Beschluss: keine Beschlussfassung

     


 

 

Es wird auf den der Einladung zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 21.11.2018 als Anlage beigefügten Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 11.09.2018 verwiesen.

 

Frau Heidrun Schößler, Leiterin des Gesundheitsamtes, nimmt zu dem Antrag wie folgt Stellung:

 

 

Es wird die Einrichtung eines psychosozialen Krisendienstes mit multiprofessionellem Rund-um-die-Uhr-Service im Kreis Heinsberg als zentrales Unterstützungssystem der Daseinsfürsorge für Menschen mit Behinderungen, kofinanziert durch den Landschaftsverband Rheinland zusammen mit anderen Leistungsträgern, z.B. Krankenkassen, beantragt.

 

Der Antrag wird vor dem Hintergrund gestellt, dass psychiatrische Krisenhilfe über den Tag und die Nacht möglich sein müsse, um das Prinzip „ambulant vor stationär“ gewährleisten zu können. Des Weiteren wird angeführt, dass im Kreis Heinsberg in akuten Krisensituationen psychiatrische Beratung und Behandlung über Monate hinaus aufgrund von Kapazitätsdefiziten nicht möglich und die einzige Alternative in diesen Fällen die Notfallaufnahme in die ViaNobis Fachklinik in Gangelt sei.

 

Der im Antrag beschriebene Dienst ist aus medizinischer, psychologischer und sozialmedizinischer Sicht grundsätzlich zu befürworten und beinhaltet eine der Hauptaufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Nach § 16 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen gehören Beratung und Hilfen für Menschen mit geistigen und seelischen Behinderungen, psychisch Kranke und Abhängigkeitskranke sowie deren Angehörige zu den Pflichtaufgaben der unteren Gesundheitsbehörden. Der sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamtes nimmt diese Aufgaben seit vielen Jahren während der normalen Geschäftszeiten der Kreisverwaltung und darüber hinaus wahr. Dies geschieht sowohl in Form fest vereinbarter Beratungstermine oder spontaner Besuche im Rahmen der bekannten Sprechstunden als auch anlassbezogen als Krisenintervention oder als Maßnahme nach § 9 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (Psych-KG). Die Aufgaben des Fachdienstes umfassen insbesondere:

 

Hilfen in Krisensituationen, Abwehr von Gefährdungen

Klärung, Beratung und Hilfe bei psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen

Unterstützung nach einem Klinikaufenthalt

Vermittlung von weitergehenden therapeutischen, pflegerischen, begleitenden und sozialrechtlichen Hilfen

Beratungsgespräche und Hausbesuche, im Notfall auch kurzfristig

 

Außerhalb der Dienstzeiten des sozialpsychiatrischen Dienstes der Kreisverwaltung, insbesondere an Wochenenden, nachts und an Feiertagen stehen für Notfälle der ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung unter der bundesweiten kostenlosen Rufnummer 116117, die Notaufnahmen der Krankenhäuser und die Krisenhintergrunddienste der BeWo-Anbieter (für Vertragskunden, also Empfänger von Hilfen zum selbständigen Wohnen im Rahmen der Eingliederungshilfe) zur Verfügung. Mit Hilfe der genannten Institutionen ist somit ein 24-Stunden-Dienst für psychiatrische und psychosoziale Notfälle gewährleistet. Außerdem stehen unter der Rufnummer 0800/1110 -111 oder -222 rund um die Uhr kompetente Ansprechpartner der Telefonseelsorge Düren-Heinsberg-Jülich für Krisengespräche und Soforthilfen zur Verfügung. Weitere Beratungs- und Kontaktstellen können dem psychosozialen Adressbuch des Gesundheitsamtes entnommen werden, welches ständig aktualisiert wird und sowohl als Onlinedokument als auch als Druckausgabe verfügbar ist. Die Einrichtung eines zusätzlichen, rein psychiatrischen Krisendienstes mit 24/7 Bereitschaft im Kreis Heinsberg ist vor diesem Hintergrund aus fachlicher Sicht angesichts des damit verbundenen erheblichen finanziellen, personellen und logistischen Aufwandes nicht zu empfehlen. Die Erfahrungen des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Gesundheitsamtes haben zudem gezeigt, dass das Angebot im Kreis Heinsberg außerhalb der normalen Geschäftszeiten kaum in Anspruch genommen wird und somit nicht von einem rechtfertigenden Bedarf ausgegangen werden muss. Weder Köln, noch Düsseldorf noch andere größere Städte verfügen über einen entsprechenden Dienst. Selbst in Hamburg und München wird außerhalb der Sprechzeiten auf den allgemeinärztlichen Notdienst verwiesen.

 

Davon unabhängig zu betrachten ist das Angebot an psychiatrischen und psychologischen Behandlungsplätzen im Kreis Heinsberg. Die Sicherstellung eines dem Bedarf des Landkreises und den Bedürfnissen der Versicherten angemessenen Therapieangebotes ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigungen und des GKV-Spitzenverbandes, welche dem wachsenden Bedarf bereits mit verschiedenen Maßnahmen begegnen. Seit dem 01.04.2017 werden durch die seit Januar 2016 bestehenden Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen auch Termine für die „psychotherapeutische Sprechstunde und eine sich aus der Abklärung ergebende zeitnah erforderliche Behandlung“ vermittelt. Laut der neuen Psychotherapierichtlinie sind die Terminservicestellen verpflichtet, den Patientinnen und Patienten einen Termin beim Psychotherapeuten innerhalb von 4 Wochen anzubieten. Sollte dies nicht möglich sein, soll durch die Servicestellen ein Termin im Krankenhaus organisiert werden. Ein Anspruch auf einen „Wunschtherapeuten“ besteht bei der Vermittlung über die Servicestellen nicht. Sofern während dieser Ersttermine die Notwendigkeit zur Weiterbehandlung festgestellt wird, wird im Folgenden ein Therapieplatz durch die Servicestellen der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung gesucht. Somit kann auch im Bereich der psychiatrischen und psychologischen Beratung und Behandlung im Kreis Heinsberg von einer zunächst ausreichenden Versorgungsstruktur im Rahmen der Möglichkeiten ausgegangen werden. Die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zur Vermittlung von Facharzt- und Psychotherapieterminen ist von montags bis donnerstags 8:00 – 17:00 Uhr und freitags 08:00 - 13:00 Uhr unter folgender Telefonnummer erreichbar: 0211-59708988.

Die nachfolgende Diskussion zeigte auf, dass noch maßgebliche Hintergrundinformationen fehlen. Ausschussvorsitzender Dr. Kehren regt an, den Antrag zunächst zurückzunehmen und ggf. zur nächsten Sitzung neu zu stellen.

Ausschussmitglied Schwinkendorf nimmt daraufhin den Antrag für die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN zurück.