Sitzung: 06.06.2017 Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Generationenfragen
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 11, Nein: 3, Enthaltungen: 1
Vorlage: 0129/2017
Beschlussvorschlag:
Dem Trägerverbund der Freien
Wohlfahrtspflege im Kreis Heinsberg wird zur Durchführung der komplementären
sozialen Dienste in dieser Form für das Jahr 2017 letztmalig ein Zuschuss in
Höhe von 65.440 € gewährt.
Die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege im Kreis Heinsberg
erhält seit dem Jahr 2002 eine jährliche Förderung der komplementären
ambulanten Dienste. Zuletzt erfolgte die Förderung aufgrund des bis zum 31.
Dezember 2014 befristeten öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Kreis
Heinsberg und dem Trägerverbund der freien Wohlfahrtspflege vom 5. August 2010
in Höhe von jährlich 65.440,00 € und für die Jahre 2015 und 2016 in gleicher
Höhe auf Grund der Beschlüsse des Kreistages vom 30. September 2014 und 17.
Dezember 2015.
Der Kreissparkasse Heinsberg wurde jeweils vorgeschlagen, den genannten
jährlichen Zuschuss durch eine Spende in gleicher Höhe zu kompensieren.
Bei der Förderung der komplementären ambulanten Dienste handelt es sich
um eine freiwillige Leistung des Kreises Heinsberg.
Die Kreise sind zwar nach § 16 Abs. 2 Alten- und Pflegegesetz
Nordrhein-Westfalen (APG NRW; bis 15. Oktober 2014 § 14 Landespflegegesetz NW)
für die zur Umsetzung des Vorrangs der häuslichen Versorgung erforderlichen
komplementären ambulanten Dienste verantwortlich. Daraus lässt sich jedoch ein
Rechtsanspruch auf finanzielle Zuwendung gegenüber den Kreisen und kreisfreien
Städten nicht ableiten. Das Land fördert die komplementären ambulanten Dienste
seit 2003 nicht mehr.
Bereits in der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am
01. Dezember 2015 wurde auf die eingetretene und sich fortsetzende Dynamik der
Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen hingewiesen, die weitgehende
Auswirkungen auf die Erbringung und Ausgestaltung der komplementären Dienste
auch im Kreis Heinsberg haben. Zu nennen sind hier
- Inkrafttreten
des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG NRW) zum
16.10.2014,
- Inkrafttreten
des Ersten Pflegestärkungsgesetzes (PSG I) zum 01.01.2015,
- Inkrafttreten
des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) zum 01.01.2016,
- Inkrafttreten
des Dritten Pflegestärkungsgesetzes (PSG III) zum 01.01.2017,
- Inkrafttreten
der Verordnung über die Anerkennung von Angeboten zur Unterstützung im
Alltag und Förderung der Weiterentwicklung der Versorgungsstruktur in
Nordrhein-Westfalen (Anerkennungs- und Förderungsverordnung – AnFöVO) zum
01.01.2017.
Das
zum 16.10.2014 in Kraft getretene APG NRW normiert in § 2 die
Möglichkeit der qualitativen und raumbezogenen Gestaltung der Angebote. Über
ein valides Instrumentarium kann Unterstützungsbedürftigkeit rechtzeitig
erkannt und begegnet werden. Ältere bzw. pflegebedürftige Bürgerinnen und
Bürger können so in verlässliche und verbindliche Strukturen, die den
dauerhaften Verbleib im Quartier ermöglichen, vertrauen.
Auch aus der vom Kreistag in seiner Sitzung
am 12. März 2015 beschlossenen „Örtliche Planung – verbindliche Bedarfsplanung
des Kreises Heinsberg 2015 – 2018“ gem. § 7 Abs. 6 APG NRW – und der darin
verankerten Intensivierung des Prinzips „ambulant vor stationär“ – resultiert
ein weiterer Bedeutungszugewinn der komplementären (bzw. niedrigschwelligen)
ambulanten Angebotsstrukturen, die damit insgesamt einer umfassenden
Neuausrichtung bedürfen.
Im Rahmen dieses Prozesses erarbeitet der
Kreis derzeit eine sozialraumorientierte Altenhilfebedarfs- und Pflegeplanung,
die sich umfassend der Ergebnisse des laufenden Sozialraummonitorings bedienen
wird. Hieraus sollen die spezifischen Bedarfslagen alter und pflegebedürftiger
Menschen im Sozialraum bzw. Quartier abgeleitet und identifiziert werden.
Darauf aufbauend ist die Frage der Deckung
dieser Bedarfslagen zu diskutieren, wobei hier insbesondere die
Aufgabenverteilung auf die Träger der Wohlfahrtspflege, die Pflegekassen, die Kommunen und den Kreis Heinsberg zu
klären sein wird. An diesem Prozess sollen sowohl der Trägerverbund der freien
Wohlfahrtsträger als auch weitere Akteure im Bereich der Altenhilfe und –pflege
beteiligt werden.
Gegenstand der Überlegungen muss aber auch
die Aktualisierung der Finanzierung der in diese Altenhilfebedarfs- und Pflegeplanung
eingebetteten Angebote der komplementären Dienste sein, die zukünftig
transparent, qualitäts-, leistungs- und / oder personenbezogen sein soll. Das
derzeitige Modell der pauschalen Förderung ist insoweit nicht zielführend.
Die Verwaltung wird mit den beteiligten Akteuren zeitnah Gespräche über
die Neuausrichtung der komplementären sozialen Dienste führen.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt die
Verwaltung, für das Jahr 2017 letztmalig einen Förderzuschuss wie in den
Vorjahren zu gewähren.
Die Fraktionen der SPD und der Grünen
kritisieren, dass der Zuschuss in der jetzigen Form letztmalig gewährt werden
solle und dadurch ein erheblicher Zeitdruck auf die Wohlfahrtsverbände und die
Verwaltung zur Erarbeitung eines neuen Konzeptes entstehe.
Allgemeine Vertreterin Machat stellt klar,
dass die Förderung nahtlos im Rahmen der Neukonzeptionierung der Altenhilfe
unter Berücksichtigung des laufenden Sozialraummonitorings weitergeführt werden
soll.