Betreff
Freiwillige Leistungen für Mobilitätshilfen für Menschen mit Behinderung
Vorlage
0203/2019
Art
Beschlussvorlage/Antrag

Beschlussvorschlag:


Der Kreis Heinsberg beteiligt sich ab 2020 bis auf Weiteres in einem Umfang von 10% an den - durch die Bewilligung von Hilfen zur Mobilität für Menschen mit Behinderung durch das Amt für Soziales - entstehenden Kosten.


Über die Entwicklung der Erbringung von Hilfen zur Mobilität für Menschen mit Behinderung wurde dem Ausschuss für Gesundheit und Soziales kontinuierlich berichtet[1].

 

Zum 01.01.2020 wird die Zuständigkeit zur Erbringung von Leistungen zur Mobilität für Menschen mit Behinderung (derzeit noch § 54 Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch - (SGB XII) i.V.m. § 55 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) nahezu vollständig vom Kreis zum Landschaftsverband Rheinland wechseln[2]. Der Kreis ist ab dann nur noch für die Leistungsnehmer ab der Geburt bis zur Beendigung der regulären Schulausbildung (längstens bis Ende Sekundarstufe II) originär zuständig, sofern diese in ihren Herkunftsfamilien leben[3]. Aktuell sind dies 13 Personen[4].

Der LVR hat die Kreise und kreisfreien Städte für die Durchführung der Leistungen zur Mobilität herangezogen[5].

 

Bekanntlich erbringt der Kreis bisher Hilfen zur Mobilität bei Vorliegen des Merkzeichens „aG“ im Schwerbehindertenausweis ohne weitere Bedarfsprüfung („wofür? und wieviel?“) und ohne Einkommens- und Vermögensprüfung. Die Aufwendungen für Mobilitätshilfen (2018: 547.000 EUR) sind im Bereich des LVR mit Abstand die Höchsten.

 

In seiner Antwort vom 02.09.2019 auf das Schreiben des Landrates vom 29.07.2019[6] machte der LVR deutlich, dass er zwar nicht beabsichtige, bestehende Strukturen vor Ort zu ändern oder zu zerschlagen, es aber notwendig sein werde, bei der Frage der Kostentragungspflicht den Nutzerkreis zwischen Eingliederungshilfeberechtigten (dem Personenkreis des § 99 SGB IX 2020) und sonstigen Nutzerinnen/Nutzern zu differenzieren. Der LVR machte weiterhin klar, dass er die Zuständigkeit und damit die Kostentragungspflicht für die Inanspruchnahme von Mobilitätshilfen durch Nichtberechtigte ausschließlich beim Kreis sehe.

 

Diese Aussagen des LVR mussten im Gesamtkontext auch so verstanden werden, dass er die Kosten für Hilfen zur Mobilität für Personen, die aufgrund von vorhandenem Einkommen und Vermögen nicht leistungsberechtigt sind, nicht zu tragen bereit sei.

 

Es musste daher von der Verwaltung davon ausgegangen werden, dass zum Einen konkret der individuelle Teilhabebedarf und zum Anderen die Einkommens- und Vermögenssituation eines jeden Antragstellers zu prüfen sein würde. Soweit der Kreis als Herangezogener Leistungen ohne diese Prüfungen oder trotz Nachweis der Nichtberechtigung erbrächte, wären dies freiwillige Leistungen zu Lasten des Kreises.

 

Daraus folgt weiter, dass der Kreis die Entscheidung zu treffen hätte, ob er die Leistungen für Mobilitätshilfen zukünftig ausschließlich für Berechtigte (s. o.) - und damit nur noch für einen Teil des derzeitigen Nutzerkreises - oder weiter wie bisher und damit zu einem sehr großen Teil als freiwillige Leistung erbringen will.

 

Die Verwaltung geht im letzteren Fall davon aus, dass der Kreis bei erwarteten Kosten der Mobilitätshilfen von 600.000 EUR Aufwendungen von 250.000 bis 400.000 EUR tragen müsste. Im ersteren Fall kommt ein Teil der bisherigen Nutzer nicht mehr in den Genuss der Leistung.

 

In einem Erörterungsgespräch am 09.10.2019 beim LVR wurde die kreisspezifische Situation bei der Erbringung von Hilfen zur Mobilität und die der diese nutzenden Menschen mit Behinderung ausführlich erörtert. Der LVR zeigte sich der Argumentation der Kreisvertreter hinsichtlich der nahezu unlösbaren Probleme mit einer dezidierten Bedarfsfeststellung sowie der von den Betroffenen als unzumutbar empfundenen sowie sehr aufwendigen Einkommens- und Vermögensprüfung gegenüber aufgeschlossen.

 

LVR und Kreis vereinbarten unter dem Vorbehalt der Zustimmung der politischen Gremien des Kreises bis auf Weiteres eine pauschale Kostenverteilung für die Hilfen zur Mobilität von 90 (LVR) zu 10 (Kreis) bei Beibehaltung der bisher im Kreis Heinsberg zugrunde gelegten Bedingungen (s. o.).

 

Für die Zukunft geht die Verwaltung von Aufwendungen für die Hilfen zur Mobilität in Höhe von ca. 600.000 EUR p. a. aus (s. o.). Insoweit ergibt sich ein Anteil des Kreises von ca. 60.000 EUR, in dem auch die Kosten für die in originärer Zuständigkeit zu erbringenden Leistungen (s. o.), also nicht freiwillige Leistungen, enthalten sind.

 

Zu beachten ist auch, dass bei der vereinbarten Lösung kein weiterer Personalaufwand für die Bedarfsermittlung und die Einkommens- und Vermögensprüfung entsteht.

 

Die erforderlichen Mittel sind im Haushaltsentwurf für 2020 eingeplant.

 



[1] Berichte in den Sitzungen des Ausschusses vom 31.11.2018 (TOP 4.1), 13.03.2019 (TOP 3.1) und 04.09.2019 (TOP 1.5)

[2] § 1 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zur Umsetzung des SGB IX 2020 ; AG SGB IX = Artikel 1 des      Ausführungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes

[3] § 1 Abs. 2 AG SGB IX 2020

[4] Stand 31.10.2019

[5] § 1 Nr. 1 Heranziehungssatzung des LVR vom 08.07.2019

[6] Siehe Bericht in der Sitzung des Ausschusses vom 04.09.2019 (TOP 1.5)