Betreff
Erlass einer Verordnung zur Festsetzung von Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Kreis Heinsberg (Taxentarif)
Vorlage
0209/2013/1
Art
Beschlussvorlage/Antrag
Referenzvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Verordnung zur Festsetzung von Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen im Kreis Heinsberg (Taxentarif) wird in der der Einladung zur Kreisausschusssitzung am 12.11.2013 als Anlage 2 zu TOP 2 beigefügten Fassung beschlossen.  


Die derzeit gültige Verordnung zur Festsetzung von Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen vom 29.09.2011 ist seit dem 01.11.2011 in Kraft.

 

Mit Schreiben vom 26.04.2013 hat die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e.V. (Fachvereinigung) eine Änderung des aktuellen Taxentarifs beantragt (Anlage 1 zu TOP 2 der Einladung zur Kreisausschusssitzung). Der Antrag wird mit den für das Taxigewerbe gravierend gestiegenen Kosten, insbesondere der Treibstoffpreise und Kfz-Versicherungsbeiträge, aber auch mit der geplanten Einführung des Mindestlohns begründet.

 

Die Verwaltung hat sich zunächst einen Überblick über die Tarife der umliegenden Kreise und Städte verschafft. In den Kreisen Düren und im Rhein-Erft-Kreis sind Anträge in ähnlicher Höhe gestellt worden. In Viersen und in der Städteregion Aachen liegen aktuell noch keine neuen Anträge vor; da die Tarife jedoch dem aktuell im Kreises Heinsberg geltenden Tarif gleichen, sind dort auch entsprechende Anträge zu erwarten.

 

Nach den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes hat die Genehmigungsbehörde die Beförderungsentgelte insbesondere daraufhin zu prüfen, ob sie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers, einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen technischen Entwicklung angemessen sind.

Die Industrie- und Handelskammer Aachen (IHK) hat in ihrer Stellungnahme den Antrag ausführlich bewertet. Sie teilt in der Gesamtbetrachtung dazu mit, dass im Hinblick auf die im Gutachten über die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes im Kreis Heinsberg aus März 2011 festgestellte Unterdeckung eine betriebswirtschaftliche Konsolidierung weiter vorangetrieben werden solle. Nach diesem Gutachten wies die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Taxiunternehmen für 2009 eine Unterfinanzierung von ca. 6,2 % aus und die Tarifelemente Grundgebühr und Kilometerentgelt hatten im März 2011 einen "Nachholbedarf" von annährend 10%. Des Weiteren spricht sich die IHK für ein für den Fahrgast nachvollziehbares Tarifsystem aus und somit gegen eine Splittung der Wartezeit. Zur beantragten Erhöhung der Gebühr für den Einsatz eines Großraumtaxis (von 6,00 auf 8,00 €) wird angegeben, dass der NRW-Durchschnitt bei 4,90 € liege und die Fahrzeugbeschaffungskosten nicht in dem Maße gestiegen seien, dass eine Erhöhung dieses Elements um 33,33 % berechtigt sei.

Außerdem fordert die IHK vom Gewerbe Kreativität zur Kundengewinnung und eine Steigerung der Attraktivität durch zusätzliche Service-Angebote. Damit könnten sich Unternehmen von der Konkurrenz absetzen und nicht durch die Einführung evtl. zu hoher Zuschläge (Kartenzahlungsgebühr) das Gegenteil bewirken.

 

Im Oktober 2013 wurde zur beabsichtigten Veränderung des Taxentarifs seitens der Verwaltung eine Besprechung mit Vertretern der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e. V. (Geschäftsführer und eine Unternehmerin sowie zwei Unternehmer als Delegierte) durchgeführt (Vertreter der IHK waren kurzfristig verhindert). Die beantragte Erhöhung des Zuschlags für Großraumtaxen und die Einführung einer Kartengebühr waren dabei ein Schwerpunktthema.

 

Erläuterungen zu den einzelnen Tarifstellen:

 

Grundgebühr

Die bei der letzten Tarifänderung eingeführte, erhöhte Grundgebühr beinhaltet eine Fahrtstrecke von 2 km und eine Wartezeit von 5 min. Durch eine Erhöhung der Tarifstellen Kilometerpauschale und Wartezeiten (siehe unten) ist auch hier eine Anpassung erforderlich, um die Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Außerdem wurde eine durch den Landesbetrieb Mess- und Eichwesen NRW (LBME NRW) vorgeschlagene Formulierung eingeführt, die aufgrund der in einem Fahrpreisanzeiger verbauten Technik erforderlich wurde. Durch die Formulierung wird geregelt, dass die Wegstrecke in ein Verhältnis zur in der Grundgebühr enthaltenen Wartezeit gesetzt wird, die sich je nach Situation (Fahrt/Stillstand) in einem mathematisch errechneten Verhältnis verringern.

 

Kilometerpauschale

Der aktuelle Antrag der Fachvereinigung sieht beim Element Kilometerpauschale eine Erhöhung um 0,20 € vor. Mit Blick auf die letzten Veränderungen des Taxentarifs in 2011 mit einer teilweisen Senkung (durch die Einführung der erhöhten Grundgebühr) sowie einer nicht vollständigen Stattgabe der damals beantragten Kilometerpauschale macht eine Verringerung der aktuell beantragten Erhöhung wenig Sinn.

 

Zum einen hätte eine Halbierung der beantragten Erhöhung von 0,20 auf 0,10 € kaum Auswirkungen auf die gesteigerten Kosten der Unternehmer und zum anderen würde eine Erhöhung um beispielsweise 0,15 € den Kunden kaum entlasten. Der Fahrer hätte vielmehr bei den auf 5ct endenden Fahrpreisen das Problem, weiteres Wechselgeld vorhalten zu müssen.

 

Wartezeiten

Das Element Wartezeit deckt verkehrsbedingte oder vom Fahrgast verursachte Stillstände ab, die der Unternehmer nicht oder kaum beeinflussen kann. In diesen Zeiten hat der Unternehmer keine weiteren Einnahmen als diesen Tarif. Bedingt durch die allgemeinen Kostensteigerungen (Personal, Treibstoff) ist auch hier eine Anpassung angemessen und es wird vorgeschlagen, die Wartezeitgebühr um 2 € auf 30,- € je Stunde anzuheben.

Die Fachvereinigung hat erstmals unterschiedliche Tarife für die verkehrsbedingten (1. bis 5. Minute) und für die vom Fahrgast verursachten Wartezeiten (ab der 6. Minute) beantragt, wobei der Preis je Stunde in den ersten fünf Minuten 28,00 € und ab der sechsten Minute 32,00 € betragen soll (vorher in allen Fällen ab der ersten Minute 27,- € je Stunde). Eine Differenzierung der Tarifstruktur ist aus Sicht der Verwaltung nicht nachvollziehbar und erforderlich. Das Risiko einer längeren, "verkehrsbedingten" Wartezeit (z.B. durch einen Unfall, Baustelle oder Stau) würde somit auch auf den Fahrgast übergehen, der in diesen Fällen dann auch eine erhöhte Gebühr zu zahlen hätte. Hinzu kommt, dass die Tarifstruktur für den Kunden nachvollziehbar und übersichtlich bleiben soll; daher ist die aus Sicht der Verwaltung unnötige Aufsplittung der vorhandenen und bewährten Tarifstruktur nicht erforderlich.

 

Zur Vermeidung unnötiger, längerer Wartezeiten wird vorgeschlagen, eine Regelung einzuführen, wonach der Taxifahrer nicht länger als 15 Minuten warten muss.

 

Zuschlag Großraumtaxi

Der Zuschlag für Großraumfahrzeuge soll den Aufwand für den Einsatz größerer Fahrzeuge ausgleichen; es werden hier Fahrzeuge eingesetzt, die bereits bei der Anschaffung und auch in der Verwendung etwas kostenintensiver sind.

Der Zuschlag ist jedoch erst zu erheben, wenn ein Großtraumtaxi ausdrücklich angefordert wurde bzw. mehr als vier Fahrgäste befördert werden. Somit steht dieser Zuschlag immer im Verhältnis zu einer größeren Zahl zu befördernder Fahrgäste. Die Fachvereinigung hat hier eine Erhöhung von 6,00 € auf 8,00 € beantragt, die aus Sicht der Verwaltung nicht angemessen ist. Der NRW-Durchschnitt beträgt hier etwa 4,90 €, so dass die derzeitige Gebühr bereits ausreichend erscheint. Hinzu kommt, dass die Anschaffungskosten für die hier eingesetzten Fahrzeuge nur in geringem Maße gestiegen sind. Dieses Tarifelement wurde bei der Besprechung mit der Fachvereinigung im Oktober sehr ausführlich diskutiert. Letztendlich wurde ein Konsens bei einer Erhöhung des Zuschlags um 0,50 € auf 6,50 € gefunden. 

 

Bei der letzten Änderung des Taxentarifs wurde der Zuschlag für ein Großraumtaxi in "Einsatz spezieller Fahrzeuge" umbenannt. Hintergrund war, dass Unternehmer vortrugen, mit Fahrgästen im Rollstuhl einen zusätzlichen Aufwand zu haben und besonders umgebaute und größere Fahrzeuge einsetzen, jedoch einen Zuschlag nicht erheben durften.

 

Der LBME NRW teilte im vergangenen Jahr mit, dass Begriffe wie "spezielle Fahrzeuge" vermieden und stattdessen Begriffe wie "Großraumtaxen", "Kombis" oder "Taxen für Rollstuhlfahrer" verwendet werden sollen. Hintergrund ist, dass die unbestimmte Bezeichnung zu Problemen bei der Einordnung der Fahrzeuge führen kann.

 

Somit soll der Tarif dahingehend angepasst werden, dass die bisherige Bezeichnung durch die neu eingeführten differenzierten Zuschläge "Großraumtaxen - für die Beförderung von gleichzeitig mehr als 4 Fahrgästen" und "Taxen für die Beförderung von während der Fahrt im Rollstuhl sitzenden Personen" ersetzt wird.

 

Der Zuschlag für den Einsatz eines Taxis für Rollstuhlfahrer soll ebenfalls um 0,50 € auf 6,50 € erhöht werden.

 

Kartenzahlung

Die Einführung einer separaten Kartenzahlungsgebühr ist aus Sicht der Fachvereinigung notwendig, da die Unternehmer nur Zuschläge erheben dürfen, die im Taxentarif verankert sind. Zur beantragten Höhe (2,00 €) teilte die Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e.V. mit, dass die Vorhaltung der Zahlungsterminals im Taxi bereits mit Kosten verbunden ist, aber auch der wesentlich längere Zahlungsvorgang bei der Benutzung des Gerätes damit abgegolten werden soll.

 

Die Verwaltung teilt die Sicht der IHK, dass die beantragte Gebühr sehr hoch erscheint und die Unternehmen das Anbieten dieses Services viel mehr als ein werbewirksames Marketinginstrument sehen sollten. Es wird vorgeschlagen, eine Gebühr in Höhe von 1,00 € für die Zahlung mit Karte einzuführen, die jedoch als "Kann"-Regelung gelten soll. Somit kann der Unternehmer im eigenen Ermessen entscheiden, wann er diese Gebühr erhebt (z.B. bei der Zahlung von Kleinstbeträgen).

Nach Informationen des Straßenverkehrsamtes ist im Kreis Heinsberg noch kein Taxi mit einem Kartenzahlungsterminal ausgestattet. Die Einführung dieser Gebühr ist jedoch um Hinblick auf die evtl. zukünftige Verwendung eines Gerätes erforderlich.

 

Blindenhunde

Durch Erlass vom 05.07.2013 hat das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr NRW klargestellt, dass ein besonders hohes öffentliches Interesse an der Beförderung von blinden Menschen mit ihren Blindenhunden vorliegt und daher keine Zweifel an einer Beförderungspflicht für Blindenhunde bestehen. Um die Unternehmer zu informieren und die Pflicht zur Beförderung entsprechend zu verankern, wurde in § 2 Abs. 1 Buchstabe d) der Satz "Blindenhunde sind unentgeltlich zu befördern." neu eingefügt.

 

Unter Abwägung der vorgenannten Ausführungen schlägt die Verwaltung vor, den Taxentarif wie folgt zu ändern:

 

a)    Grundpreis                                                                                                              5,50 €

Der Grundpreis beinhaltet pro Fahrt eine Anfangsstrecke von 2000 Metern sowie eine Anfangszeit von 432 Sekunden am Tag und 456 Sekunden in der übrigen Zeit. Die verbleibende Anfangszeit verringert sich mit zunehmend zurückgelegter Anfangsstrecke bzw. die verbleibende Anfangsstrecke verringert sich mit zunehmend verstrichener Anfangszeit.

 

b)   Wegstreckenentgelt

       -    Werktagtarif in der Zeit von 06.00 bis 22.00 Uhr

            (für jeweils weitere 55,55 m angefangene Wegstrecke 0,10 €) je km                 1,80 €

       -    Nachttarif in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen

            (für jeweils weitere 52,63 m angefangene Wegstrecke 0,10 €) je km                 1,90 €

 

c)    Wartezeiten

      Diese sind verkehrsbedingte und vom Fahrgast zu vertretende Stillstände des Taxis während seiner Inanspruchnahme.

      Die Wartezeit wird mit 0,10 € je 12 Sekunden berechnet.

      Dies entspricht einem Preis für die Wartezeit für 1 Stunde von                            30,00 €

 

      Die Taxifahrerin/der Taxifahrer ist nicht verpflichtet, länger als 15 Minuten zu warten.

d)    Zuschläge

      -    für die Beförderung von gleichzeitig mehr als 4 Fahrgästen mit einem

           Großraumtaxi (Taxi mit mehr als 4 Fahrgastplätzen) oder für

           die ausdrückliche Anforderung eines Großraumtaxis ist ein Zuschlag

      zum Grundpreis zu zahlen in Höhe von                                                               6,50 €

 

      -    für die Beförderung von während der Fahrt im Rollstuhl sitzenden

           Personen ist ein Zuschlag zum Grundpreis zu zahlen in Höhe von                     6,50 €

 

      -    für die Zahlung mit Karte (EC-/Geld-/Kreditkarte) ist ein Zuschlag

           zum Grundpreis zu zahlen in Höhe von                                                               1,00 €

 

      Blindenhunde sind unentgeltlich zu befördern.

 

 

Die Empfehlung entspricht im gesamten Durchschnitt einer Erhöhung von 10,74 %.

 

Eine Gegenüberstellung der zurzeit gültigen Fassung des Taxentarifs und des Verordnungs-Entwurfs ist als Anlage 2 zu TOP 2 der Einladung zur Kreisausschusssitzung beigefügt. Neue bzw. geänderte Textpassagen sind unterstrichen.

 

Der LBME NRW - Direktion in Köln hat auf Nachfrage bestätigt, dass auch eichtechnisch keine Einwände gegen die beabsichtigte Neuregelung bestehen.

 

Aufgrund der umfangreichen Änderungen ist es aus Sicht der Verwaltung sinnvoll, keine Änderungsverordnung zu erlassen, sondern die bisherige Verordnung aufzuheben und durch eine neue Verordnung zu ersetzen.

 

Der Kreisausschuss hat die Beratung und Beschlussfassung in seiner Sitzung am 12.11.2013 bis zur Kreisausschuss- und Kreistagssitzung im Dezember 2013 zurückgestellt. Auf die den Fraktionen im Rahmen der Beantwortung der Anfrage der FDP-Fraktion zur Verfügung gestellten weiteren Informationen wird verwiesen.