Sitzung: 09.12.2014 Kreisausschuss
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 11, Nein: 4, Enthaltungen: 1
Vorlage: 0542/2014
Beschlussvorschlag:
Die Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Festsetzung von
Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit
Taxen im Kreis Heinsberg wird in der der Einladung zur Kreisausschusssitzung
beigefügten Fassung beschlossen.
Die derzeit gültige
Verordnung zur Festsetzung von Beförderungsentgelten und
Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen wurde am 19.12.2013
beschlossen und ist seit dem 01.02.2014 in Kraft.
Mit Schreiben vom
25.08.2014 hat die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e.
V. (Fachvereinigung) eine Änderung des aktuellen Taxentarifs beantragt (Anlage
1 der Einladung zur Kreisausschusssitzung). Der Antrag wird überwiegend mit dem
zum 01.01.2015 beschlossenen Mindestlohn, aber auch mit den gestiegenen Kosten
des Taxigewerbes (Anschaffungskosten Fahrzeuge, Reparaturen, Versicherung)
begründet.
Die Verwaltung hat
zunächst alle Taxiunternehmen im Kreis Heinsberg mit einer Umfrage an der
Meinungsbildung zur Entwicklung eines Vorschlages zur Änderung des Taxentarifs
beteiligt. Von 21 Unternehmen haben 16 geantwortet und sich für eine Erhöhung
ausgesprochen.
Anschließend hat man
sich einen Überblick über die Tarife der umliegenden Kreise und Städte
verschafft. Es ist festzustellen, dass in allen Nachbarkommunen unabhängig von
der Aktualität des bisherigen Tarifs durchweg eine Erhöhung von etwa 25 %
beantragt wurde. Es ist davon auszugehen, dass bei weitestgehend allen
Genehmigungsbehörden in NRW aufgrund des kommenden Mindestlohns ähnlich
lautende Erhöhungsanträge gestellt wurden.
Nach den
Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes hat die Genehmigungsbehörde die
Beförderungsentgelte insbesondere daraufhin zu prüfen, ob sie unter
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers, einer
ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen
technischen Entwicklung angemessen sind. Somit sind die Tarife regelmäßig
daraufhin zu überprüfen, ob die Unternehmer bei den steigenden Kosten in der
Lage sind, ihr Unternehmen den Vorschriften entsprechend und auch
wirtschaftlich zu führen.
Das Taxi stellt
gerade in der hier ländlich geprägten Region ein bedeutendes Element zur
Wahrung der Mobilität für Teile der Bevölkerung dar, die nicht über ein eigenes
Kraftfahrzeug verfügen oder beispielsweise bei Besuchen der Gastronomie oder
von Diskotheken darauf verzichten. Auch im Bereich der Krankenfahrten übernimmt
das Taxi eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge, um Menschen zu Ärzten oder
zu regelmäßigen Behandlungen (z. B. zur Dialyse) zu befördern.
Alles in allem
dürfen die Kosten für die Nutzung eines Taxis nicht in der Form steigen, dass
es für die Fahrgäste nicht mehr bezahlbar wird und somit an Attraktivität
verliert. Hier muss aus Sicht der Verwaltung eine maßvolle Anpassung
vorgenommen werden, die beiden Interessensgruppen gerecht wird.
Die Fachvereinigung
hat es in ihrem letzten Antrag im April 2013 bereits für notwendig ersehen, im
Vorgriff auf eine möglicherweise erst in
2014 in Kraft tretende Mindestlohnregelung angemessene Erhöhungen des Tarifes
vorzunehmen. Hier war man jedoch noch von bis zu 40 prozentigen
Kostensteigerungen ausgegangen. Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband
e. V. (BZP) geht in einer Stellungnahme vom 13.09.2014 von
Kostensteigerungen aufgrund des Mindestlohns von 25 % aus. Der Kreis Heinsberg
ist dem Antrag von April 2013 weitestgehend gefolgt und hat den Tarif zum
1. Februar 2014 um durchschnittlich 10,7 % erhöht. Somit hält die
Verwaltung eine Erhöhung des Tarifs um die im Antrag überwiegend aus Gründen
des Mindestlohnes geforderten weiteren 25 % für nicht angemessen.
Die Industrie- und
Handelskammer Aachen (IHK) hat in ihrer Stellungnahme u. a. auf die mit jeweils
0,6 % nur sehr geringe Steigerung der Verbraucher- und Kraftfahrerpreisindizes
seit der letzten Erhöhung im Februar 2014 hingewiesen. Dies stehe im engen
Zusammenhang mit den Kraftstoffpreisen, die seit dem Inkrafttreten des
aktuellen Tarifs um 1,2% (Diesel) gesunken seien.
Bei der Erhöhung des
Tarifelements Grundgebühr (bisher 5,50 EUR inkl. 2 km Fahrtweg) mahnt die IHK,
dass ein zu hoher Einstiegspreis (beantragt wurden 6,90 EUR inkl. 2 km) Fahrgäste
eher abschrecken könne und eine Erhöhung dieses Elements mit Augenmaß gewählt
werden sollte.
Bei der Anpassung
des Zuschlags für ein Großraumtaxi gibt die IHK zu bedenken, dass der Fahrgast
sich die berechtigte Frage stellen könnte, warum er hier sozusagen doppelt für
die gleiche Fahrleistung den „Mindestlohnzuschlag“ von fast 25 % zahlen soll;
beim Zuschlag für die Nutzung eines Rollstuhlfahrzeugs könne dies durch den
zeitlichen Mehraufwand noch vertretbar sein, wobei zu berücksichtigen gilt, dass
für viele Menschen mit Behinderung barrierefreie Verkehrsangebote von
entscheidender Bedeutung zur Teilnahme am beruflichen und gesellschaftlichen
Leben sind.
Die IHK kommt in
ihrer Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis, dass es bei der Festsetzung der Beförderungsentgelte
den schwierigen Weg zu suchen gilt, der die finanzielle Belastbarkeit des
Fahrgastes auf der einen Seite und die wirtschaftliche Situation des
Taxigewerbes auf der anderen Seite berücksichtigt. Sie empfiehlt eine
stufenweise Umsetzung über einen Zeitraum von mehreren Jahren – auch unter
Beachtung der bereits erfolgten Erhöhung zu Beginn des Jahres sowie der
allgemeinen Preissteigerung.
Ein Vergleich der
beantragten Erhöhungen umliegender Kreise ergibt, dass durch die
Fachvereinigung bei allen Tarifen eine Erhöhung der einzelnen Elemente um
jeweils 25% beantragt wurde; wie „alt“ der bestehende Tarif war, wurde dabei
nicht berücksichtigt.
Der Kreis Heinsberg
hat durch die im Dezember 2013 durch den Kreistag beschlossene Erhöhung den
aktuellsten Tarif und somit sind im Vergleich zu den Nachbarkommunen die
jüngsten Kostensteigerungen berücksichtigt. Dies führt unweigerlich dazu, dass
der Tarif des Kreises im regionalen Vergleich auch am höchsten ist. Bei einer
antragsgemäßen Entscheidung würde das sich auf den Fahrpreis am meisten
auswirkende Element „Preis je Kilometer Fahrtweg“ um 50 ct verteuert und etwa
20-30 ct höher sein als in vergleichbaren Nachbarkommunen. Die Bedingungen hier
sind jedoch nicht sonderlich anders, so dass bei dem erarbeiteten
Tarifvorschlag auch eine Annährung an Nachbarkommunen angestrebt wurde.
Unter Abwägung der
vorgenannten Ausführungen schlägt die Verwaltung vor, den Taxentarif wie folgt
zu ändern:
a) Grundpreis einschließlich einer Wegstrecke von 2,00 km 6,50 EUR
(ì 18,2 %)
b) Wegstreckenentgelt
- Werktagtarif in der Zeit von 06.00 bis
22.00 Uhr 2,00
EUR
(ì 11,1 %)
- Nachttarif in der Zeit von 22.00 Uhr bis
06.00 Uhr 2,10
EUR
sowie an Sonn- und Feiertagen (ì 10,5 %)
c) Wartezeiten
Diese sind verkehrsbedingte und vom Fahrgast
zu vertretende Stillstände
des Taxis während seiner Inanspruchnahme. Die
Wartezeit wird mit
0,10 EUR je 10,29 Sekunden berechnet. Dies
entspricht einem Preis
für die Wartezeit für 1 Stunde von 35,00
EUR
(ì 16,7 %)
d) Zuschläge
- für die Beförderung von gleichzeitig mehr
als 4 Fahrgästen mit einem
Großraumtaxi (Taxi mit mehr als 4
Fahrgastplätzen) oder für
die ausdrückliche Anforderung eines
Großraumtaxis ist ein Zuschlag
zum Grundpreis zu zahlen in Höhe von 7,50
EUR
(ì 15,4 %)
-
für die
Beförderung von während der Fahrt im Rollstuhl sitzenden
Personen ist ein Zuschlag zum Grundpreis zu
zahlen in Höhe von 7,50
EUR
(ì 15,4 %)
- für die Zahlung mit Karte
(EC-/Geld-/Kreditkarte) kann ein Zuschlag zum
Grundpreis erhoben werden in Höhe von 1,30 EUR
(ì 30,0 %)
Im gesamten
Durchschnitt entspricht dies einer Erhöhung um 17 %.
Eine
Gegenüberstellung der zurzeit gültigen Fassung des Taxentarifs und des Entwurfs
ist der Einladung zur Kreisausschusssitzung als Anlage 2 beigefügt. Neue bzw.
geänderte Textpassagen sind im Taxentarif unterstrichen. Entwürfe der
Änderungsverordnung und des neuen Verordnungstextes sind der Einladung zur Kreisausschusssitzung
als Anlagen 3 und 4 beigefügt.
Der Landesbetrieb
Mess- und Eichwesen - Direktion in Köln - hat auf Nachfrage bestätigt, dass
auch eichtechnisch keine Einwände gegen die beabsichtigte Neuregelung bestehen.
SPD-Fraktionsvorsitzender
Derichs teilt mit, dass seine Fraktion der Änderung des Taxentarifs wie auch im
vergangenen Jahr nicht zuzustimmen werde, da nach wie vor der Rollstuhlzuschlag
erhoben und jetzt sogar noch erhöht werde.