Beschlussvorschlag:
Zur
Schaffung der Voraussetzungen für die Umsetzung von Quartierskonzepten sind
a.
ein
kreisweites Sozialmonitoring ab dem 1.01.2014 als Bestandteil einer
kontinuierlichen Sozialberichterstattung des Kreises einzuführen
und
b. die hierfür erforderlichen Sozialraumdefinitionen im Vorhinein mit den kreisangehörigen Kommunen festzulegen.
1.
Jugendhilfe
Nach § 80 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Planungsverantwortung ein bedarfsgerechtes Angebot an Einrichtungen und Diensten vorzuhalten. Dabei sind die Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten für einen mittelfristigen Zeitraum zu berücksichtigen.
Es ist davon auszugehen, dass durch den demographischen Wandel zukünftig große Herausforderungen an die Jugendhilfe gestellt werden. Nicht nur die Bevölkerungsstruktur wird sich ändern, sondern auch die Lebenssituationen von Menschen. Hier sei auf Segregation, Verteilung von Bildungschancen und Häufung der Armutsrisiken hingewiesen.
Ziele der Jugendhilfeplanung müssen u. a. sein:
- Schaffung eines bedarfsorientierten Angebots im Rahmen der Hilfe zur Erziehung, damit Eltern ortsnah in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt und begleitet werden können.
- Weiterentwicklung der bestehenden Betreuungsangebote für Kinder, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen.
- Förderung und Schaffung von Angeboten im Bereich der Freizeitaktivitäten (Vereinsleben, Kultur, etc.).
- Vermeidung von Kinder- und Jugendkriminalität.
- Knapper werdende finanzielle Ressourcen bedarfsgerecht einzusetzen.
Hierzu sind die Lebenslagen der Kinder und Jugendlichen sowie der Familien zu analysieren.
Die üblichen, kleinräumigen statistischen Angaben beziehen sich nur auf Einwohner nach Geschlecht, Alter und Staatsangehörigkeit.
Es fehlen jedoch Aussagen über sozio-ökonomische Situationen der Kinder, Jugendlichen und Familien sowie die systematische Erfassung der im Sozialraum vorhandenen Unterstützungsstrukturen.
Die Gewinnung von Sozialdaten mit kleinräumigem Bezug ist daher notwendig.
2.
Altenhilfe
Die Kommunen des Kreises Heinsberg werden in den nächsten Jahren mit einer gewaltigen Herausforderung konfrontiert. Der sich abzeichnende demografische und soziale Wandel wird zu einem massiv steigenden Pflegebedarf bei gleichzeitig sinkendem familiären Pflegepotenzial und begrenzten öffentlichen Finanzen führen. Um die Sozialsysteme, hier insbesondere die Altenhilfe, zukünftig bedarfsgerecht und zugleich finanzierbar zu gestalten, bedarf es einer sozialpolitischen Neuausrichtung, die zunächst vorrangig in der Seniorenpolitik umgesetzt werden soll.
Experten fordern in der Seniorenpolitik eine grundlegende Strukturreform ein, in deren Zentrum folgende Ziele stehen:
- Begrenzung des Pflegeanstiegs durch Prävention und Rehabilitation
- Höhere Wirksamkeit des Mitteleinsatzes durch Strukturreformen
- Wahrnehmung von Pflege als Aufgabe der gesamten Gesellschaft
Hieraus lässt sich
ein Paradigmenwechsel ableiten. Die Schaffung reiner Versorgungsstrukturen
tritt in den Hintergrund und anstelle dessen tritt die Stärkung des „normalen“
Wohnens und der Mitwirkung und Teilhabe in den Vordergrund. Die herkömmlichen
Versorgungskonzepte für pflegebedürftige Menschen (aber auch anderer Menschen
mit Unterstützungsbedarf) im Sinne entweder der familiären Betreuung oder der
professionellen Versorgung in spezialisierten Einrichtungen, sind allein nicht
mehr ausreichend. Es sind lokale, gemeinwesenorientierte Wohn- und
Assistenzangebote notwendig, die generationenübergreifend zu kleinräumigen
Unterstützungsstrukturen führen. Es geht dabei um den Aufbau und die
Realisierung einer neuen Kultur des Miteinanders und der geteilten
Verantwortung von Familien, bürgerschaftlich Engagierten und professionellen
Dienstleistern. Dadurch wird die gesamte Versorgung menschlicher,
leistungsfähiger und auch effizienter.
Da der demografische
Wandel dort stattfindet, wo die Menschen leben, in den Kommunen und
Wohn-Quartieren, muss dementsprechend der lokale Sozialraum zentral in den
Mittelpunkt aller Reformbestrebungen gerückt werden. Nur dort kann eine neue
Kultur des sozialen Miteinanders wachsen. Dort müssen die Kräfte aller Akteure
zusammengeführt und gebündelt werden. Zudem muss dort im Sinne einer Teilhabekultur, die Gestaltungskompetenz
angesiedelt werden.
Dies erfordert
insbesondere eine enge und kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Kreis und
den kreisangehörigen Kommunen .
Mit neuen Wohn- und
Assistenzangeboten im Quartier können Prävention, Eigeninitiative und
gegenseitige Hilfe gestärkt, neue Hilfe-Mix-Modelle realisiert und
bürgerschaftliches Engagement integriert werden.
3.
Folgende Voraussetzungen sind zu
schaffen:
a) Einführung
eines kreisweiten Sozialmonitoring-Systems
Für den Einstieg in die Quartiersentwicklung wird der Aufbau eines
Sozialmonitoring-Systems erforderlich erachtet, da die politisch
Verantwortlichen und die im Sozialraum handelnden Akteure wissen müssen, welche sozialen Probleme in
welchem Ausmaß heute in diesem vorliegen bzw. diesen zukünftig prägen werden.
In einem weiteren Schritt sind kleinteilig alle Unterstützungssysteme des
Sozialraumes detailliert in dieses System zu integrieren. Durch die Umsetzung
dieses Sozialmonitoring-Konzeptes können die Voraussetzungen dafür geschaffen
werden, dass die kommunale Sozialpolitik Handlungsbedarfe frühzeitig erkennt.
Sowohl das Ziel der sozialen Teilhabe (Inklusion) der Bürgerinnen und
Bürger im kommunalen Verantwortungsbereich als auch die Stärkung des
eigenverantwortlichen Handelns jedes
Einzelnen und die Erhöhung der Lebensbewältigungskompetenz können hierüber
positiv beeinflusst werden. Darüber hinaus kann über diesen Zugang aktiv
steuernd in die laufenden Prozesse prozessoptimierend eingegriffen werden, so
dass Exklusion vermieden wird.
„Zur Steuerung der sozialen Infrastruktur und eines wirkungsvollen
Mitteleinsatzes sowie zur Vermeidung von Fehlentwicklungen in einzelnen
Sozialräumen bedarf es der Weiterentwicklung der sozialfachlichen Instrumente
zu einer kontinuierlichen Sozialberichterstattung“. (Städte- und
Gemeindebund-Leitbild kommunaler Sozialpolitik, April 2007)
Die Indikatoren sollen sich an den Empfehlungen der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (Materialien Nr. 4/2009) orientieren.
Die Berichterstattung soll turnusmäßig erfolgen; dabei soll der Zeitintervall 2 Jahre nicht überschreiten.
b) Definition
von Sozialräumen im Kreisgebiet als Voraussetzung für die Einführung einer
Sozialraumorientierung
Sozialmonitoring ist integraler Bestandteil und ein Instrument Moderner Sozialplanung, die auf die
Gestaltung von Lebensräumen abzielt. Deswegen bezieht sich Moderne Sozialplanung, sowohl in der Entwicklung als auch in der
Umsetzung der strategischen Zielsetzungen, immer auf den konkreten Lebensbezug
der Bürgerinnen und Bürger. Sozialplanung agiert dann sozialraumorientiert, wenn
sie die gebildeten Sozialräume beschreiben kann, die sozialraumorientierten
Indikatoren abgebildet hat, von ihr die sozialraumbezogenen Ziele definiert
wurden, eine sozialraumorientierte Beteiligung erfolgt ist und ein am
Sozialraum orientiertes Management der Prozesse festgelegt wurde.
Die Definition von Sozialräumen sollte sich an einer Einwohnerzahl von ca. 10.000 – 15.000 Einwohnern orientieren, damit Aussagen mit statistischer Validität gewährleistet werden können. Die Bildung von Sozialräumen ist in enger Abstimmung mit den kreisangehörigen Kommunen vorzunehmen.
Mit dieser Vorgehensweise werden die im Armutsbericht Lebenslagen im Kreis Heinsberg (2012) ausgesprochenen Handlungsempfehlungen XIV.6 (hier: Exkurs: Sozialplanung, siehe Seite 411) u. XIV.8 (Fortschreibung der Sozialberichterstattung – Vernetzung der Kommunen und Einbeziehung der Freien Träger, siehe Seite 414) aufgegriffen und umgesetzt werden können.
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