Sitzung: 16.05.2019 Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Generationenfragen
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: 0079/2019
Herr Andreas
Louven, Leiter des Amtes für Soziales, berichtet hierzu wie folgt:
Wie in der Sitzung
des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am 13.03.2019 mitgeteilt, stellt
die Verwaltung Überlegungen zur Verbesserung der Inanspruchnahme und des
Ablaufs des Antrags- und Bewilligungsverfahrens für die Leistungen des
Bildungs- und Teilhabepakets an.
Da Münster und Hamm
im seinerzeitigen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.02.2019
explizit benannt worden sind, wurden diese, das Jobcenter Steinfurt (alles
Optionskommunen) und das Jobcenter Neumünster (gemeinsame Einrichtung) als
Betreiber einer Kartenlösung zu Verfahrensablauf und bisherigen Erfahrungen
befragt.
Dort werden für
jedes beantragende Kind einzelne Leistungen unabhängig vom konkreten
Bedarf pauschal auf eine Karte geladen. Bei keiner der genannten Einrichtungen
werden alle Leistungen über eine Karte abgerechnet.
Diese „pauschale“
Aufladung war auch Grundlage der Statistikmeldung, die den „Empirischen
Befunden zum Bildungs- und Teilhabepaket“ der Paritätischen Forschungsstelle
zugrunde lag. Eine Angabe, in welcher Höhe diese Leistungen tatsächlich in
Anspruch genommen und ausgezahlt worden sind, war den genannten Stellen nicht
möglich.
Die befragten
Kommunen arbeiten mit der Fa. Sodexo zusammen, die die Karten herausgibt und
die von der Karte durch einen Leistungsanbieter (z. B. Verein) abgebuchten
Leistungen mit der Kommune abrechnet. Die Aufladung/Bewilligung erfolgt in der
Software Sodexo. In den Optionskommunen gibt es eine Schnittstelle zwischen der
Sozialamtssoftware und Sodexo. Da die Bundesagentur für Arbeit keine
Schnittstellen zu ihren Programmen zulässt, müssen die Leistungen im Bereich
des Jobcenters als gemeinsame Einrichtung doppelt - in zwei verschiedenen
Programmen - erfasst werden.
Die
Leistungsanbieter, die von der Karte abbuchen können, müssen zunächst
freigeschaltet werden. Die Prüfung der Solidität der Leistungsanbieter vor der
Freischaltung wird unterschiedlich gehandhabt - von einfacher Internetrecherche
bis zur Anforderung von Führungszeugnissen, Studienbescheinigungen,
Gewerbeanmeldungen oder Anfragen beim Verfassungsschutz.
Zwischen allen
Leistungsanbietern und den Kommunen werden i. d. R. Leistungsvereinbarungen
geschlossen, um Rückforderungen bei falschen Abbuchungen realisieren zu können.
Im Bereich der
BuT-Leistungen in Schulen - Ausflüge, Klassenfahrten, z. T. Mittagsverpflegung
- werden teilweise die Schulsekretärinnen geschult, damit diese für die
berechtigten Kinder innerhalb der bewilligten Zeiträume die Leistungen
abbuchen. Unzulässige Abbuchungen werden von den befragten Kommunen
zurückgebucht.
Die Fa. Sodexo rechnet
die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen einmal monatlich mit
der betroffenen Kommune ab und zahlt diese kurz darauf an die
Leistungserbringer aus.
Die Prüfung der
Abbuchungen findet in unterschiedlicher Intensität statt - von monatlichen Stichproben,
bei denen Betrugsversuche entdeckt wurden, bis zu jährlichen stichprobenartigen
Kontrollen. Im Bereich des Jobcenters Münster hat seit Einführung der Karte
2015 überhaupt keine Prüfung stattgefunden.
Wichtige Elemente
einer guten kommunalen Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets sind laut der
Kurzexpertise der Paritätischen Forschungsstelle
- ein vereinfachtes
Antragsverfahren,
- elektronische
Abrechnungssysteme und
- intensive
Informations- und Öffentlichkeitsarbeit.
Gleichwohl muss die
Umsetzung den rechtlichen Rahmenbedingungen sowie den Grundsätzen einer
wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung entsprechen.
In der
Gesamtbetrachtung hält die Verwaltung die Kartenlösung der Fa. Sodexo mit einer
pauschalen Bereitstellung von Mitteln nicht für überzeugend.
Im Kreis Heinsberg
werden alle Leistungen bei Bedarf bewilligt, wenn ein Antrag für das laufende Schuljahr vorliegt. Dabei reicht es,
wenn der jeweilige Bedarf nachgewiesen wird (z. B. anstehende
Klassenfahrt). Bis 2022 muss auch beim Kreis Heinsberg nach dem
Onlinezugangsgesetz die BuT-Antragstellung online möglich sein.
Eine pauschale
Bewilligung von monatlichen Leistungen begegnet durchgreifenden rechtlichen
Bedenken. Nach § 28 SGB II bzw. § 34 SGB XII werden verschiedene „Bedarfe“
berücksichtigt. Sofern ein solcher Bedarf nicht vorliegt, darf keine - und
damit erst recht auch keine pauschale - Bewilligung erfolgen.
Dem
Landesministerium (MAGS) gegenüber ist jährlich zu testieren, dass die
getätigten Ausgaben begründet und belegt sind und die Bewilligung unter
Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfolgte.
Diesen Erfordernissen genügt die Leistungsgewährung über eine Pauschale nicht.
Bei Einzelbewilligungen
ist der Vorteil der Kartenabrechnung - sowohl für den Kreis als auch für die
Leistungsempfänger oder die Leistungserbringer - nicht erkennbar. Beim
bisherigen Verfahren werden Gutscheine ausgestellt, die vom Leistungsanbieter
an den Kreis zur Abrechnung zurückgeschickt werden. Würden stattdessen in jedem
Einzelfall Karten mit Leistungen aufgeladen, deren Inanspruchnahme der
Leistungsanbieter über eine Software ermöglicht und deren Abrechnung der Kreis
bzw. das Jobcenter prüft, würde sich gegenüber der jetzigen Verfahrensweise -
bei zusätzlichen Kosten für das Kartenverfahren und die doppelte Datenerfassung
beim Jobcenter - im Ergebnis nichts ändern.
Die Fa. Sodexo hat
die für den Kreis anfallenden Kosten für die Einführung und Nutzung der Karten
mit ca. 15.000 € - 25.000 € jährlich beziffert.
Die
BuT-Leistungsabrechnung über die Sodexo-Karte wäre für das Jobcenter Kreis
Heinsberg mangels Schnittstelle zum Fachverfahren „Allegro“ mit erheblicher
Mehrarbeit verbunden, weil keine Schnittstellen zu „Allegro“ zulässig sind (s.
o.). Die Leistungen im Bereich des Jobcenters Kreis Heinsberg müssen daher in
zwei verschiedenen Programmen erfasst werden.
Zu berücksichtigen
ist des Weiteren Folgendes:
Im Bereich „Bildung
und Teilhabe“ führt das kürzlich verabschiedete „Starke-Familien-Gesetz“ sowohl
im Verfahren als auch im Leistungsumfang zu deutlichen Verbesserungen:
- Ein gesonderter Antrag auf
BuT-Leistungen ist nur noch für Lernförderungsleistungen erforderlich,
ansonsten impliziert der Antrag auf SGB-II- und SGB-XII-Leistungen bereits
auch die BuT-Leistungen. Für Kinderzuschlag- und Wohngeldbezieher ist auch
weiterhin ein Antrag erforderlich, da der anspruchsberechtigte
Personenkreis nicht bekannt ist.
- Für (eintägige) Schulausflüge kann eine
Sammelabrechnung für alle Schüler einer Schule erfolgen, wenn die Schule
das so beantragt, die Leistungen für die leistungsberechtigten
Schülerinnen und Schüler verauslagt und sich die Leistungsberechtigung von
diesen nachweisen lässt. Für Klassenfahrten gilt das nicht.
- Für die Ausstattung mit persönlichem
Schulbedarf werden zukünftig insgesamt 150,00 € statt bisher 100,00 €
pro Schuljahr gewährt. Dieser Betrag wird ab 2020 kalenderjährlich
fortgeschrieben.
- Der Eigenanteil an
der Mittagsverpflegung von 1,00 € pro Mahlzeit entfällt. Diese Regelung
vereinfacht das Verfahren sowohl für den Kreis/das Jobcenter als auch für
die Eltern und die Anbieter der Mittagsverpflegung.
·
Leistungen
der Lernförderung sind auch möglich, wenn die Versetzung nicht gefährdet ist.
·
Der
Eigenanteil bei Schülerbeförderungskosten von 5,00 € pro Monat entfällt.
- Als Bedarf zur
Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben konnten bisher monatlich 10,00
€ beim Nachweis entsprechender Aufwendungen berücksichtigt werden.
Zukünftig werden, wenn tatsächliche Aufwendungen für Aktivitäten in den
Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit, Unterricht in
künstlerischen Fächern oder Freizeiten entstehen, 15,00 € monatlich
pauschal berücksichtigt.
Es können auch weitere tatsächliche
Aufwendungen in diesem Zusammenhang über die 15,00 € hinaus berücksichtigt
werden, wenn es den Leistungsberechtigten im Einzelfall nicht zugemutet werden
kann, den nachgewiesenen Bedarf aus den 15,00 € und aus dem Regelsatz zu
bestreiten.
Die Verwaltung ist weiterhin bemüht, Möglichkeiten zur Verbesserung der Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepaketes im Kreis Heinsberg zu erschließen. Hierzu muss nach Überzeugung der Verwaltung der Bekanntheitsgrad der Leistung deutlich erhöht werden. Entsprechende Überlegungen werden angestellt.