Abstimmung: Ja: 15, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Der Ausschuss für Umwelt und Verkehr nimmt die Ausführungen der Verwaltung zum Industriegebiet Geilenkirchen-Lindern zur Kenntnis.

 


 

Beratungsfolge:

20.04.2016         Ausschuss für Umwelt und Verkehr

 

 

Nach dem aktuellen Entwurf zum neuen Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) gehört das Industriegebiet Geilenkirchen-Lindern mit einem Areal von rd. 240 ha zu einem von vier namentlich im LEP NRW ausgewiesenen Standorten für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben (Ziel 6.4-1 des Entwurfs zum LEP NRW). Diese im Landesentwicklungsplan ausgewiesenen Standorte sind dem Grundsatz nach vom Land NRW und den Kommunen in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu planen, zu entwickeln und zu vermarkten (Grundsatz 6.4-3 des LEP-Entwurfs). Eine wesentliche Voraussetzung zur Vermarktung der Flächen durch die landeseigene Wirtschaftsförderungsgesellschaft unter Beteiligung der kommunalen Kooperationspartner besteht darin, die Verkehrsanbindungen der geplanten Industrieareale zu optimieren. Der Aspekt der Schaffung einer ortsdurchgangsfreien Verkehrsanbindung des geplanten Industriegebietes Geilenkirchen-Lindern an das Bundesautobahnnetz wurde durch den Kreis in seiner Stellungnahme zum Ziel 6.4-1 des neuen Landesentwicklungsplans NRW – (Beschlussfassung hierzu in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Verkehr am 26.02.2014 - TOP 1 der Niederschrift) deutlich zum Ausdruck gebracht:

„…Die Herstellung einer optimalen Verkehrsanbindung ist Bedingung für die Chance einer Vermarktung. Investoren suchen Flächen, die sofort bebaubar und nutzbar sind. …“

 

Zeitnah zur Stellungnahme des Kreises zum Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans NRW wurde in einem gemeinsamen Schreiben des Kreises und der Stadt Geilenkirchen vom 08.04.2014 an den Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW, Herrn Michael Groschek, die Bedeutung der ortsdurchgangsfreien Verkehrsverbindung des Industriegebietes Geilenkirchen-Lindern an das Bundesautobahnnetz aufgezeigt. In diesem gemeinsamen Schreiben wurde die Wichtigkeit der Realisierung der L 364n als Ortsumgehung von Hückelhoven (1. Abschnitt von der BAB 46 über die L 117 bis zur „Rheinstraße“) und der Ortsumgehung von Hilfarth (2. Abschnitt von der „Rheinstraße“ bis zur bestehenden L 364 bei Brachelen) durch das Land NRW sowie einer ergänzenden Ortsumgehung von Brachelen (K 14n) zur Schaffung der erforderlichen Verkehrsinfrastruktur für das im LEP-Entwurf ausgewiesene Industriegebiet Geilenkirchen-Lindern wiederholt deutlich gemacht. Hierauf wurde auch in der Stellungnahme der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Heinsberg im Beteiligungsverfahren zum Entwurf des Landesentwicklungsplanes NRW hingewiesen:

 „…Die vorhandene Anbindung des Standortes Geilenkirchen-Lindern ist nicht marktgerecht im Sinne einer erfolgsorientierten Vermarktung der Flächenpotentiale. Um eine erfolgreiche Vermarktung dieser Fläche zu ermöglichen - und genau das muss letztendlich auch im ureigenen Interesse des Landes NRW liegen - ist die Herstellung der benannten optimalen Verkehrsanbindung an die BAB 46 zwingend notwendig.“

 

Frau Regierungspräsidentin Gisela Walsken hat im Rahmen eines Besuches bei der Stadt   Geilenkirchen am 03.03.2016 das Thema aufgegriffen. In diesem Zusammenhang ist auf eine Änderung im Entwurf zum neuen Landesentwicklungsplan NRW hinzuweisen. Während bisher für die Ansiedlung eines Unternehmens ein Flächenbedarf von mindestens 80 ha zu erbringen war, soll es nach der letzten Entwurfsfassung des LEP NRW (Stand: 22.09.2015) nunmehr möglich sein, diese Größenordnung ausnahmsweise über einen sog. Vorhabenverbund sicherzustellen. Dabei sollen die einzelnen Teilvorhaben funktionell miteinander verbunden sein und die erste Ansiedlung eines Vorhabenverbundes durch ein Produktionsunternehmen mit einem Flächenbedarf von mindestens 10 ha erfolgen.

 

Ausschussvorsitzender Jansen weist in seiner Einleitung zu diesem Tagesordnungspunkt darauf hin, dass es in der Vergangenheit durchaus Investoren gegeben habe, die Interesse an einer Niederlassung im Industriegebiet Geilenkirchen-Lindern bekundet hätten. Gleichwohl ist es für eine erfolgreiche Vermarktung des Gesamtareals des Industriegebietes unabdingbar, das Gebiet schnellstmöglich ortsdurchfahrtsfrei an das Fernstraßennetz im Kreis anzubinden.

 

In seinem Sachstandsbericht zum Industriegebiet Geilenkirchen-Lindern stellt Dezernent Nießen zunächst in einem kurzen Rückblick die verkehrspolitische Entwicklung des Kreises seit Anfang der 1990ziger Jahre dar. Er führt u. a. aus, dass die Erschließung des Fernstraßen- und klassifizierten Straßennetzes im Kreisgebiet in Ost-West-Richtung auf die A 46 und B 56n ausgerichtet ist. Für den Bereich des Industriegebietes Geilenkirchen-Lindern besteht die verkehrliche Anbindung bis heute nur über die Ortsdurchfahrten der L 364 von Brachelen, Hilfarth und Hückelhoven bis zur Anschlussstelle der A 46 bzw. über die L 228 von Dremmen kommend über Randerath und Lindern bis zur B 57 bei Linnich. Die verkehrliche Erschließung des vom Land NRW projektierten Industriegebietes Geilenkirchen-Lindern bestehe dabei originär beim Land NRW durch Schaffung von entsprechenden Ortsumgehungen (L228 bzw. L 364).

In Abstimmung mit dem Land NRW wurden ab Mitte der 1990ziger Jahre auch kommunale Erschließungsvorhaben in Betracht gezogen. Die in diesem Rahmen durch Ministerentscheid linienbestimmte EK 5 (K 5n) Dremmen, Porselen, Lindern (Variante 4) scheiterte allerdings sowohl am regionalen Konsens als auch am Widerstand der Landwirtschaft (zu hoher Flächenverbrauch) und der Interventionen der Naturschutzbehörden und -verbände. Der Lösungsansatz zur Erschließung des Industriegebietes Geilenkirchen-Lindern bestand schließlich in der Aufnahme der L 364n als neue Ortsumgehung von Hückelhoven-Hilfarth in die Stufe 1 des Landesstraßenbedarfsplanes, wobei die Realisierung der EK 5 (K 5n) Dremmen, Porselen, Lindern formal nicht aufgegeben sondern lediglich zurückgestellt wurde.

Im Zusammenhang mit dem Neubau der L364n wurde mit Zustimmung des Kreistages in seiner Sitzung am 03.04.2003 im September 2003 mit dem Land NRW ein Vertrag über die Mitfinanzierung des 2. Abschnittes der L 364n (Ortsumgehung Hilfarth) sowie den Neubau einer K 14n (Ortsumgehung Brachelen) geschlossen. Die Höhe des Kreisanteils an den Herstellungskosten der v. g. Ortsumgehung wurde dabei auf den seinerzeit ermittelten Eigenanteil des Kreises für den Neubau der EK 5 (K 5n) Dremmen, Porselen, Lindern begrenzt.

Der Baubeginn zum planfestgestellten 1. Abschnitt der L 364n von der Autobahnanschlussstelle der A 46 bei Hückelhoven als Ortsumgehung bis zur „Rheinstraße“ westlich der L 117 bei Hilfarth wurde insbesondere wegen des hohen Sanierungsstaus des Landes NRW im Bereich der Verkehrsinfrastruktur durch das Land NRW mehrfach verschoben und nicht in Angriff genommen. In seinem Schreiben vom 26.05.2014 an den Landrat teilte Herr Verkehrsminister Groschek mit, dass sich die haushaltsrechtliche Geschäftsgrundlage aus Sicht des Landes NRW gegenüber 2003 derart geändert haben, dass ein Baubeginn der L 364n (1. Abschnitt) alsbald nicht in Aussicht gestellt werden könne.

 

Dezernent Nießen führt des Weiteren aus, dass es bzgl. der verkehrlichen Anbindung des Industriegebietes Geilenkirchen-Lindern keine einfachen und schnellen Lösungen geben werde. Als Handlungsoptionen sind in Betracht zu ziehen:

-        Vertragserfüllung des in 2003 geschlossenen Vertrages mit dem Land NRW zum Neubau                der L 364 n als Ortsumgehung Hückelhoven und Hilfarth einfordern (für die L 364n als              Ortsumgehung Hückelhoven besteht seit mehreren Jahren bereits Baurecht);

-        Eröffnung einer erneuten Variantendiskussion bzgl. der kommunalen Erschließung des   Industriegebietes Geilenkirchen-Lindern; zu nennen sind hier insbesondere nachfolgende           Streckenführungen:

         EK 5 (K 5n) von Dremmen, Porselen bis Lindern,

         K 24n / L 228n bei Würm, Leiffarth und Lindern und

         K 16 / K 22 / EK 5 (2. BA) zwischen der AS Dremmen der A 46 und Himmerich.

 

Nach Ansicht der Verwaltung kann die Lösung der jahrzehntelangen Erschließungsproblematik aber ggf. auch in einem neuen Ansatz bestehen. Dezernent Nießen sieht einen solchen beispielsweise darin, dass

-        die Gewerbeflächenentwicklung regelmäßig an vorhandenen Verkehrsachsen stattfin-   det und somit gemeinsam mit der Stadt Geilenkirchen und dem Land NRW zu überlegen        wäre, ob

-        das Industrieareal schrittweise und ggf. teilweise zu einem interkommunalen Gewer       bege-    biet mit regionaler Bedeutung abgestuft werden kann, wobei dies ohne Anrechnung        auf den                Gewerbeflächenbedarf des Kreises zu erfolgen habe (hierzu wären landesplanerische Aus-              nahmeregelungen im Rahmen der Regionalplanfortschreibung vorzusehen).

 

Vorteile der v. g. Vorgehensweise bestehen insbesondere in der

-        Verringerung der Haushaltsbelastung des Kreises und der Kommunen durch weniger       Neubauvorhaben zur Verkehrsinfrastruktur,

-        Reduzierung der Eingriffe in Natur und Landschaft sowie der Flächenversiegelung (letz-  terer Aspekt ist auch ein wichtiges Ziel der Fortschreibung zum Landesentwicklungsplan              NRW) und

-        Erleichterung zur Ansiedelung von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU).

 

Als praktisches Beispiel für v. g. interkommunale Erschließungsvorhaben nennt Dezernent Nießen das im Rhein-Erft-Kreis in Umsetzung befindliche Projekt „terra nova“, welches die Entwicklung eines Gewerbegebietes im Bereich des nördlichen Tagebaurandgebietes Hambach zum Ziel habe.

 

Die Präsentation der Verwaltung zum Sachstandsbericht Industriegebiet Geilenkirchen-Lindern ist der Niederschrift als Anlage beigefügt.