Betreff
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen bei den Offenlandlebensräumen in "Natura 2000"- Gebieten und sonstigen Naturschutzgebieten des Kreises sowie Sauberhalten und Pflege der Grünflächen an Kreisstraßen und auf den ehemaligen Kreismülldeponien
Vorlage
0249/2014
Art
Beschlussvorlage/Antrag

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Umwelt und Verkehr unterstützt die zunächst auf  2 Jahre angelegte befristete Weiterbeschäftigung von vier der derzeit als Bürgerarbeiter eingesetzten Mitarbeiter zum Erhalt der Offenlandbiotope in den Flora-Fauna-Habitat-Gebieten des Kreises sowie den ehemaligen Kreismülldeponien.


Zum Schutz und zur Bewahrung des gemeinschaftlichen europäischen Naturerbes wird innerhalb der Europäischen Union auf Basis der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen und der Vogelrichtlinie (VS-Richtlinie) zur Erhaltung der wildlebenden Vogelarten ein zusammenhängendes Netzwerk besonderer Schutzgebiete ausgewiesen und gesichert. Dieses Netzwerk trägt den Namen „Natura 2000“ und setzt sich aus bedeutenden Rückzugsgebieten europaweit gefährdeter Lebensräume, Pflanzen und Tiere zusammen. In diesen Gebieten liegt der Schwerpunkt auf der Erhaltung und Entwicklung von hochwertigen Biotopflächen, insbesondere der Fließgewässer inklusive ihrer Auenbereiche, Heidemoore, Feucht- und Trockenheiden, Sandtrockenrasen und Binnendünen sowie der naturnahen Wälder mit ihren wild lebenden Pflanzen und Tieren. Dies gilt besonders für Arten, deren Populationen hinsichtlich der Brut-, Nahrungssuch-, Rast- und Überwinterungsbestände im europäischen Maßstab bedeutend sind.

 

Die im Kreis Heinsberg zu erhaltenden und zu entwickelnden Offenlandbiotope (Heiden, Trockenrasen, Moore) innerhalb der „Natura 2000“ Gebiete mit Schwerpunkträumen in der Teverener Heide und im Meinweggebiet haben einen Flächenumfang von nahezu 200 ha. Hinzu kommen weitere bedeutende Offenlandlebensräume in den Naturschutzgebieten des Schaagbachtales, im Gangelter Bruch sowie auf dem Gelände des ehemaligen Flugplatzes Wildenrath in einer Größenordnung von etwa 120 ha. Eine Grundpflege konnte bisher durch Einsatz einer Schaf- und Ziegenherde (rund 500 Tiere), im Rahmen des sog. Kulap-Programmes des Landes NRW (Kulturlandschaftsprogramm NRW) gewährleistet werden. Die Pflege bestand vorrangig im Verbiss des sich sukzessiv gebildeten Buschwerkes. Mit einer Schafbeweidung allein ist aber das Gehölzfreihalten vieler Offenlandlebensräume nicht zu bewerkstelligen. Zu den immer wiederkehrenden Aufgaben gehört ergänzend das so genannte „Entkusseln“, d. h. das Entfernen von wuchskräftigen Gehölzen (z.B. Kiefer, Birke, Erle in Folge von Samenflug) mit Spaten und Hacke. Für diese anfallenden zusätzlichen Pflegearbeiten konnten ab 2005 AGH-Arbeitskräfte, so genannte „1-Euro-Jobber“, aus den Förderprogrammen der Bundesarbeitsagentur eingesetzt werden.


 

Im Rahmen des Modellprojektes „Bürgerarbeit“, gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), konnten ab 2011 sog. Bürgerarbeiter (Arbeitsgruppe zur Landschaftspflege von 5 Mitarbeitern im Rahmen eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses) durch den Kreis beschäftigt werden. Mit dem Einsatz der Bürgerarbeiter wurde der zwischenzeitlich entstandene Engpass in der Landschaftspflege durch fehlende AGH-Kräfte kompensiert. Auch hatte die Beschäftigung der Bürgerarbeiter im Vergleich zu den AGH-Kräften den Vorteil, dass eine mehrjährige Planungssicherheit und Kontinuität der Pflegemaßnahmen in den Fauna-Flora-Habitat-Gebieten sichergestellt werden konnte. Das Modellprojekt der Bürgerarbeit läuft jedoch Ende Mai 2014 aus und wird durch den Bund auch nicht weiter fortgeführt. Die Beendigung der Pflegearbeiten durch die „Bürgerarbeiter“ hätte zur Folge, dass die gebotene Erhaltung und Entwicklung der Offenlandbiotope, welches eine Pflichtaufgabe des Kreises ist, durch Fremdvergaben mit erheblich höheren Kosten sichergestellt werden müsste.

 

Um die in den Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebieten gelegenen Offenlandbiotope in ihrer schützenswerten Ausprägung zu erhalten und auf Grund der mit dem Einsatz von Bürgerarbeitern in den vergangenen Jahren gemachten positiven Erfahrungen ist es zweckdienlich, drei der derzeitigen fünf Bürgerarbeiter auch nach Ablauf des Modellprojektes „Bürgerarbeit“ zur Pflege der Biotopflächen des Kreises und anderen Grünlandflächen im Umfeld kreiseigener Liegenschaften im Rahmen eines zunächst auf 2 Jahre angelegten befristeten Beschäftigungsverhältnisses weiter zu beschäftigen. Eine wesentliche Änderung des Arbeitseinsatzes der Bürgerarbeiter, die bereits heute schon in einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis mit dem Kreis stehen, ergibt sich hierdurch nicht.

 

Aus technischen Gründen muss die Pflege der Grünlandflächen auf den ehemaligen Kreismülldeponien intensiviert werden. Hintergrund ist, dass die dortigen Grünlandflächen der temporären Oberflächenabdichtung des Deponiekörpers, die Bestandteile der späteren endgültigen Oberflächenabdichtung werden sollen, in der Übergangszeit von Gehölzaufwuchs einschließlich Wurzelwerk kontinuierlich freigehalten werden müssen. Die bisher praktizierte Beweidung der Grünlandflächen durch die Schaf- und Ziegenherde ist nicht ausreichend, um die Verbuschung auf diesen Flächen zu vermeiden. Für die dort ab diesem Jahr anfallenden zusätzlichen Pflegearbeiten soll ein weiterer ehemaliger Bürgerarbeiter eingesetzt werden.

 

Die Refinanzierung der befristet eingestellten Arbeitskräfte soll zu großen Teilen aus sog. Ersatzgeldern (aus Eingriffen Dritter in Natur und Landschaft) der Unteren Landschaftsbehörde sowie aus dem Abfallgebührenhaushalt erfolgen, so dass eine Belastung des Personalhaushaltes des Kreises weitgehend vermieden wird. Ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser Vorgehensweise ist die Einsparung von Kreismitteln für Unterkunft und Heizung bei Rückfall der Personen in die Langzeitarbeitslosigkeit. Die Gewährung eines sog. Eingliederungszuschusses durch das Jobcenter Kreis Heinsberg wird derzeit noch geprüft, ist aber wahrscheinlich.