Sitzung: 12.03.2015 Kreistag
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 48, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: 0026/2015
Beschlussvorschlag:
Dem Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen der Stadt Köln
und dem Kreis Heinsberg über die Durchführung der Kenntnisüberprüfung und des
Verfahrens zur Erteilung von Erlaubnissen nach dem Heilpraktikergesetz unter
den beschriebenen Bedingungen wird zugestimmt.
Wer die Heilkunde,
ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu nach § 1 des
Heilpraktikergesetzes vom 17.02.1939 (geltendes Bundesrecht) der Erlaubnis.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der landesgesetzlichen
„Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten nach Rechtsvorschriften für
Heilberufe (Zuständigkeitsverordnung Heilberufe - ZustVO HB)“
sind in NRW die Kreise und kreisfreien Städte zuständige Behörden für die
Durchführung des Heilpraktikergesetzes sowie der hierzu ergangenen Ersten
Durchführungsverordnung. Gemäß dem nach wie vor geltenden Runderlass des
Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit vom 18.05.1999 besteht
hinsichtlich der zur Erteilung der Erlaubnis erforderlichen
Kenntnisüberprüfungen folgende Regelung: „ ... Die Überprüfungen sollen zentral
erfolgen. Je Regierungsbezirk ist grundsätzlich eine untere Gesundheitsbehörde
für die Durchführung der Überprüfungen zuständig. Damit soll gewährleistet
werden, dass die Überprüfungen landeseinheitlich durchgeführt werden. Die
Kreise und kreisfreien Städte stellen auf der Grundlage des Gesetzes über kommunale
Gemeinschaftsarbeit ... (GkG) sicher, dass die Überprüfungen in jedem
Regierungsbezirk im Grundsatz in einer unteren Gesundheitsbehörde zentral
durchgeführt werden. Diese Aufgaben nehmen wahr: im Regierungsbezirk ... Köln
die untere Gesundheitsbehörde Köln, ... .“
Nach
vorausgegangenen Beratungen und Beschlussfassungen im Ausschuss für Gesundheit
und Soziales, im Kreisausschuss und letztlich im Kreistag am 14.11.1996 (TOP 3
der Niederschrift) hatte der Kreis Heinsberg gemeinsam mit allen übrigen
Kreisen und kreisfreien Städten im Regierungsbezirk Köln auf der Grundlage des
GkG bereits 1997 eine dementsprechende Vereinbarung mit der Stadt Köln
geschlossen. Nach vorgeschriebener aufsichtsbehördlicher Genehmigung durch die
Bezirksregierung Köln und Veröffentlichung im Amtsblatt für den
Regierungsbezirk Köln war die Vereinbarung im August 1998 in Kraft getreten.
Seither hatte die Stadt Köln für alle an der Vereinbarung beteiligten
Gesundheitsbehörden im Regierungsbezirk alle Rechte und Pflichten im Rahmen der
Erteilung von Erlaubnissen nach dem Heilpraktikergesetz übernommen; einbezogen
war dabei auch das Recht der Erhebung der nach der Allgemeinen
Verwaltungsgebührenordnung NRW (AVerwGebO NRW) dafür vorgesehenen
Verwaltungsgebühren (feste Gebührensätze).
Aufgrund der durch
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit 2009 geänderten Rechtslage
(Anspruch auf eine sog. „sektorale Heilpraktikererlaubnis“ für
Physiotherapeuten) hatte die Stadt Köln die mit ihr abgeschlossene
öffentlich-rechtliche Vereinbarung aus 1998 zum 31.12.2011 rechtswirksam
gekündigt und gleichzeitig gemäß den Vorgaben des o. a. Runderlasses und
in Fortführung der bisherigen bewährten Praxis den Abschluss einer
Folgevereinbarung angeboten. Wiederum nach vorausgegangenen Beratungen und
Beschlussfassungen im Ausschuss für Gesundheit und Soziales am 08.09.2011, im
Kreisausschuss am 22.09.2011 und im Kreistag am 29.11.2011 (s. Niederschrift zu
TOP 5) wurde mit Wirkung zum 01.01.2012 weiterhin gemeinschaftlich mit allen
übrigen unteren Gesundheitsbehörden im Regierungsbezirk Köln eine inhaltlich
modifizierte Folgevereinbarung abgeschlossen. Demnach wurde die
Aufgabenübertragung auf die Bereiche der allgemeinen Heilpraktikererlaubnis
sowie der eingeschränkten Erlaubnis für das Gebiet der Psychotherapie begrenzt;
die Bearbeitung möglicher zukünftig geltend gemachter Ansprüche auf „sektorale
Heilpraktikerlaubnisse“ in anderen Sparten von Gesundheitsfachberufen (z.B.
Podologen, Ergotherapeuthen etc.) wurde von dieser Vereinbarung ausdrücklich
ausgeschlossen. Gestützt auf § 23 Abs. 4 GkG (Prinzip der Kostendeckung)
beansprucht die Stadt Köln darüberhinaus aus nachvollziehbaren Gründen von den
an der Vereinbarung beteiligten Kommunen einen finanziellen Ausgleich, soweit
die mit der Aufgabenwahrnehmung verbundenen Aufwendungen nicht durch
Gebühreneinnahmen gedeckt sind und dadurch ein finanzielles Defizit entstehen
sollte. Das Defizit wird jährlich neu ermittelt und auf Basis der amtlichen
Einwohnerzahlen auf die beteiligten Kreise und kreisfreien Städte umgelegt. Im
Gegenzug hat sich die Stadt Köln verpflichtet, alle notwendigen materiellen und
personellen Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Erfüllung der beschriebenen
Aufgaben zu gewährleisten. Laut einer Modellberechnung auf der Grundlage von
Daten des Jahres 2010 wurde seinerzeit in der Vereinbarung beispielhaft für
2012 der Defizitausgleich mit 660,94 € je 100.000 Einwohner bzw. für den Kreis
Heinsberg mit einen Betrag i. H. v. insgesamt 1.685,23 € beziffert. Die maßgeblichen Faktoren für die Ermittlung
der Aufwendungen und der Verteilung/Umlage eines möglichen Defizits sind dabei
allesamt variabel und z. B. von der Anzahl der durchgeführten Überprüfungen,
der Anzahl der Prüflinge, der Entwicklung der Personalaufwendungen, der Entwicklung
der Sachkosten, der Höhe der nach der AVerwGebO NRW zu erhebenden Gebühren und
von den Einwohnerzahlen der Kreise und kreisfreien Städte abhängig. So bestehen
z. B. bereits seit geraumer Zeit seitens der unteren Gesundheitsbehörden
Bestrebungen, über den Städtetag NRW und den Landkreistag NRW beim zuständigen
Ministerium auf eine sachgerechte Erhöhung der Verwaltungsgebührensätze
hinzuwirken. Wegen der variablen Faktoren können somit das Defizit wie auch die
Umlagebeträge von Jahr zu Jahr nach oben wie nach unten variieren. Die
in 2011 abgeschlossene Vereinbarung hatte unbefristet Geltung und war erstmals
nach Ablauf von zwei Jahren kündbar. Nach nachgewiesener detaillierter
nachträglicher Berechnung des Defizits wurden von der Stadt Köln anteilmäßig vom
Kreis Heinsberg letztlich für 2012 ein Defizitausgleich i. H. v. 3.421,90 € und
für 2013 ein Defizitausgleich i. H. v. 3.967,44 € geltend gemacht und
vom Kreis Heinsberg beglichen. Für 2014 wurde anteilig eine Vorauszahlung i. H.
v. 4.447,77 € geltend gemacht; die genaue Abrechnung steht noch aus.
Wegen der bei
einigen Vereinbarungspartnern bestehenden Unsicherheit bei der
verwaltungsrechtlichen Abwicklung der Vereinbarung und nach einer gemeinsamen
Besprechung aller beteiligten Gesundheitsämter im Oktober 2013 wurde die
Vereinbarung mit Wirkung zum 31.12.2014 von der Stadt Köln abermals gegenüber
allen Beteiligten aufgekündigt und mit dem Ziel der Erhöhung der
Rechtssicherheit wiederum der Abschluss einer Folgevereinbarung angeboten.
Diese ist im Wesentlichen identisch mit der Vereinbarung aus 2011; es wurde
lediglich folgender Passus ergänzend aufgenommen:
„Sollte in dem abgelaufenen
Berechnungszeitraum (01.07. eines Jahres bis 30.06. eines Jahres) ein Defizit
entstanden sein, so ist die Stadt Köln berechtigt, von den Beteiligten eine
Erstattung entsprechend dem Verteilungsschlüssel zu fordern. Ebenso
verpflichtet sich die Stadt Köln, einen Überschuss entsprechend zu erstatten.
Die Stadt Köln ist verpflichtet, auf Verlangen eines Beteiligten diesem die Kostenberechnung
darzulegen.“
Darüber hinaus wurde
nunmehr auf der Basis des für 2012 ermittelten Defizits in der Vereinbarung
beispielhaft für 2015 der kalkulierte Umlagebetrag mit 1.462,06 € je 100.000
Einwohner bzw. für den Kreis Heinsberg mit einen Betrag i. H. v. insgesamt
3.628,08 € beziffert.
Nach
Rechtsauffassung der Verwaltung besteht eine gegenüber der Situation in 2011
inhaltlich völlig unveränderte Sachlage, so dass der Beschluss des Kreistages
vom 29.11.2011 unvermindert Gültigkeit hat und auf die nunmehr redaktionell
überarbeitete Vereinbarung ohne weiteres übertragbar ist. Sowohl unter
Berücksichtigung der Vorgaben des o. a. Erlasses als auch unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten besteht nach wie vor keine vernünftige
Alternative zu dem Abschluss der Vereinbarung. Die von der Stadt Köln nunmehr
vorgelegte Vereinbarung wurde daher von der Verwaltung mit Datum vom 15.10.2014
bereits unterzeichnet und von der Stadt Köln zwischenzeitlich mit Datum vom
17.12.2014 gegengezeichnet.
Im Rahmen des nach dem GkG erforderlichen kommunalaufsichtlichen
Genehmigungsverfahrens hat die Bezirksregierung Köln Zweifel an dem
Fortbestehen des v. g. Beschlusses des Kreistages vom 29.11.2011 vorgetragen
und bestreitet dessen Übertragbarkeit auf die nunmehr unterzeichnete
Vereinbarung. Sie verwehrt bis auf weiteres die aufsichtsbehördliche
Genehmigung und besteht als Genehmigungsbehörde unter Verweis auf § 26 der
Kreisordnung NRW auf eine abermalige Beschlussfassung des Kreistages.