Sitzung: 18.12.2018 Kreistag
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 51, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: 0579/2018
Finanzielle Auswirkungen: |
können nicht beziffert werden |
Leitbildrelevanz: |
1; 2 |
Inklusionsrelevanz: |
ja |
Es wird auf den der Einladung zur Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 21.11.2018 als Anlage beigefügten Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 12.10.2018 verwiesen.
Herr
Andreas Louven, Leiter des Amtes für Soziales, nimmt in der Sitzung des
Ausschusses für Gesundheit und Soziales zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Kosten
für empfängnisverhütende Mittel können grundsätzlich nicht als
sozialhilferechtlicher Bedarf anerkannt und leistungsmäßig berücksichtigt
werden.
Die
Gewährung von Leistungen zur Bestreitung von Kosten für
Empfängnisverhütungsmittel einer über 20-jährigen Person ist als Hilfe zur
Gesundheit im Rahmen der Sozialhilfe ebenso ausgeschlossen wie im Rahmen der
gesetzlichen Krankenversicherung (Urteil des BSG vom 15.11.2012 -B 7 SO 6 /11
R).
Auch
nach den anderen Kapiteln des SGB XII und nach dem SGB II besteht nicht ohne
Weiteres die Möglichkeit, Leistungen für diesen Zweck zu erbringen,
insbesondere nicht als Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des SGB XII.
Damit
sind die Kosten für empfängnisverhütende Maßnahmen bzw. Mittel grundsätzlich
aus dem vorhandenen Einkommen bzw. der Regelleistung zu zahlen.
Allerdings
ist zu prüfen, ob es sich um einen besonders gelagerten Einzelfall handelt, in
dem sich ein höherer Anspruch auf der Grundlage einer unabweisbaren, erheblich
vom durchschnittlichen Bedarf abweichenden Bedarfslage ergibt, der dann mit
einer abweichenden Regelsatzfestsetzung gemäß § 21. Abs. 6 SGB II bzw. § 27a
Abs. 4 Satz 1 SGB XII begegnet werden kann.
Fest
steht damit, dass im Regelfall Leistungen zur Beschaffung von Verhütungsmitteln
nicht gewährt werden.
Diese
Situation wird in der Literatur seit Jahren kontrovers diskutiert. Der
Literatur ist ebenso zu entnehmen, dass es in der kommunalen Landschaft
verschiedene Ansätze gibt, bei bedürftigen Personen – freiwillig –
entsprechende Leistungen zu erbringen.
Bereits
im Jahre 2008 haben Donum Vitae e.V. und der AWO Kreisverband Heinsberg e. V.
die Einrichtung eines „Fonds zur Finanzierung von Sterilisationen in besonderen
finanziellen Notlagen“ vorgeschlagen. Nach Prüfung der Angelegenheit und
Erörterung mit den Vorsitzenden der seinerzeit im Kreistag vertretenen
Fraktionen wurde damals entschieden, keine Kreismittel für die Gründung eines
derartigen Fonds im Wege einer freiwilligen Leistung zur Verfügung zu stellen.
Vielmehr sollte die Möglichkeit eröffnet werden, spezielle Bedarfsfälle an den
Kreis herantragen zu können, um über das Fachamt im Einzelfall eine
Entscheidung zur Übernahme von Sterilisationskosten treffen zu lassen.
Begründet wurde dies damit, dass eine direkte Gewährung von Hilfen zur
Gesundheit nach dem 5. Kapitel des SGB XII als Ersatz oder Aufstockung der nach
dem SGB V nicht zu erbringenden Leistungen für die Empfängnisverhütung rechtlich
nicht vertretbar sei.
Im
Jahr 2011 stellten dann beide o. g. Vereine einen Antrag auf Einrichtung eines
„Verhütungsmittelfonds für Einkommensschwache“. Auch diesem Antrag wurde mit
der o. g. Begründung nicht entsprochen.
Seit
2009 erbringt das Amt für Soziales des Kreises Heinsberg absprachegemäß in
besonders gelagerten Einzelfällen, die über die AWO
Schwangerschaftsberatungsstelle oder über die Beratungsstelle Donum Vitae an
das Amt herangetragen werden, in Zusammenarbeit mit diesen Stellen gegebenenfalls
Leistungen zur Sterilisation. Es werden dann die entsprechenden Kosten gezahlt.
Danach
sind in den letzten Jahren jeweils in ein bis zwei Fällen Leistungen erbracht
worden:
2018:
2 Fälle
2017:
Fehlanzeige
2016:
1 Fall
2015:
1 Fall
2014:
Fehlanzeige
2013:
1 Fall
2012:
1 Fall
2011:
Fehlanzeige
2010:
2 Fälle.
Nicht
bekannt ist dem Amt für Soziales, ob und in wie vielen Fällen darüber hinaus in
den o. g. Beratungsstellen oder im Jobcenter bzw. in den kommunalen
Sozialämtern Hilfe zur Beschaffung von empfängnisverhütenden Maßnahmen bzw.
Mitteln nachgefragt wurde.
Nach
wie vor ist die Verwaltung der Auffassung, dass die regelhafte Gewährung von
Leistungen zur Beschaffung von Verhütungsmitteln an Frauen oder Männer mit
geringem Einkommen auf Grund der Rechtslage nicht möglich ist. Die Versorgung
in Notfällen im Hinblick auf Sterilisationen ist bereits sichergestellt. Die
Verwaltung nimmt den Antrag allerdings zum Anlass, die Zusammenarbeit mit den
Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen bezüglich der Versorgung mit
Verhütungsmitteln in besonders gelagerten Einzelfällen zu optimieren. Ein
diesbezügliches Weisungsrecht gegenüber dem Jobcenter hat der Kreis allerdings
nicht.
Mit
der Einrichtung eines Fonds im Sinne des Antrages würde der Kreis Heinsberg
freiwillige Leistungen erbringen, die die der gesetzlichen Krankenversicherung
und der Sozialhilfe übersteigen.
Erforderlich
ist die Erstellung einer Konzeption, in der mindestens die Höhe der
Fondseinlage, der berechtigte Personenkreis, die Leistungsvoraussetzungen,
Modalitäten der Leistungserbringung sowie der dem Kreis entstehende Personal-
und Sachaufwand beschrieben sind.
Soweit
beabsichtigt ist, Dritte – z. B. die o.g. Beratungsstellen - mit der Erstellung
der Konzeption und/oder der Leistungserbringung aus dem Fonds zu beauftragen,
sind hierbei die vergaberechtlichen Vorschriften einzuhalten.
Der
Vollständigkeit halber wird auch auf die Kostenübernahme von
Schwangerschaftsabbrüchen in besonderen Fällen hingewiesen. Das Land NRW ist im
Rahmen bestimmter Vermögens- und Einkommensgrenzen gesetzlich verpflichtet, die
Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch nach Beratungsreglung zu übernehmen.
Die Kostenübernahme muss vor dem Schwangerschaftsabbruch bei der jeweiligen gesetzlichen
Krankenversicherung beantragt werden.
Im
Ergebnis einigen sich die Ausschussmitglieder im Ausschuss für Gesundheit und
Soziales auf folgenden Beschlussvorschlag:
Beschlussvorschlag:
Die
Verwaltung wird beauftragt, in Vorüberlegungen zur Erstellung eines Konzepts
zur Erbringung von Leistungen zur Familienplanung einzutreten.