Landrat Pusch teilt in der Sitzung des Kreisausschusses am 05.02.2019 Folgendes mit:

 

„Perspektiven des Strukturwandels im Rheinischen Revier

 

Die Ergebnisse der seit Juni 2018 beratenden Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ liegen jetzt vor.

 

Grundlage der Arbeit der Kommission war der Auftrag der Bundesregierung, zur Erreichung der Klimaziele einen Weg zum früheren Ausstieg aus der Kohleverstromung aufzuzeigen und gleichzeitig den betroffenen Regionen – auch und gerade dem Rheinischen Revier – eine konkrete Perspektive für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze und einen geordneten Strukturwandel zu schaffen. Nach den Erkenntnissen der NRW-Landesregierung ist davon auszugehen, dass die Bundesregierung den Beschluss anerkennt und in Recht umsetzt.

 

Der Kreis Heinsberg ist über den Tagebau Garzweiler II auf Erkelenzer Stadtgebiet unmittelbar und massiv von den wirtschafts- und strukturpolitischen Entwicklungen betroffen. Hier lassen sich folgende Ergebnisse zusammenfassen:

 

-                        Die nach wie vor fehlende Planungssicherheit für die potenziellen Umsiedlungsstandorte auf Erkelenzer Stadtgebiet ist bedauerlich. Hier ist eine schnellstmögliche Regelung der Landesregierung wünschenswert.

-                        Hohe Erwartungen darf man hingegen – gerade auch für den Tagebaurand Garzweiler und den gesamten Kreis Heinsberg – im Hinblick auf die Umsetzung des strukturellen Wandlungsprozesses in der Region haben. Dies wurde im Rahmen einer nicht-öffentlichen Informationsveranstaltung am vergangenen Samstag durch NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart und Landrat Kreuzberg (Vertreter der Region in der Kommission) bekräftigt.

-                        Der Strukturwandel im Rheinischen Revier ist zweifellos eine Generationenaufgabe. In den nächsten 20 Jahren will der Bund deshalb die betroffenen Regionen in Deutschland mit 40 Mrd. Euro fördern – d.h. mit 2 Mrd. Euro pro Jahr. Für das Rheinische Revier werden – auch nach Aussagen der Landesregierung NRW – pro Jahr rd. 750 Mio. Euro an Förderung eingefordert.

-                        Um den Strukturwandel rund um den Tagebaurand Garzweiler in Erkelenz und in weiten Teilen des Kreises Heinsberg aktiv gestalten zu können, werden wir uns kurz-, mittel- und langfristig entsprechend aufstellen müssen – so wie wir das auch schon in den letzten Monaten getan haben.

Dass wir mit Strukturwandel umgehen können, haben wir in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt. Ich erwähne an dieser Stelle nur das Ende der industriellen Chemiefaserproduktion am Standort Heinsberg-Oberbruch, der militärische Konversionsprozess an gleich mehreren Standorten im Kreisgebiet und – nicht zuletzt – den Strukturwandel nach dem Ende des Steinkohlebergbaus auf Sophia-Jacoba. Die hier eingesetzten Fördermittel von EU, Bund und Land sind auf fruchtbaren Boden gefallen. Sie sind zielgenau in neue wirtschaftliche Strukturen, in neue Wertschöpfung und in neue Arbeitsplätze umgesetzt worden. Ohne Zweifel stehen wir heute im Kreis Heinsberg regionalwirtschaftlich besser da, als jemals zuvor.

-                        Doch zurück zu den Ergebnissen der Braunkohlekommission: Selbstverständlich sind wir im Rahmen des sog. Sofortprogramms, das Bestandteil des Kommissionberichts ist, mit einer Reihe von Maßnahmen vertreten. Dazu zählt u.a. die Tagebauumfeldentwicklung Garzweiler mit einem mittelfristigen Fördervolumen von mehr als 100 Mio. Euro und die Entwicklung der LEP-Fläche in Lindern. Ebenfalls im Portefolio sind wichtige Infrastrukturprojekte wie die S-Bahn-Anbindung Mönchengladbach-Erkelenz-Hückelhoven, der schienengebundene Lückenschluss Baal-Linnich oder das Innovationsprojekt HÜX im Bereich des autonomen Fahrens. Darüber hinaus werden wir in zahlreichen regionalen Gemeinschaftsvorhaben aus den Bereichen Digitalisierung, Mobilität, Tourismus und Wohnen involviert sein.

-                        Neben den Infrastrukturen sind aber vor allem Flächen wichtig – Flächen auf denen neue Unternehmen angesiedelt und Arbeitsplätze geschaffen werden können. Ebenso wichtig für die praktische Arbeit in der regionalen Wirtschafts- und Strukturentwicklung sind die im Kommissionspapier festgeschriebenen und von Minister Pinkwart noch einmal bekräftigten „bürokratischen Entlastungen in den Planungs- und Genehmigungsprozessen“ bei Infrastruktur- und Flächenentwicklungen (Stichwort: „Sonderwirtschaftszone“). Zentrale Feststellung dabei ist, dass die zur Entwicklung benötigten Flächen nicht nur zeitnah zur Verfügung gestellt werden sollen, sondern gerade auch die kommunale Ebene von zu leistenden Kofinanzierungsanteilen bei Projekten befreit werden soll.

-                        Besonders zu beachten ist die Ankündigung von erweiterten unternehmensbezogenen Investitionszuschüssen. Für die praktische Arbeit der Wirtschaftsförderung und Strukturentwicklung sind gerade die zuvor genannten Aspekte von wesentlicher Bedeutung. Deshalb haben wir uns in letzten Monaten besonders dafür eingesetzt.

 

Perspektivisch betrachtet, ist klar, dass wir uns jetzt, da mit den Empfehlungen der Kohlekommission eine Leitlinie vorliegt, regional gemeinsam mit Erkelenz und dem Zweckverband Garzweiler, auf Ebene des Zweckverbandes Region Aachen und der Zukunftsagentur Rheinisches Revier für unsere Belange als Kreis Heinsberg weiter stark machen müssen. In den vergangenen Monaten haben das auf der operativen Ebene in den entsprechenden Gremien der Region Aachen und der Zukunftsagentur Rheinisches Revier bereits unsere Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die politischen Vertreter des Kreises und der Landrat als Verbandsvorsteher des Zweckverbandes übernommen. Nun wird es sozusagen „ernst“ und es gilt, weitere konkrete Vorhaben und Projekte zu definieren und auf den Weg zu bringen.

 

Ich sehe dabei eine wichtige neue Aufgabe für unsere WFG, aber auch für viele Bereiche der Kreisverwaltung. Gegebenenfalls muss die Ressourcenausstattung gestärkt und entsprechend den neuen Anforderungen aufgestellt werden. Ziel muss es sein, in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gemeinsam mit dem Zweckverband Garzweiler in unserem Sinne kraftvoll agieren zu können.“