Nach den vom Jugendhilfeausschuss des Kreises Heinsberg in der Sitzung vom 24.03.2009 beschlossenen Richtlinien zur Übernahme von Elternbeiträgen im Rahmen der offenen Ganztagsschule – siehe SessionNet | Jugendhilfeausschuss - 24.03.2009 - 18:00 Uhr (kreis-heinsberg.de) – werden Elternbeiträge vom Kreis Heinsberg als Jugendhilfeträger übernommen, wenn den Eltern die Zahlung des Elternbeitrages nicht zugemutet werden kann; für die Prüfung der Zumutbarkeit gilt § 90 SGB VIII. Darüber hinaus werden die Beiträge für die offene Ganztagsschule für das zweite und jedes weitere Kind übernommen, wenn mehr als ein Kind einer beitragspflichtigen Person gleichzeitig eine Tageseinrichtung oder eine offene Ganztagsschule besucht; ergeben sich ohne die vorgenannte Beitragsübernahme unterschiedlich hohe Beträge, so ist vom Beitragspflichtigen der höchste Beitrag zu zahlen.

 

1. Übernahme von Elternbeiträgen bei Unzumutbarkeit

Im Falle der Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach §§ 22 bis 24 SGB VIII wird der Kostenbeitrag gemäß § 90 Abs. 4 SGB VIII auf Antrag erlassen oder auf Antrag ein Teilnahmebeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen, wenn die Belastung durch Kostenbeiträge den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Nicht zuzumuten sind Kostenbeiträge nach dem Gesetz immer dann, wenn Eltern oder Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des SGB, Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel des Zwölften Buches des SGB oder Leistungen nach den §§ 2 und 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen oder wenn die Eltern des Kindes Kinderzuschlag gemäß § 6a des Bundeskindergeldgesetzes oder Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz erhalten.

Die Übernahme von Kostenbeiträgen für den Fall der Unzumutbarkeit ist damit bereits von Gesetzes wegen vorgesehen – und bedarf daher keiner gesonderten Regelung durch Richtlinien des Jugendhilfeträgers -, soweit es sich um eine Tageseinrichtung nach § 22 SGB VIII handelt.

 

Bei Ausgestaltung entsprechend dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 23.12.2010 zu gebundenen und offenen Ganztagsschulen sowie außerunterrichtlichen Ganztags- und Betreuungsangeboten – zu denen auch das von den Richtlinien zur Übernahme von Elternbeiträgen im Rahmen der offenen Ganztagsschule umfasste Angebot „Dreizehn Plus“ gehört -  ist davon auszugehen, dass die Angebote OGS und „Dreizehn Plus“ die Voraussetzungen einer Tageseinrichtungen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfüllen mit der Folge, dass der Kostenbeitrag vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Antrag zu übernehmen ist und es demgemäß für diese Fälle keiner gesonderten Regelung durch Richtlinien bedarf.

 

2. Übernahme von Elternbeiträgen bei Geschwisterkindern

Eine Auswertung der auf Grundlage der Richtlinien zur Übernahme von Elternbeiträgen im Rahmen der offenen Ganztagsschule erfolgten Erstattungen an die Städte und Gemeinden im Kreisjugendamtsbezirk Heinsberg hat ergeben, dass die Beträge infolge unterschiedlicher OGS-Auslastung und insbesondere unterschiedlich hoher OGS-Beiträge stark divergieren, was wiederum angesichts der differenzierten Jugendamtsumlage zu einer deutlichen Quersubventionierung einzelner OGS-Träger durch andere Kreisjugendamtskommunen führt. Die Einzelheiten können Anlage 1 der Einladung zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses entnommen werden.

 

Vor diesem Hintergrund fand am 21.04.2023 ein Gespräch mit Vertretungen der Kommunen im Kreisjugendamtsbezirk unter Beteiligung des Kreiskämmerers statt. Die dem Kreisjugendamtsbezirk angehörigen Kommunen haben sich – mit Ausnahme der Stadt Wegberg – dafür ausgesprochen, die Quersubventionierung schnellstmöglich zu beheben und die Frage der Geschwisterbefreiungen bei Besuch der Offenen Ganztagsschule in die Eigenverantwortung der Kommunen zu geben.

 

Hierfür spricht, dass es sich bei Übernahme der OGS-Beiträge außerhalb der Regelung des § 90 Abs. 4 SGB VIII um eine freiwillige Angelegenheit handelt. Angesichts der angespannten Haushaltslage aller Kommunen erscheint es nicht angezeigt, dass durch einen Beschluss des Jugendhilfeausschusses des Kreises die Kommunen verpflichtet werden, mit eigenen Mitteln OGS-Angebote in anderen Kommunen zu finanzieren. Da das Kreisjugendamt keinen Einfluss auf die Höhe der OGS-Beiträge in den Kommunen hat und die OGS-Angebote sehr unterschiedlich ausgestaltet sind, ist eine gleichmäßige Verteilung der Erstattung durch eine Regelung auf Kreisebene nicht sinnvoll zu erzielen. Die Übernahme eines einheitlichen Pauschalbetrages durch den Kreis Heinsberg stünde angesichts der zum Teil sehr geringen OGS-Beiträge nicht im Verhältnis zu dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand.

 

Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, dem mehrheitlichen Votum der Kommunen folgend die Richtlinien zur Übernahme von Elternbeiträgen im Rahmen der offenen Ganztagsschule hinsichtlich der Geschwisterkindbefreiung mit Ablauf des 31.07.2023 aufzuheben und die Regelung einer Befreiung von OGS-Beiträgen in diesen Fällen den Kommunen zu überlassen.

 

3. Änderung der Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Heinsberg (Elternbeitragssatzung)

Die vorstehenden Ausführungen machen eine redaktionelle Änderung im Bereich der Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Heinsberg erforderlich. Da davon auszugehen ist, dass die Angebote OGS und „Dreizehn Plus“ bei Ausgestaltung entsprechend dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 23.12.2010 zu gebundenen und offenen Ganztagsschulen sowie außerunterrichtlichen Ganztags- und Betreuungsangeboten die Voraussetzungen einer Tageseinrichtungen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erfüllen, bedarf es hier der Klarstellung dahin gehend, dass sich die in der Elternbeitragssatzung getroffenen Regelungen jeweils nur auf Kindertageseinrichtungen beziehen. Klarstellend wurde in diesem Zuge auch der Begriff „Tagespflege“ dahingehend konkretisiert, dass es sich um „Kindertagespflege“ handelt. Der entsprechend überarbeitete Entwurf der Satzung ist als Anlage 2 der Einladung zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses beigefügt.

 

Die Beitragsbefreiung nach § 2 der Elternbeitragssatzung für den Fall, dass zwei oder mehr Kinder von beitragspflichtigen Personen gleichzeitig eine Kindertageseinrichtung besuchen oder Betreuungsangebote der Tagespflege in Anspruch nehmen, bleibt unberührt.

 

 

Nach Versand der Einladung zur Jugendhilfeausschusssitzung erreichten den Kreis Schreiben der Stadt Wegberg sowie in der Folge der Kommunen Waldfeucht, Wassenberg und Übach-Palenberg, welche als Anlage 3 bis 6 der Einladung zur Sitzung des Kreisausschusses beigefügt sind.

 

Mit Blick auf die Presseberichterstattung erläutert Dez. Dr. Maurer in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 23.05.2023 ergänzend und klarstellend wie folgt:

 

Die Kämmerei des Kreises Heinsberg ist bemüht, Quersubventionierungen der Kommunen möglichst aufzulösen, wie es zuletzt auch im Rahmen der Kreismusikschule der Fall war. Insofern ist es auch hier Ziel der Kämmerei, die Quersubventionierung der Kommunen aufzuheben.

 

Zwar verteilen sich im Rahmen der Leistungen des Jugendamtes und damit auch der Jugendamtsumlage auch in anderen Bereichen die Mittel nicht gleichmäßig auf die Kommunen (z. B. Hilfen zur Erziehung); insoweit ist jedoch zu beachten, dass es sich hierbei um Pflichtaufgaben handelt und der Kreis hier auf die Entstehung keinen Einfluss hat. Demgegenüber liegt die originäre Zuständigkeit für OGS-Beiträge bei den Kommunen; zudem handelt es sich vorliegend um einen zu einer Quersubventionierung führenden Sachverhalt, für den der Jugendhilfeausschuss durch die seinerzeitige Verabschiedung der Richtlinien die Grundlage geschaffen hat.

 

Die Richtlinien zur Übernahme von Elternbeiträgen im Rahmen der offenen Ganztagsschule resultieren aus einer Zeit, in welcher das OGS-Angebot noch nicht so ausgebaut war wie heute und auch die Elternbeiträge noch nicht so heterogen waren wie heutzutage. Insofern hat sich der Sachverhalt seit 2009 entscheidend verändert.

 

Die OGS-Quoten in den Kommunen liegen nach dem Schulentwicklungsgutachten aus dem vergangenen Jahr zwischen 30 % (Gangelt) und 80 % (Wassenberg), die OGS-Beiträge im Kreisjugendamtsbezirk schwanken zwischen rund 30 Euro/Monat pauschal (Wassenberg) und bis zu rund 180 Euro/Monat gestaffelt nach Einkommen (Wegberg/Übach-Palenberg). Ab dem kommenden Schuljahr werden die OGS-Beiträge voraussichtlich teilweise über 200 Euro im Monat betragen mit der Folge, dass sich die Verteilung der Mittel voraussichtlich weiter verschieben wird.

 

Während den Erläuterungen eine kumulierte Übersicht der Jahre 2020-2022 beigefügt ist, wird ergänzend mitgeteilt, dass sich die Erstattungen im Haushaltsjahr 2022 auf insgesamt rund 470.000 Euro beliefen, wovon wiederum mehr als 60 % in die Stadt Wegberg flossen, welche an der Jugendamtsumlage mit rund 26 % beteiligt ist.

 

Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass bedürftige Familien ohnehin eine Erstattung der Beiträge aufgrund gesetzlicher Regelung erhalten, sodass eine Aufhebung der Richtlinien hieran nichts änderte.

 

Die Richtlinien des Kreises betreffen ausschließlich diejenigen Fälle, in denen mindestens ein Kind einer beitragspflichtigen Person eine Kindertagesstätte im Kreisjugendamtsbezirk besucht. Besuchen Kinder ausschließlich die Kita oder aber die OGS, erfolgen die Geschwisterkindbefreiungen/-ermäßigungen entweder über die Elternbeitragssatzung Kita des Kreises Heinsberg oder die OGS-Satzungen der Kommunen. Dabei geht es um Befreiungen grundsätzlich leistungsfähiger Personen, da die Sozialbefreiung durch den Kreis Heinsberg als Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach wie vor gewährleistet ist.

 

Es ist mitnichten Ziel der Verwaltung, Familien durch Aufhebung der Richtlinien stärker zu belasten; beabsichtigt ist vielmehr, dass die bisherige Regelung durch die Kommunen im Kreisjugendamtsbezirk übernommen und die ungleiche Mittelverwendung beendet wird. Eine Aufhebung der beschlussgegenständlichen Richtlinien führte zu einer Absenkung der Jugendamtsumlage. Durch die hierdurch eingesparten Mittel der Kommunen könnte auf kommunaler Ebene eine entsprechende Befreiung fortgeführt werden; auch im Falle der Stadt Wegberg könnten die Einsparungen zumindest zu einer Ermäßigung der dortigen OGS-Beiträge in der in Rede stehenden Fallgestaltung verwendet werden.

 

Eine kreiseinheitliche Regelung existiert aktuell nicht. Zum einen werden schon innerhalb des Kreisjugendamtsbezirks nicht von allen Kommunen Geschwisterkindbefreiungen zur Erstattung angemeldet; zum anderen gibt es eine derartige Geschwisterkindbefreiung auch in den Städten Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg nicht.

 

Die vorherige Abstimmung mit den Kommunen hatte zum Ziel, den Mitgliedern des Ausschusses eine erste Positionierung der Kommunen in dieser Angelegenheit mittteilen zu können. Mit Ausnahme von Wegberg gingen in der Sitzung am 21.04.2023 alle Kommunen davon aus, eine Übernahme der bisherigen Regelung auf kommunaler Ebene durchsetzen zu können.

 

Nach der Sitzung des Jugendhilfeausschusses teilte der Bürgermeister der Gemeinde Gangelt vorab per Mail mit anliegendem Schreiben (Anlage 7 der Einladung zur Sitzung des Kreisausschusses) mit, dass der Gemeinderat in seiner Sitzung am 16.05.2023 der Übernahme der Beiträge durch die Gemeinde Gangelt bereits zugestimmt hat.

 

Die übrigen kommunalen Gremien tagen sukzessive, sodass die Übernahme durch die weiteren Kommunen zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht gesichert ist.

 

Eine Nachfrage bei den umliegenden Kreisen hat zu folgendem Ergebnis geführt: Der Rhein-Kreis-Neuss sowie der Kreis Viersen haben mitgeteilt, über keine entsprechende Regelung zu verfügen, d.h. wenn ein Kind die Kita und ein weiteres die OGS besucht, sind danach beide Kinder beitragspflichtig. Im Kreis Düren gibt es eine Befreiung in diesem Fall, allerdings ist hier darauf hinzuweisen, dass die Beitragspflicht in der Kita dort insgesamt abweichend geregelt ist.

 

Die CDU-Fraktion betont in der Sitzung des Kreisausschusses, dass an der Geschwisterkindbefreiung festgehalten werden solle. Gleichwohl sehe man die Ungerechtigkeit, dass eine Kommune von fünf Kommunen quersubventioniert werde. Statt die Richtlinie aufzuheben, sollte diese jedoch modifiziert werden, um auch künftig die Befreiung sicherzustellen.

 

Die SPD-Fraktion wünscht sich in Ergänzung der Antworten zur Anfrage (TOP 22 der Kreisausschusssitzung) weitere Zahlen zu freiwilligen Leistungen des Jugendamtes anderer Art, da dort eventuell andere Kommunen profitieren.

Dez. Dr. Maurer sagt zu, diese Zahlen möglichst bis zur Kreistagssitzung nachzuliefern.

 

Landrat Pusch führt aus, dass es nicht Ziel des Kreises ist, in der „Solidargemeinschaft“ zwischen den Kommunen zig verschiedene differenzierte Umlagen zu erheben. Er betont ebenfalls, dass der Kreis nicht beabsichtigt, die Geschwisterkindbefreiung abzuschaffen. Bis zur Kreistagssitzung solle möglichst ein neuer Vorschlag zur Richtlinie erarbeitet werden, mit der bspw. die Elternbeiträge gedeckelt werden.

 

Auf Anmerkung zum fehlenden Zeitdruck erklärt die CDU-Fraktion, dass man eine neue Regelung vor Beginn des nächsten Kita-Jahres finden sollte und daher in der Sache nach Möglichkeit in der nächsten Kreistagssitzung entscheiden sollte.

 

Interfraktionell besteht Einigkeit, in der Sitzung des Kreisausschusses noch keine Beschlussfassung zu treffen bzw. über den Beschlussvorschlag abzustimmen.