Sitzung: 29.01.2018 Schulausschuss
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 11, Nein: 1, Enthaltungen: 3, Befangen: 0
Vorlage: 0322/2017
Beschlussvorschlag:
1. Die Janusz-Korczak-Schule des Kreises Heinsberg wird gemäß § 81 Schulgesetz NRW neu errichtet.
2. Die Janusz-Korczak-Schule wird ab dem Schuljahr 2018/2019 als Schule der Primar- und Sekundarstufe I neu errichtet.
3. Der Standort der Schule befindet sich in zentraler Lage im Kreis Heinsberg. Die Verwaltung wird beauftragt, die baulichen Voraussetzungen für einen geordneten Schulbetrieb zu schaffen. Soweit notwendig, sind bauliche Zwischenlösungen zu realisieren. Den zuständigen politischen Gremien werden zu gegebener Zeit entsprechende Beschlussvorschläge unterbreitet.
4. Es ist sicherzustellen, dass der Bestand der Förderschulen im Verbund – Mercator-Schule/Don-Bosco-Schule sowie Peter-Jordan-Schule – nicht gefährdet wird.
5. Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendige Genehmigung der oberen Schulaufsicht gemäß § 81 Abs. 3 Schulgesetz NRW einzuholen.
Auf der Grundlage des Beschlusses des Kreistages vom 18.12.2014 wurde die Förderschullandschaft im Kreis Heinsberg neu strukturiert und u. a. die Janusz-Korczak-Schule seit Beginn des Schuljahres 2015/2016 auslaufend aufgelöst. Mit Anträgen vom 06.07. und 27.08.2017 haben die CDU-Kreistagsfraktion sowie die FDP-Kreistagsfraktion beantragt zu prüfen, inwieweit im Rahmen der Schulpolitik der neuen NRW-Landesregierung ein Erhalt bestehender Förderschulstrukturen im Kreis Heinsberg realisiert werden könne. Mit Beschluss des Kreisausschusses vom 19.09.2017 wurde der Verwaltung ein entsprechender Auftrag erteilt. In der Sitzung des Schulausschusses am 19.10.2017 hat die Verwaltung ausführlich über die Förderschulsituation im Kreis Heinsberg und insbesondere über die Janusz-Korczak-Schule informiert (siehe TOP 6 der Niederschrift über die Sitzung des Schulausschusses). Zwischenzeitlich hat die Verwaltung in Gesprächen u. a. mit der unteren und oberen Schulaufsicht, den Leitern der Förderschulen und dem Schulentwicklungsplaner einen Lösungsvorschlag zum Erhalt der Janusz-Korczak-Schule erarbeitet, der eine Fortführung der Janusz-Korczak-Schule ab dem Schuljahr 2018/2019 wie bisher als Schule der Primar- und Sekundarstufe I vorsieht.
Aufgrund des Beschlusses des Kreisausschusses vom 08.11.2016 wurde die Projektgruppe Bildung und Region, Bonn, mit der Fortschreibung der im Jahre 2010 erstellten kreisweiten Schulentwicklungsplanung beauftragt. Das aktualisierte Schulentwicklungsgutachten liegt in seiner endgültigen Fassung derzeit noch nicht vor. Aufgrund der aktuellen Beschlusslage wurde ein Teilgutachten zum eventuellen Erhalt der Janusz-Korczak-Schule vorgezogen. Die wesentlichen Ergebnisse waren der Einladung des Schulausschusses als Anlage beigefügt; im Nachgang wurde das vollständige Teilgutachten „Förderschulen“ übersandt.
Für den 21.12.2017 hatte Landrat Pusch die Bürgermeister und Schulausschussvorsitzenden aller kreisangehörigen Städte und Gemeinden, die obere und untere Schulaufsicht, die Schulleitungen aller Förderschulen im Kreis Heinsberg sowie die Vertreter/innen der einzelnen Schulformen im Lenkungskreis des Regionalen Bildungsnetzwerkes zu einem Erörterungsgespräch eingeladen („Runder Tisch“ zur Schulentwicklungsplanung).
In dieser Sitzung wurde die eventuelle Neuerrichtung der Janusz-Korczak-Schule aus Sicht der Schulverwaltung, der Schulaufsicht und der Schulleitung beleuchtet. Dabei hat die Schulverwaltung die derzeitige Förderschulsituation im Kreis Heinsberg dargestellt, die organisatorischen und rechtlichen Aspekte einer evtl. Fortführung der Janusz-Korczak-Schule verdeutlicht und darauf verwiesen, dass die Janusz-Korczak-Schule derzeit noch in einem von der Stadt Geilenkirchen angemieteten Gebäude in Geilenkirchen-Hünshoven untergebracht ist. Die Stadt Geilenkirchen hat zwischenzeitlich den Mietvertrag mit Wirkung zum 31.07.2018 gekündigt.
Die untere Schulaufsicht hat in dem Gespräch deutlich
gemacht, dass es aus pädagogischer Sicht für einzelne Schülerinnen und Schüler
wichtig sei, in einem spezialisierten, kleinen System zielgleich beschult zu
werden. Aus schulfachlicher Sicht stelle die Beratung der Eltern über den zu
wählenden Förderort ihrer Kinder eine Herausforderung dar, die im Zusammenspiel
der Schulaufsicht und der Schulleitungen angegangen werde. Die aktuelle
Situation zeige, dass ein Bedarf für ein „Spezialsystem“ gegeben sei. Was die
Größe der Schule anbelange, so sei aus pädagogischer Sicht als auch mit Blick
auf die Lehrerversorgung und die für das Jahr 2019 zu erwartende
Mindestgrößenverordnung eine Schule mit ca. 100 Schülerinnen und Schülern
anzustreben.
Der Schulleiter der Janusz-Korczak- und der
Peter-Jordan-Schule, Sonderschulrektor Krüger, erläuterte, dass nach intensiven
Gesprächen mit dem Lehrerkollegium sowie den Schulleitungen der weiteren
Förderschulen die Erkenntnis bestehe, dass der Erhalt der Janusz-Korczak-Schule
sinnvoll sei. Die Qualität der sonderpädagogischen Förderung im Kreis werde
dadurch erhöht. Die Janusz-Korczak-Schule solle als Förderschule an einem
Standort mit dem Förderschwerpunkt „Emotionale und soziale Entwicklung“ für
Schüler/innen der Jahrgangsstufen 1 bis 10 konzipiert werden. Die
Klassenzusammensetzung solle jahrgangsübergreifend erfolgen, wodurch die
Janusz-Korczak-Schule ein eigenes Profil gegenüber den bestehenden
Förderschulen im Verbund erhalte. Weitere Profilunterschiede würden innerhalb
der Schulleiterrunde mit der unteren Schulaufsicht erarbeitet werden. Wichtig
sei eine enge Vernetzung der Schulen und der unteren Schulaufsicht bezüglich
der Elternberatung. Auf dieser Grundlage würden alle Beteiligten gemeinsam
dafür sorgen, dass es zu einer ausgeglichenen Schülerverteilung komme. Ziel sei
es, die notwendige individuelle Betreuung der Schülerinnen und Schüler
sicherzustellen. Dies gelinge in kleineren Systemen besser.
Festzustellen ist, dass bei einer eventuellen Fortführung der Janusz-Korczak-Schule im Kreis Heinsberg zukünftig zur Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt „Emotionale und soziale Entwicklung“ eine Wahl zwischen den allgemeinen Schulen und insgesamt drei Förderschulen an vier Standorten für die Eltern bestünde. Die in der Trägerschaft des Kreises Heinsberg stehende Mercator-Schule/Don-Bosco-Schule bietet weiterhin die Förderschwerpunkte „Emotionale und soziale Entwicklung“, „Lernen“ und „Sprache“ an den Standorten Gangelt und Oberbruch an.
Die Peter-Jordan-Schule, Hückelhoven, verfügt ebenfalls über diese drei Förderschwerpunkte. Die Janusz-Korczak-Schule würde ausschließlich den Förderschwerpunkt „Emotionale und soziale Entwicklung“ anbieten und das pädagogische Konzept auf die Beschulung der Schülerinnen und Schüler ausrichten, die einer verstärkten Förderung bedürfen.
Eine zunächst angestrebte Nutzung von ehemaligen Schulgebäuden der Stadt Heinsberg kann bedauerlicherweise nicht realisiert werden, da die Stadt dem Kreis am 11.01.2018 mitgeteilt hat, dass sie – aufgrund anderer Nutzungsnotwendigkeiten – dem Kreis Heinsberg kein Schulgebäude zur Miete bzw. zum Kauf anbieten könne.
Die jährlichen Kosten (Zuschussbedarf) der neu errichteten Janusz-Korczak-Schule sind u. a. abhängig von den Kosten für Schülerlernmittel und Ausstattungsbedarfe sowie den Schülerbeförderungskosten (Schülerspezialverkehr für die Primarstufenschüler/innen in Abhängigkeit des Wohnortes und der sonstigen Beförderungskosten). Nach einer ersten groben Schätzung belaufen sich aufgrund der Erfahrungswerte der vergangenen Jahre und nach derzeitigem Erkenntnisstand die jährlichen Kosten für den Schulträger auf ca. 250.000 €; nicht enthalten sind Gebäudekosten.
Gemäß § 81 Abs. 2 Schulgesetz NRW beschließt der Schulträger nach Maßgabe der Schulentwicklungsplanung über die Errichtung, die Änderung und die Auflösung einer Schule, für die das Land nicht Schulträger ist. Nach § 81 Abs. 3 Schulgesetz NRW bedarf der Beschluss des Schulträgers der Genehmigung durch die obere Schulaufsichtsbehörde. Die Schulentwicklungsplanung wurde gemäß § 80 Schulgesetz NRW mit den Schulträgern im Kreis Heinsberg abgestimmt.
Dezernent Dahlmanns informiert die Mitglieder des Schulausschusses u. a. über den aktuellen Sachstand zur Lösung der Gebäudefrage. Gespräche mit den Städten Heinsberg und Hückelhoven hätten verdeutlicht, dass diese keine Schulgebäude bzw. städtischen Grundstücke anbieten könnten. Es sei beabsichtigt, sobald eine bauliche Lösung gefunden sei, den zuständigen politischen Gremien (z. B. in einer gemeinsamen Bau- und Schulausschusssitzung) entsprechende Beschlussvorschläge vorzulegen.
Schulaufsichtsbeamtin Petry gibt ergänzende Informationen zu den inneren Schulangelegenheiten und verweist u. a. auf den Nutzen eines Spezialsystems. Eine Schule für den Primar- und Sekundarbereich mit insgesamt ca. 100 Schülerinnen und Schülern habe aus sonderpädagogischer Sicht Vorteile.
Schulentwicklungsplaner Krämer-Mandeau führt aus, dass in den Förderschwerpunkten „Lernen“ und „Emotionale und soziale Entwicklung“ etwa die Hälfte aller Schüler/innen an Regelschulen beschult würde. Dennoch lägen an den Verbundschulen Kapazitätsprobleme vor. Aus seiner Sicht wäre eine Schülerzahl von 90 an einer neu zu gründenden Schule realistisch, was etwa der Hälfte der Schüler/innen mit dem Förderschwerpunkt „Emotionale und soziale Entwicklung“ an den Verbundschulen entspräche. Ein weiteres Absinken der Schülerzahlen sei insgesamt nicht zu erwarten. Wichtige Rahmenbedingung sei neben der guten Ausstattung der Schule insbesondere eine zentrale Lage innerhalb des Kreises Heinsberg. Herausforderungen bestünden bei den Beratungen durch Schulen und durch die Schulaufsicht zur Unterstützung der Elternwahl.
Ausschussmitglied Paffen erläutert für die CDU-Kreistagsfraktion die Notwendigkeit des Handelns, da die Landesregierung mit der Aufhebung der Mindestgrößenverordnung neue Rahmenbedingungen geschaffen habe. Die Fortführung der Janusz-Korczak-Schule als spezielle Einrichtung mit einem zentralen Standort böte eine weitere Wahlmöglichkeit für die Eltern. Dabei sei durch entsprechende Beratung die Vermeidung der Gefährdung anderer Schulen oder Schulstandorte gewährleistet.
Ausschussmitglied Derichs betont im Wesentlichen, dass die SPD-Kreistagsfraktion die Bereitschaft zu einer gemeinsamen Lösung habe; allerdings könne dem Beschlussvorschlag in der vorgelegten Form nicht zugestimmt werden. Er regt an, Ziffer 1 des Beschlussvorschlages ersatzlos zu streichen und in Ziffer 3 das Wort „fortgeführt“ durch „neu errichtet“ zu ersetzen. Ziffer 4 lasse vermuten, dass eine bauliche Zwischenlösung auf die Unterbringung der Schüler/innen in Containerklassen hinauslaufe, was die SPD-Kreistagsfraktion nicht befürworten könne. In Ziffer 5 müsse seines Erachtens klarer herausgestellt werden, dass der Erhalt der anderen Schulen hohe Priorität habe. Er halte zudem eine Reaktivierung der ehemaligen Gebrüder-Grimm-Schule als Schulgebäude für vertretbar.
Ausschussmitglied van den Dolder spricht u. a. die Zuweisung der Schüler/innen auf die einzelnen Schulen und die Problematik der Beratungssituation an. Nach seiner Auffassung sei eine intensivpädagogische Förderung unstreitig nötig; dies werde aber an den bestehenden Verbundschulen bereits umfassend realisiert. Zudem empfehle sich, eine neue Schule nicht in unmittelbarer Nähe zu einer bestehenden Verbundschule zu errichten. Es gebe eine grundsätzliche Ressourcenproblematik bei zu kleinen Schulen; insbesondere hinsichtlich der Versorgung mit qualifizierten Sonderpädagogen/-pädagoginnen.
Ausschussmitglied Heim erklärt für die FDP-Kreistagsfraktion, dass man eine Korrektur der seinerzeitigen Entscheidung vor dem Hintergrund der neuen landespolitischen Vorgaben für erforderlich halte.
Auf Nachfrage erklärt Schulleiter Krüger, dass ein konkretes pädagogisches Konzept noch nicht erstellt worden sei. Eine Schule mit dem ausschließlichen Förderschwerpunkt „Emotionale und soziale Entwicklung“ erfordere ein kleineres Spezialsystem. Die Peter-Jordan-Schule mit mehr als 200 Schülerinnen und Schülern sei dafür bereits zu groß. Ein solches erfordere eine besonders qualifizierte Lehrerschaft, jahrgangsübergreifende Klassen und einen versierten Umgang mit häufigen unterjährigen Aufnahmen. Aus Sicht der Schulleitung seien weder Dependancen noch Teilstandorte optimal.
Weitere Fragen der Ausschussmitglieder zu aktuellen Schülerzahlen und den Raumsituationen an den Verbundschulen werden ausführlich von den Schulleitern Driessen und Krüger beantwortet. Zur Kostenfrage erläutert Dezernent Dahlmanns, dass im Rahmen des neuen Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes möglicherweise für einen Neubau Fördermittel zur Verfügung stünden. Ob und in welchem Umfang dies fördertechnisch möglich sei, werde derzeit von der Bezirksregierung geprüft.
Nach Abschluss der Diskussion formuliert Ausschussvorsitzende Reh folgenden modifizierten Beschlussvorschlag: