Beschluss: zur Kenntnis genommen

   


Herr Andreas Louven, Leiter des Amtes für Soziales, berichtet hierzu wie folgt:

 

Wie in der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 13.03.2019 mitgeteilt, stellt die Verwaltung Überlegungen zur Verbesserung der Inanspruchnahme und des Ablaufs des Antrags- und Bewilligungsverfahrens für die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets an.

 

Da Münster und Hamm im seinerzeitigen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.02.2019 explizit benannt worden sind, wurden diese, das Jobcenter Steinfurt (alles Optionskommunen) und das Jobcenter Neumünster (gemeinsame Einrichtung) als Betreiber einer Kartenlösung zu Verfahrensablauf und bisherigen Erfahrungen befragt.

 

Dort werden für jedes beantragende Kind einzelne Leistungen unabhängig vom konkreten Bedarf pauschal auf eine Karte geladen. Bei keiner der genannten Einrichtungen werden alle Leistungen über eine Karte abgerechnet.

 

Diese „pauschale“ Aufladung war auch Grundlage der Statistikmeldung, die den „Empirischen Befunden zum Bildungs- und Teilhabepaket“ der Paritätischen Forschungsstelle zugrunde lag. Eine Angabe, in welcher Höhe diese Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen und ausgezahlt worden sind, war den genannten Stellen nicht möglich.

 

Die befragten Kommunen arbeiten mit der Fa. Sodexo zusammen, die die Karten herausgibt und die von der Karte durch einen Leistungsanbieter (z. B. Verein) abgebuchten Leistungen mit der Kommune abrechnet. Die Aufladung/Bewilligung erfolgt in der Software Sodexo. In den Optionskommunen gibt es eine Schnittstelle zwischen der Sozialamtssoftware und Sodexo. Da die Bundesagentur für Arbeit keine Schnittstellen zu ihren Programmen zulässt, müssen die Leistungen im Bereich des Jobcenters als gemeinsame Einrichtung doppelt - in zwei verschiedenen Programmen - erfasst werden.

 

Die Leistungsanbieter, die von der Karte abbuchen können, müssen zunächst freigeschaltet werden. Die Prüfung der Solidität der Leistungsanbieter vor der Freischaltung wird unterschiedlich gehandhabt - von einfacher Internetrecherche bis zur Anforderung von Führungszeugnissen, Studienbescheinigungen, Gewerbeanmeldungen oder Anfragen beim Verfassungsschutz.

 

Zwischen allen Leistungsanbietern und den Kommunen werden i. d. R. Leistungsvereinbarungen geschlossen, um Rückforderungen bei falschen Abbuchungen realisieren zu können.

Im Bereich der BuT-Leistungen in Schulen - Ausflüge, Klassenfahrten, z. T. Mittagsverpflegung - werden teilweise die Schulsekretärinnen geschult, damit diese für die berechtigten Kinder innerhalb der bewilligten Zeiträume die Leistungen abbuchen. Unzulässige Abbuchungen werden von den befragten Kommunen zurückgebucht.

 

Die Fa. Sodexo rechnet die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen einmal monatlich mit der betroffenen Kommune ab und zahlt diese kurz darauf an die Leistungserbringer aus.

 

Die Prüfung der Abbuchungen findet in unterschiedlicher Intensität statt - von monatlichen Stichproben, bei denen Betrugsversuche entdeckt wurden, bis zu jährlichen stichprobenartigen Kontrollen. Im Bereich des Jobcenters Münster hat seit Einführung der Karte 2015 überhaupt keine Prüfung stattgefunden.

 

Wichtige Elemente einer guten kommunalen Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets sind laut der Kurzexpertise der Paritätischen Forschungsstelle

 

- ein vereinfachtes Antragsverfahren,

- elektronische Abrechnungssysteme und

- intensive Informations- und Öffentlichkeitsarbeit.

 

Gleichwohl muss die Umsetzung den rechtlichen Rahmenbedingungen sowie den Grundsätzen einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung entsprechen.

 

In der Gesamtbetrachtung hält die Verwaltung die Kartenlösung der Fa. Sodexo mit einer pauschalen Bereitstellung von Mitteln nicht für überzeugend.

 

Im Kreis Heinsberg werden alle Leistungen bei Bedarf bewilligt, wenn ein Antrag für das laufende Schuljahr vorliegt. Dabei reicht es, wenn der jeweilige Bedarf nachgewiesen wird (z. B. anstehende Klassenfahrt). Bis 2022 muss auch beim Kreis Heinsberg nach dem Onlinezugangsgesetz die BuT-Antragstellung online möglich sein.

 

Eine pauschale Bewilligung von monatlichen Leistungen begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Nach § 28 SGB II bzw. § 34 SGB XII werden verschiedene „Bedarfe“ berücksichtigt. Sofern ein solcher Bedarf nicht vorliegt, darf keine - und damit erst recht auch keine pauschale - Bewilligung erfolgen.

 

Dem Landesministerium (MAGS) gegenüber ist jährlich zu testieren, dass die getätigten Ausgaben begründet und belegt sind und die Bewilligung unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfolgte. Diesen Erfordernissen genügt die Leistungsgewährung über eine Pauschale nicht.

 

Bei Einzelbewilligungen ist der Vorteil der Kartenabrechnung - sowohl für den Kreis als auch für die Leistungsempfänger oder die Leistungserbringer - nicht erkennbar. Beim bisherigen Verfahren werden Gutscheine ausgestellt, die vom Leistungsanbieter an den Kreis zur Abrechnung zurückgeschickt werden. Würden stattdessen in jedem Einzelfall Karten mit Leistungen aufgeladen, deren Inanspruchnahme der Leistungsanbieter über eine Software ermöglicht und deren Abrechnung der Kreis bzw. das Jobcenter prüft, würde sich gegenüber der jetzigen Verfahrensweise - bei zusätzlichen Kosten für das Kartenverfahren und die doppelte Datenerfassung beim Jobcenter - im Ergebnis nichts ändern.

Die Fa. Sodexo hat die für den Kreis anfallenden Kosten für die Einführung und Nutzung der Karten mit ca. 15.000 € - 25.000 € jährlich beziffert.

 

Die BuT-Leistungsabrechnung über die Sodexo-Karte wäre für das Jobcenter Kreis Heinsberg mangels Schnittstelle zum Fachverfahren „Allegro“ mit erheblicher Mehrarbeit verbunden, weil keine Schnittstellen zu „Allegro“ zulässig sind (s. o.). Die Leistungen im Bereich des Jobcenters Kreis Heinsberg müssen daher in zwei verschiedenen Programmen erfasst werden.

 

 

Zu berücksichtigen ist des Weiteren Folgendes:

 

Im Bereich „Bildung und Teilhabe“ führt das kürzlich verabschiedete „Starke-Familien-Gesetz“ sowohl im Verfahren als auch im Leistungsumfang zu deutlichen Verbesserungen:

 

  • Ein gesonderter Antrag auf BuT-Leistungen ist nur noch für Lernförderungsleistungen erforderlich, ansonsten impliziert der Antrag auf SGB-II- und SGB-XII-Leistungen bereits auch die BuT-Leistungen. Für Kinderzuschlag- und Wohngeldbezieher ist auch weiterhin ein Antrag erforderlich, da der anspruchsberechtigte Personenkreis nicht bekannt ist.

 

  • Für (eintägige) Schulausflüge kann eine Sammelabrechnung für alle Schüler einer Schule erfolgen, wenn die Schule das so beantragt, die Leistungen für die leistungsberechtigten Schülerinnen und Schüler verauslagt und sich die Leistungsberechtigung von diesen nachweisen lässt. Für Klassenfahrten gilt das nicht.

 

  • Für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf werden zukünftig insgesamt 150,00 € statt bisher 100,00 € pro Schuljahr gewährt. Dieser Betrag wird ab 2020 kalenderjährlich fortgeschrieben.

 

  • Der Eigenanteil an der Mittagsverpflegung von 1,00 € pro Mahlzeit entfällt. Diese Regelung vereinfacht das Verfahren sowohl für den Kreis/das Jobcenter als auch für die Eltern und die Anbieter der Mittagsverpflegung.

 

·         Leistungen der Lernförderung sind auch möglich, wenn die Versetzung nicht gefährdet ist.

 

·         Der Eigenanteil bei Schülerbeförderungskosten von 5,00 € pro Monat entfällt.

 

  • Als Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben konnten bisher monatlich 10,00 € beim Nachweis entsprechender Aufwendungen berücksichtigt werden. Zukünftig werden, wenn tatsächliche Aufwendungen für Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, Unterricht in künstlerischen Fächern oder Freizeiten entstehen, 15,00 € monatlich pauschal berücksichtigt.

 

Es können auch weitere tatsächliche Aufwendungen in diesem Zusammenhang über die 15,00 € hinaus berücksichtigt werden, wenn es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden kann, den nachgewiesenen Bedarf aus den 15,00 € und aus dem Regelsatz zu bestreiten.

 

Die Verwaltung ist weiterhin bemüht, Möglichkeiten zur Verbesserung der Inanspruchnahme  des Bildungs- und Teilhabepaketes im Kreis Heinsberg zu erschließen. Hierzu muss nach Überzeugung der Verwaltung der Bekanntheitsgrad der Leistung deutlich erhöht werden. Entsprechende Überlegungen werden angestellt.