Anfrage gem. § 12 GeschO der SPD-Fraktion betr. "Sprachförderung für Flüchtlinge"

 

Zur Beantwortung der Anfrage teilt Landrat Pusch Folgendes mit:

 

„Vorbemerkungen:

Wie bereits im Vorwort zum neuen Volkshochschulweiterbildungsprogramm 2015/2016 ausgeführt, stellen die Flüchtlingsströme nach Europa auch für die Volkshochschule des Kreises Heinsberg eine aktuelle und bedeutsame Herausforderung dar. Auch die Weiterbildung im Kreis Heinsberg muss und wird hier Verantwortung übernehmen, denn Flüchtlinge und Einwanderer müssen mit Blick auf die demografischen Herausforderungen der nächsten Jahre als große Chance und Bereicherung und nicht als Belastung für unsere Gesellschaft gesehen werden. Qualifizierte Weiterbildung stellt eine Perspektive für diese Menschen dar, die nur darauf warten, sich mit ihren Fähigkeiten positiv in unsere Gesellschaft und in unsere Wirtschaft einzubringen. Aus diesem Grunde führt die Volkshochschule derzeit acht parallel laufende vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vollfinanzierte Integrationskurse durch, die jeweils 100 Unterrichtsstunden Sprachunterricht und 60 Unterrichtsstunden Orientierungskurs zur Kultur und Geschichte Deutschlands beinhalten. Allerdings haben Asylbewerber/innen keinen Zugang zu den Integrations­kursen. Aus diesem Grunde engagiert sich die Volkshochschule des Kreises Heinsberg auch im Bereich der Sprachförderung für Flüchtlinge.

 

Im Konkreten:

 

Frage 1: Wie stark ist die Volkshochschule mit den steigenden Flüchtlingszahlen konfrontiert? Wie geht sie damit um?

Seit etwas mehr als einem Jahr verzeichnet die VHS einen stetig steigenden Bedarf an Anfängerkursen „Deutsch als Fremdsprache“ für Flüchtlinge. Aus diesem Grunde wurden z. B. im 1. Semester des Weiterbildungsjahres 2014/2015 mehrere laufende Kurse "geteilt", d. h. neue entsprechende Kurse wurden parallel eingerichtet. Außerdem wurden im Januar 2015 mehrere zusätzliche Kurse organisiert. Einige dieser Kurse finden unmittelbar vor Ort statt in Kooperation vor allem mit Gruppen von Ehrenamtlern, so z. B. in Selfkant-Höngen und in Wegberg-Arsbeck, wo reine Flüchtlingskurse installiert wurden. Bei der VHS gilt gemäß der vom Kreistag beschlossenen Entgeltordnung für Flüchtlinge überwiegend eine Entgeltermäßigung von 75 %. Lediglich die restlichen 25 % werden in der Regel von den örtlichen Sozialämtern übernommen. Damit sind diese Kurse für die Teilnehmenden im Regelfalle kostenfrei; die Finanzierung erfolgt zu 25 % durch die Sozialämter und zu 75 % durch die VHS aus Kreismitteln. Zurzeit befindet sich die VHS kurz vor Semesterstart. Bereits jetzt ist abzusehen, dass die in den nächsten Tagen und Wochen startenden Kurse wahrscheinlich nicht ausreichen werden. Die VHS bereitet sich darauf vor, gemeinsam mit den Kursleitenden auf der Basis der Erfahrungen der ersten Semesterwochen Kurse zusätzlich einzurichten. Dies wird - soweit es jetzt absehbar ist - auch gelingen. In bestimmten Städten sind bereits Überbuchungen in Kursen festzustellen, in anderen gibt es noch wenige freie Plätze. Die Teilnahme in den entsprechenden VHS-Kursen setzt eine Anmeldung der Interessenten voraus; diese sind bei Deutschkursen für Flüchtlinge allerdings wenig aussagekräftig, da die meisten Teilnehmenden spontan und ohne vorherige Anmeldung in den Kursen erscheinen. Die VHS ist sich der Tatsache bewusst, dass in der veränderten Situation das Angebot mit einem überwiegend zentralen Semesterstart im September nicht ausreichen kann und wird. Sie strebt an, zusätzlich zum bestehenden Programm in allen Städten und Gemeinden, in denen entsprechende Bedarfe festgestellt werden, weitere Anfängerkurse anzubieten. All diese Kurse sind keine Intensivkurse, sondern bieten an zwei bis drei Tagen jeweils 90 Min. Unterricht. Nach Feststellung der VHS und nach Aussagen der Teilnehmenden sind diese Kurse ein guter Einstieg für alle, die Deutsch lernen wollen.

 

 

Frage 2: Stehen für Flüchtlinge ausreichend Möglichkeiten zur Sprachförderung zur Verfügung?

Trotz des sehr umfassenden VHS-Angebotes an Sprachkursen kann diese Frage durch die Volkshochschule des Kreises Heinsberg alleine nicht beantwortet werden. Derzeit etablieren sich im Kreis Heinsberg verschiedene "Runde Tische" und Netzwerke, in denen die beteiligten Akteure u. a. versuchen, diese Frage zu beantworten. Die VHS ist in den Netzwerken aktiv vertreten und beteiligt sich intensiv mit dem Ziel, entstehenden Bedarf zu decken. Hier wird eine Vernetzung mit den Sozialämtern aber auch mit den Gruppen von Ehrenamtlern angestrebt, soweit sie nicht ohnehin bereits besteht.

 

 

Frage 3: Ist die Volkshochschule in der Lage, mit ihrem Kursangebot flexibel auf die steigenden Flüchtlingszahlen zu reagieren und ggf. zusätzliche Kurse anzubieten?

Wie bereits zur Frage 1 dargestellt, tut die VHS dies bereits und ist auch bereit, dies in dem beschriebenen Umfang bedarfsgerecht auszuweiten. Grenzen sind allerdings gesetzt durch die Finanzierungsnotwendigkeiten sowie durch die personellen Ressourcen, insbesondere bei den als Honorarkräften tätigen Kursleitenden. Um die deutlich gestiegene Anzahl der Kurse verwaltungsmäßig bearbeiten zu können, wurde in der vergangenen Woche eine zusätzliche Verwaltungsmitarbeiterin mit 0,5 Stellenanteilen der VHS zugewiesen, die sich insbesondere mit der Organisation von Integrationskursen und den Sprachkursen für Flüchtlinge beschäftigt. Dieser zusätzliche Personaleinsatz ist vollständig gegenfinanziert. Außerdem kooperiert die VHS im Rahmen des Projektes „Fremde willkommen heißen – Integration ermöglichen“ mit den drei Berufskollegs des Kreises Heinsberg. Für den von der VHS an diesen Schulen durchgeführten Vollzeitunterricht „Deutsch als Fremdsprache“ wurden vom Kommunalen Integrationszentrum Kreis Heinsberg 25.000 € zur Verfügung gestellt.

 

 

Frage 4: Wie wird der Zugang zur Volkshochschule für Flüchtlinge gewährleistet, die weit weg von den Kursorten leben und nur eingeschränkt mobil sind? Sind Kurse in oder in der Nähe von Flüchtlingseinrichtungen möglich?

Spezielle Kurse in der Nähe von Flüchtlingseinrichtungen sind grundsätzlich möglich und werden durch die VHS auch bereits realisiert. Zu bedenken ist allerdings, dass es nach Auffassung der Volkshochschule für die Teilnehmer/innen oft besser ist, wenn sie die Unterkunft regelmäßig (z. B. für den Besuch von Kursen) verlassen können. Die VHS ist allerdings bei solchen speziellen Kursen sowohl was die Zuweisung von Teilnehmenden als auch die Bereitstellung von geeigneten Unterrichtsräumen angeht insbesondere auf die Unterstützung der Städte und Gemeinden aber auch von Ehrenamtlern angewiesen.


Frage 5: Gibt es finanzielle Unterstützung vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für die von der Volkshochschule angebotene Sprachförderung?

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fördert neben den Integrationskursen nur begrenzt einzelne und spezielle Maßnahmen, nicht jedoch das "normale" VHS-Kursangebot. Die Kreisvolkshochschule hat sich erfolgreich um eine solche finanzielle Förderung beworben. Die bewilligten Mittel in Höhe von ca. 3.000 € reichen allerdings lediglich für die Durchführung von rund 100 Unterrichtsstunden. Neu ist die Förderung für Flüchtlinge durch die Agentur für Arbeit, hier werden mit dem Programm „Early Intervention NRW plus“ kurzfristig Basissprachkurse für Flüchtlinge unter der Bedingung finanziert, dass es sich hierbei um Fachkräfte aus bestimmten Herkunftsländern (z. B. Syrien, Afghanistan, Irak) handelt. Die Volkshochschule kooperiert mit der Agentur für Arbeit, um geeignete Teilnehmer/innen zu gewinnen. Außerdem hat sie sich für die Durchführung dieser Kurse beworben. Es kann davon ausgegangen werden, dass voraussichtlich zwei solcher Kurse im Kreisgebiet noch im laufenden Jahr stattfinden werden. Außerdem ist die VHS in Gesprächen über eine Kooperation, wodurch für die Flüchtlingsarbeit bereitgestellte Bistumsgelder optimal für die Sprachförderung genutzt werden könnten. Zur finanziellen Unterstützung der VHS wird das Kommunale Integrationszentrum Kreis Heinsberg im Entwurf des Haushaltsplanes 2016 den Betrag von 20.000 € für die Durchführung von Sprachkursen für Flüchtlinge veranschlagen. Außerdem wird die VHS die Kooperation mit den Ehrenamtlern verstärken und diese unterstützen. Aktuell ist daher schon im Oktober eine zweitägige VHS-Fortbildung für Menschen vorgesehen, die ehrenamtlich vor Ort Sprachunterricht geben möchten.“