Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 49, Nein: 0, Enthaltungen: 0

Beschlussvorschlag:

 

1.      Nach eingehender Erörterung mit den Vertretern der auf lokaler Ebene die ärztliche Versorgung sicherstellenden Institutionen appellieren Kreistag und Verwaltung des Kreises Heinsberg nachdrücklich an die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo) und der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo), im Rahmen der Umstrukturierung und Neuorganisation des allgemein-ärztlichen Bereitschaftsdienstes / Notdienstes im Bezirk Nordrhein im Interesse der medizinischen Versorgung der Bevölkerung an einem Fortbestand der bestehenden drei Notdienstpraxen im Kreis Heinsberg festzuhalten. Diese Standortsicherung ist nach Auffassung von Kreistag und Verwaltung hilfsweise auch im Rahmen der derzeitigen Beschlusslage der Vertreterversammlung der KVNo möglich (Dependancen-Regelung auf Antrag der Kreisstellen). Der Schlüssel von nur einer NDP für 250.000 Menschen ist gerade in einem Flächenkreis keinesfalls sachgerecht und daher inakzeptabel. Angesichts der derzeit auch innerhalb und zwischen der KV und Ärztekammer noch laufenden Abstimmungsprozesse besteht die Möglichkeit, im Einvernehmen mit den lokalen Vertretern der Ärzteschaft Einfluss auf die Abstimmungen in den Gremien der Ärzteschaft zu nehmen.

 

2.      Der Komplexität der Problematik kann ein einfacher Appell alleine nicht gerecht werden. Unter Berücksichtigung der zu respektierenden Entscheidungskompetenzen der KVNo und der ÄKNo im Rahmen ihrer Selbstverwaltung wird die Verwaltung daher aufgefordert, über diesen Appell hinaus zusammen mit der bereits eingerichteten interfraktionellen Arbeitsgruppe ein lokales Konzept auszuarbeiten. Dieses an den Bedürfnissen der Patienten ausgerichtete aber auch die Situation der Leistungserbringer berücksichtigende Konzept soll dann mit und über die Kreisstellen in die Beschlussgremien der Ärzteschaft eingebracht werden. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass im Hinblick auf die demographische Entwicklung der Fahrdienst (Hausbesuche) besonders im Flächenkreis Heinsberg an Bedeutung gewinnen wird - selbst bei Beibehaltung aller bisher bestehenden Notfallpraxen und umso mehr vor dem Hintergrund der durch die KVNO geplant Reduzierung der NDP im Kreis Heinsberg.  Der Fahrdienst muss daher im zu erarbeitenden Konzept ein besonderer Fokus sein und eine den Anforderungen im Kreises Heinsberg gerecht werdende Organisation und Kapazität aufweisen.

 

3.       Der Landrat wird aufgefordert, direkt und über die Landesregierung bei den Krankenkassen nachdrücklich deren Verpflichtung einzufordern, die von der Bevölkerung gewünschte ortsnahe Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten durch eine verlässliche Vergütung außerhalb der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) sicherzustellen.

 


Im zweiten Abschnitt/Erster Titel des Sozialgesetzbuches/fünftes Buch (SGB V - Krankenversicherung) sind grundlegende gesetzliche Vorgaben über die Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung aufgeführt. So wirken gemäß § 72 Abs. 1 SGB V Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Gemäß § 72 Abs. 2 ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Gemäß § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen die vertragsärztliche Versorgung ... sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung und die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt.

 

Daneben obliegt es gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Heilberufsgesetzes NRW der jeweils zuständigen Ärztekammer als beruflicher Vertretung aller Ärztinnen und Ärzte, einen ärztlichen Notdienst in den sprechstundenfreien Zeiten sicherzustellen. Schließlich hat die untere Gesundheitsbehörde nach den Vorgaben des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst in NRW (ÖGDG) u.a. die gesetzliche Aufgabe einer ortsnahen Koordinierung der gesundheitlichen Versorgung.

 

Regional zuständig für die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Bezirk Nordrhein (Gebiete der Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln) und damit auch für die Sicherstellung des Notdienstes sind die kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) und die Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo), die diese Aufgabe gemeinschaftlich wahrzunehmen haben. KVNo und ÄKNo sind beides Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigenen Selbstverwaltungskompetenzen. Vor dem geschilderten gesetzlichen Hintergrund werden im Kreis Heinsberg derzeit drei allgemein-ärztliche Notdienstpraxen betrieben, jeweils eine im Bereich der Krankenhäuser in Erkelenz, in Geilenkirchen und in Heinsberg.

 

Die Vertreterversammlung der KVNo hat nunmehr mit Beschluss vom 11.02.2015 ihren Vorstand aufgefordert, die Organisation des allgemein-ärztlichen Notdienstes so zu gestalten, dass u.a. die allgemein-ärztlichen Notdienstpraxen in ihrem Bezirk von bisher 62 auf dann 41 reduziert werden. Für das Gebiet des Kreises Heinsberg ist demnach vorgesehen, nur noch eine einzige Notdienstpraxis aufrechtzuerhalten.

 

Mit dieser Angelegenheit hat sich der Kreistag in seiner Sitzung am 12.03.2015 befasst; hierzu wird auf die Einladung zur Sitzung und die Niederschrift darüber verwiesen. Nach dem dort gefassten Beschluss sollte u.a. ein interfraktionelles Gremium gebildet werden, dass zusammen mit dem Landrat, den Vertretern der Ärzteschaft, den Betreibern der Notdienstpraxen und je einem Mitglied der im Kreistag vertretenen Fraktionen das Ziel verfolgt, eine an den Bedürfnissen der Patienten orientierten Notdienstversorgung im Kreis Heinsberg zu erhalten.

 

Zwischenzeitlich hat die Kammerversammlung der ÄKNo am 21.03.2015 den Beschluss der KVNo in der vorliegenden Form u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass gewachsene Strukturen des ambulanten ärztlichen Bereitschaftsdienstes, die sich bewährt haben und funktionieren, erhalten bleiben müssten. Gleichzeitig wird der KVNo angeboten, unter Berücksichtigung vorliegender Daten eine umfassende, zukunftsfähige Organisationsform des ärztlichen Notdienstes mitzuentwickeln. Die Delegierten der Kammerversammlung beauftragten ihren Vorstand darüber hinaus, gemeinsam mit den Bürgermeistern und Landräten sowie Kommunal- und Landespolitikern in einer konzertierten Aktion auf die Krankenkassen mit dem Ziel einzuwirken, dass diese eine kostendeckende Vergütung für den Betrieb der Notdienstpraxen in NRW zahlen.

 

Vor dem Hintergrund der geschilderten Sachlage hat sich am 25.03.2015 das o.a. interfraktionelle Gremium (Arbeitskreis) bei der Kreisverwaltung Heinsberg zusammengefunden. Eingeladen waren je ein Vertreter der dem Kreistag des Kreises Heinsberg angehörenden Fraktionen sowie verschiedene Vertreter von an der medizinischen Versorgung der Bevölkerung beteiligten Institutionen (Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein -KVNo-, Ärztekammer Nordrhein -ÄKNo-, Betreiber der bestehenden Notdienstpraxen in Erkelenz und in Heinsberg, Krankenhäuser Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg, „Rettungsdienst im Kreis Heinsberg gGmbH“.

 

In dem Arbeitskreis wurde aus den verschiedenen Perspektiven eingehend erörtert, wie die von der KVNo vorgesehene Reform zu bewerten ist, welche Auswirkungen in der Alltagspraxis daraus resultieren könnten und wie die Reform konstruktiv begleitet werden kann. Die Beteiligten waren sich schließlich darin einig, dass die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger seitens des Kreises Heinsberg in einem möglichen Anhörungs-/ Beteiligungsverfahren vorzutragenden Anliegen umso mehr Akzeptanz und Gehör finden, je einvernehmlicher sie politisch gestützt sind. Dabei sei auch darauf zu drängen, dass die ländliche Struktur und die Verkehrsinfrastruktur des Kreises Heinsberg durch die KVNo bei ihren Reformbestrebungen zu einer bedarfsgerechten Versorgung ausreichende Würdigung finden. Insofern würde die Reduzierung der Versorgung auf nur eine einzige Notdienstpraxis für das gesamte Kreisgebiet die Grenze der Zumutbarkeit für die Bürgerinnen und Bürger überschreiten und könne nicht als hinreichende Versorgungssicherheit und -qualität angesehen werden.

 

Im Ergebnis bestand übereinstimmend die Auffassung, dass ein Zerschlagen der im Kreis Heinsberg bewährten notdienstlichen Versorgung nicht sinnvoll ist und dass es daher im Interesse einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung im Prinzip als gerechtfertigt erscheint, an einer Forderung zu einem Erhalt aller drei Notdienstpraxen festzuhalten. Durchaus kontrovers wurde aber die Frage diskutiert, ob und inwieweit es mit Rücksicht auf die gesetzlich geregelten Entscheidungskompetenzen als klug und erfolgversprechend erscheint, im Rahmen einer Verfahrensbeteiligung eine Maximalforderung nach dem Erhalt von drei Notdienstpraxen vorzutragen. Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass eine Reduzierung auf zwei Notdienstpraxen im Kreisgebiet mit Rücksicht auf eine mögliche gerechtere Verteilung der Dienste unter den beteiligten Ärzten als absolutes Versorgungsminimum u.U. akzeptiert werden kann, wenn andererseits von einer Einbeziehung dieser Praxen in die angedachte zentrale Organisation eines Fahrdienstes abgesehen wird.

 

Das Signalisieren einer gewissen konstruktiven Kompromissbereitschaft und die endgültige Positionierung des Kreises Heinsberg im Rahmen einer Verfahrensbeteiligung sei aber letztendlich noch in den zu beteiligenden politischen Gremien zu erörtern. Dazu wurde eine Einladung der im Arbeitskreis anwesenden Vertreter der Ärzteschaft, des Betreibers der Notdienstpraxen in Heinsberg und Erkelenz und des Vertreters der Krankenhäuser in die nächste Sitzung des Fachausschusses am 13. April 2015 befürwortet, um durch diese ggf. nochmals Erläuterungen zur Sachlage zu halten.

 

In der Sitzung des Kreisausschusses am 28.04.2015 haben sich die Mitglieder auf folgenden, von der CDU-Fraktion in Punkt 2 geänderten Beschlussvorschlag verständigt: