis durchgeführt werden (§
8).
3. Für das
Qualitätsentwicklungsverfahren und zur Qualitätsberatung zur Kinderschutzpraxis
in den Jugendämtern wird das Land eine zuständige Stelle einrichten (§ 6).
4. In allen
Jugendamtsbezirken sollen – ggf. auch jugendamtsbezirksübergreifend -
interdisziplinäre Netzwerke zum Kinderschutz aufgebaut und mit einer
Netzwerkkoordinierung ausgestattet werden (§ 9). Das Netzwerk Kinderschutz soll
die Rahmenbedingungen für eine effektive und schnelle Zusammenarbeit bei
möglicher Kindeswohlgefährdung sicherstellen.
5. Zur Sicherung der
Rechte von Kindern und Jugendlichen in Pflegeverhältnissen sollen Empfehlungen
für die Jugendämter entwickelt werden (§ 10).
6. Es sollen Leitlinien
zu Kinderschutzkonzepten in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und
Jugendhilfe etabliert werden (§ 11).
7. Für das Fachpersonal soll es eine
umfassende Qualifizierungsoffensive geben.
8. Kinderschutz und
Kinderrechte sind untrennbar miteinander verbunden. Daher ist Basis für einen
wirksamen Kinderschutz, den Rechten von Kindern und Jugendlichen auf Gehör und
auf Berücksichtigung ihrer Meinung – entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife –
zur Geltung zu verhelfen. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch den
Gesetzentwurf.
9. Das Gesetz enthält
darüber hinaus Regelungen zum Belastungsausgleich und zur Förderung durch das
Land (§§ 12ff.).
10. Neu aufgenommen im
Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde eine Innovationsklausel zur
Weiterentwicklung des Kinderschutzes (§ 15). Danach können modellhaft
Maßnahmen erprobt werden, insbesondere zur Sicherung und Weiterentwicklung der
Prozess- und Strukturqualität bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 8a SGB
VIII. Geeignete Erkenntnisse könnten dann u. a. im Rahmen von
Qualitätsentwicklungsverfahren Berücksichtigung finden.
Die Gesamtausgaben der
Neuregelungen werden für das Jahr 2022 auf rd. 53 Millionen Euro, für 2023 auf
rd. 85,3 Millionen Euro und für die Jahre ab 2024 auf rd. 85,8 Millionen Euro
pro Jahr prognostiziert.
Als
Belastungsausgleich werden den Kommunen durch das Land gemäß § 12
Landeskinderschutzgesetz finanzielle Mittel bereitgestellt, deren Verteilung
sich nach der Anzahl der Kinder und Jugendlichen im Jugendamtsbezirk im
Verhältnis zur landesweiten Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen richtet.
Hierbei sind für bestimmte Aufgabenbereiche Sockelbeträge vorgesehen.
Das
Gesetz ist im Wesentlichen bereits am 01.05.2022 in Kraft getreten, die
Regelungen der §§ 6 bis 8 (Stelle für Qualitätssicherung, Qualitätsberatung und
Qualitätsentwicklungsverfahren) folgen am 01.07.2023.
2.
Wie
oben dargestellt, haben die Jugendämter gemäß § 9 des
Landeskinderschutzgesetzes NRW Netzwerke zur interdisziplinären Zusammenarbeit
bei der Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung zu bilden. Die
Netzwerke Kinderschutz werden dabei entweder in jedem Jugendamtsbezirk oder
jugendamtsbezirksübergreifend in interkommunaler Zusammenarbeit mehrerer
benachbarter Gemeinden oder innerhalb eines Kreises gebildet, finanziert,
koordiniert und laufend weiterentwickelt.
Das
Netzwerk Kinderschutz soll die Rahmenbedingungen für eine effektive und
schnelle Zusammenarbeit bei möglicher Kindeswohlgefährdung sicherstellen.
Nach
Absatz 2 des § 9 Landeskinderschutzgesetz unterhält jedes Jugendamt eine
Koordinierungsstelle für das Netzwerk Kinderschutz, das es gebildet hat oder an
dem es beteiligt ist.
Aufgaben
der Koordinierungsstelle sind insbesondere
1.
die
fachliche Begleitung des Netzwerkes in seiner Aufgabenwahrnehmung,
2.
die
Koordinierung von Maßnahmen zur Sicherstellung der Netzwerkstrukturen,
insbesondere Netzwerktreffen,
3.
die
bedarfsgerechte Organisation regelmäßiger Fortbildungsangebote für die am
Netzwerk Teilnehmenden und
4.
der
Informationstransfer zu und aus sowie die Vertretung in anderen Netzwerken und
Arbeitsgemeinschaften im Jugendamtsbezirk mit Berührungspunkten zum
Kinderschutz.
Die
Verwaltung des Kreisjugendamtes empfiehlt daher zur Erfüllung der gesetzlichen
Aufgaben nach dem Landeskinderschutzgesetz NRW den Aufbau einer
Koordinierungsstelle Kinderschutz im Jugendamtsbezirk des Kreisjugendamtes.