Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Abstimmung: Ja: 11, Nein: 4, Enthaltungen: 1

Beschlussvorschlag:

Die Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Festsetzung von Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Kreis Heinsberg wird in der der Einladung zur Kreisausschusssitzung beigefügten Fassung beschlossen. 


Die derzeit gültige Verordnung zur Festsetzung von Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen wurde am 19.12.2013 beschlossen und ist seit dem 01.02.2014 in Kraft.

 

Mit Schreiben vom 25.08.2014 hat die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e. V. (Fachvereinigung) eine Änderung des aktuellen Taxentarifs beantragt (Anlage 1 der Einladung zur Kreisausschusssitzung). Der Antrag wird überwiegend mit dem zum 01.01.2015 beschlossenen Mindestlohn, aber auch mit den gestiegenen Kosten des Taxigewerbes (Anschaffungskosten Fahrzeuge, Reparaturen, Versicherung) begründet.

 

Die Verwaltung hat zunächst alle Taxiunternehmen im Kreis Heinsberg mit einer Umfrage an der Meinungsbildung zur Entwicklung eines Vorschlages zur Änderung des Taxentarifs beteiligt. Von 21 Unternehmen haben 16 geantwortet und sich für eine Erhöhung ausgesprochen.

 

Anschließend hat man sich einen Überblick über die Tarife der umliegenden Kreise und Städte verschafft. Es ist festzustellen, dass in allen Nachbarkommunen unabhängig von der Aktualität des bisherigen Tarifs durchweg eine Erhöhung von etwa 25 % beantragt wurde. Es ist davon auszugehen, dass bei weitestgehend allen Genehmigungsbehörden in NRW aufgrund des kommenden Mindestlohns ähnlich lautende Erhöhungsanträge gestellt wurden.

 

Nach den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes hat die Genehmigungsbehörde die Beförderungsentgelte insbesondere daraufhin zu prüfen, ob sie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers, einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen technischen Entwicklung angemessen sind. Somit sind die Tarife regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob die Unternehmer bei den steigenden Kosten in der Lage sind, ihr Unternehmen den Vorschriften entsprechend und auch wirtschaftlich zu führen.

 

Das Taxi stellt gerade in der hier ländlich geprägten Region ein bedeutendes Element zur Wahrung der Mobilität für Teile der Bevölkerung dar, die nicht über ein eigenes Kraftfahrzeug verfügen oder beispielsweise bei Besuchen der Gastronomie oder von Diskotheken darauf verzichten. Auch im Bereich der Krankenfahrten übernimmt das Taxi eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge, um Menschen zu Ärzten oder zu regelmäßigen Behandlungen (z. B. zur Dialyse) zu befördern.

 

Alles in allem dürfen die Kosten für die Nutzung eines Taxis nicht in der Form steigen, dass es für die Fahrgäste nicht mehr bezahlbar wird und somit an Attraktivität verliert. Hier muss aus Sicht der Verwaltung eine maßvolle Anpassung vorgenommen werden, die beiden Interessensgruppen gerecht wird.

 

Die Fachvereinigung hat es in ihrem letzten Antrag im April 2013 bereits für notwendig ersehen, im Vorgriff auf eine möglicherweise erst in 2014 in Kraft tretende Mindestlohnregelung angemessene Erhöhungen des Tarifes vorzunehmen. Hier war man jedoch noch von bis zu 40 prozentigen Kostensteigerungen ausgegangen. Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband e. V. (BZP) geht in einer Stellungnahme vom 13.09.2014 von Kostensteigerungen aufgrund des Mindestlohns von 25 % aus. Der Kreis Heinsberg ist dem Antrag von April 2013 weitestgehend gefolgt und hat den Tarif zum 1. Februar 2014 um durchschnittlich 10,7 % erhöht. Somit hält die Verwaltung eine Erhöhung des Tarifs um die im Antrag überwiegend aus Gründen des Mindestlohnes geforderten weiteren 25 % für nicht angemessen.

 

Die Industrie- und Handelskammer Aachen (IHK) hat in ihrer Stellungnahme u. a. auf die mit jeweils 0,6 % nur sehr geringe Steigerung der Verbraucher- und Kraftfahrerpreisindizes seit der letzten Erhöhung im Februar 2014 hingewiesen. Dies stehe im engen Zusammenhang mit den Kraftstoffpreisen, die seit dem Inkrafttreten des aktuellen Tarifs um 1,2% (Diesel) gesunken seien.

Bei der Erhöhung des Tarifelements Grundgebühr (bisher 5,50 EUR inkl. 2 km Fahrtweg) mahnt die IHK, dass ein zu hoher Einstiegspreis (beantragt wurden 6,90 EUR inkl. 2 km) Fahrgäste eher abschrecken könne und eine Erhöhung dieses Elements mit Augenmaß gewählt werden sollte.

Bei der Anpassung des Zuschlags für ein Großraumtaxi gibt die IHK zu bedenken, dass der Fahrgast sich die berechtigte Frage stellen könnte, warum er hier sozusagen doppelt für die gleiche Fahrleistung den „Mindestlohnzuschlag“ von fast 25 % zahlen soll; beim Zuschlag für die Nutzung eines Rollstuhlfahrzeugs könne dies durch den zeitlichen Mehraufwand noch vertretbar sein, wobei zu berücksichtigen gilt, dass für viele Menschen mit Behinderung barrierefreie Verkehrsangebote von entscheidender Bedeutung zur Teilnahme am beruflichen und gesellschaftlichen Leben sind.

Die IHK kommt in ihrer Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis, dass es bei der Festsetzung der Beförderungsentgelte den schwierigen Weg zu suchen gilt, der die finanzielle Belastbarkeit des Fahrgastes auf der einen Seite und die wirtschaftliche Situation des Taxigewerbes auf der anderen Seite berücksichtigt. Sie empfiehlt eine stufenweise Umsetzung über einen Zeitraum von mehreren Jahren – auch unter Beachtung der bereits erfolgten Erhöhung zu Beginn des Jahres sowie der allgemeinen Preissteigerung.

 

Ein Vergleich der beantragten Erhöhungen umliegender Kreise ergibt, dass durch die Fachvereinigung bei allen Tarifen eine Erhöhung der einzelnen Elemente um jeweils 25% beantragt wurde; wie „alt“ der bestehende Tarif war, wurde dabei nicht berücksichtigt.

 

Der Kreis Heinsberg hat durch die im Dezember 2013 durch den Kreistag beschlossene Erhöhung den aktuellsten Tarif und somit sind im Vergleich zu den Nachbarkommunen die jüngsten Kostensteigerungen berücksichtigt. Dies führt unweigerlich dazu, dass der Tarif des Kreises im regionalen Vergleich auch am höchsten ist. Bei einer antragsgemäßen Entscheidung würde das sich auf den Fahrpreis am meisten auswirkende Element „Preis je Kilometer Fahrtweg“ um 50 ct verteuert und etwa 20-30 ct höher sein als in vergleichbaren Nachbarkommunen. Die Bedingungen hier sind jedoch nicht sonderlich anders, so dass bei dem erarbeiteten Tarifvorschlag auch eine Annährung an Nachbarkommunen angestrebt wurde.

 

Unter Abwägung der vorgenannten Ausführungen schlägt die Verwaltung vor, den Taxentarif wie folgt zu ändern:

 

 

a)      Grundpreis einschließlich einer Wegstrecke von 2,00 km                                       6,50 EUR

                                                                                                                                (ì 18,2 %)

 

b)   Wegstreckenentgelt

 

-      Werktagtarif in der Zeit von 06.00 bis 22.00 Uhr                                             2,00 EUR

                                                                                                                                (ì 11,1 %)

 

-      Nachttarif in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr                                          2,10 EUR

       sowie an Sonn- und Feiertagen                                                                        (ì 10,5 %)

 

c)    Wartezeiten

 

Diese sind verkehrsbedingte und vom Fahrgast zu vertretende Stillstände

des Taxis während seiner Inanspruchnahme. Die Wartezeit wird mit

0,10 EUR je 10,29 Sekunden berechnet. Dies entspricht einem Preis

für die Wartezeit für 1 Stunde von                                                                         35,00 EUR

                                                                                                                                       (ì 16,7 %)

 

d)   Zuschläge

 

-      für die Beförderung von gleichzeitig mehr als 4 Fahrgästen mit einem

Großraumtaxi (Taxi mit mehr als 4 Fahrgastplätzen) oder für

die ausdrückliche Anforderung eines Großraumtaxis ist ein Zuschlag

zum Grundpreis zu zahlen in Höhe von                                                             7,50 EUR

                                                                                                                                       (ì 15,4 %)

 

-          für die Beförderung von während der Fahrt im Rollstuhl sitzenden

Personen ist ein Zuschlag zum Grundpreis zu zahlen in Höhe von                   7,50 EUR

                                                                                                                                       (ì 15,4 %)

 

-      für die Zahlung mit Karte (EC-/Geld-/Kreditkarte) kann ein Zuschlag zum                    

Grundpreis erhoben werden in Höhe von                                                          1,30 EUR

                                                                                                                                       (ì 30,0 %)

 

Im gesamten Durchschnitt entspricht dies einer Erhöhung um 17 %.

 

Eine Gegenüberstellung der zurzeit gültigen Fassung des Taxentarifs und des Entwurfs ist der Einladung zur Kreisausschusssitzung als Anlage 2 beigefügt. Neue bzw. geänderte Textpassagen sind im Taxentarif unterstrichen. Entwürfe der Änderungsverordnung und des neuen Verordnungstextes sind der Einladung zur Kreisausschusssitzung als Anlagen 3 und 4 beigefügt.

Der Landesbetrieb Mess- und Eichwesen - Direktion in Köln - hat auf Nachfrage bestätigt, dass auch eichtechnisch keine Einwände gegen die beabsichtigte Neuregelung bestehen.

 

SPD-Fraktionsvorsitzender Derichs teilt mit, dass seine Fraktion der Änderung des Taxentarifs wie auch im vergangenen Jahr nicht zuzustimmen werde, da nach wie vor der Rollstuhlzuschlag erhoben und jetzt sogar noch erhöht werde.