Betreff
Gesetz zum Schutz des Kindeswohls und zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen , hier: Sachstandsmitteilung der Verwaltung zur Einrichtung einer Koordinierungs- stelle Kinderschutz
Vorlage
0123/2022
Art
Beschlussvorlage/Antrag

Beschlussvorschlag:

1.      Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen zum Landeskinderschutzgesetz NRW zur Kenntnis.

2.      Der Jugendhilfeausschuss begrüßt die Einrichtung einer Koordinierungsstelle Kinderschutz auf der Grundlage des § 9 des Landeskinderschutzgesetzes und beauftragt die Verwaltung, eine entsprechende Stelle einzurichten und zeitnah zu besetzen.

 


1.

Der Landtag hat am 06.04.2022 das neue Landeskinderschutzgesetz („Gesetz zum Schutz des Kindeswohls und zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen“) verabschiedet. Mit dem Gesetz hat Nordrhein-Westfalen zentrale politische und fachliche Forderungen aus der Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt – insbesondere in jüngerer Vergangenheit – aufgegriffen und formuliert konkrete Maßnahmen, die die Qualität des Kinderschutzes stärken und die strukturellen Rahmenbedingungen verbessern sollen. Das Gesetz soll in Zukunft kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Folgende Kernpunkte beinhaltet der verabschiedete Gesetzentwurf:

1.      Zur Umsetzung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdungen (§ 8a SGB VIII) sollen in den Jugendämtern fachliche Mindeststandards beachtet werden (§ 5).

2.      Mit einem Turnus von fünf Jahren soll in jedem Jugendamt ein landesweites Qualitätsentwicklungsverfahren der Kinderschutzpraxis durchgeführt werden (§ 8).

3.      Für das Qualitätsentwicklungsverfahren und zur Qualitätsberatung zur Kinderschutzpraxis in den Jugendämtern wird das Land eine zuständige Stelle einrichten (§ 6).

4.      In allen Jugendamtsbezirken sollen – ggf. auch jugendamtsbezirksübergreifend - interdisziplinäre Netzwerke zum Kinderschutz aufgebaut und mit einer Netzwerkkoordinierung ausgestattet werden (§ 9). Das Netzwerk Kinderschutz soll die Rahmenbedingungen für eine effektive und schnelle Zusammenarbeit bei möglicher Kindeswohlgefährdung sicherstellen.

5.      Zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Pflegeverhältnissen sollen Empfehlungen für die Jugendämter entwickelt werden (§ 10).

6.      Es sollen Leitlinien zu Kinderschutzkonzepten in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe etabliert werden (§ 11).

7.     Für das Fachpersonal soll es eine umfassende Qualifizierungsoffensive geben.

8.      Kinderschutz und Kinderrechte sind untrennbar miteinander verbunden. Daher ist Basis für einen wirksamen Kinderschutz, den Rechten von Kindern und Jugendlichen auf Gehör und auf Berücksichtigung ihrer Meinung – entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife – zur Geltung zu verhelfen. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch den Gesetzentwurf.

9.      Das Gesetz enthält darüber hinaus Regelungen zum Belastungsausgleich und zur Förderung durch das Land (§§ 12ff.).

10.   Neu aufgenommen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde eine Innovationsklausel zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes (§ 15). Danach können modellhaft Maßnahmen erprobt werden, insbesondere zur Sicherung und Weiterentwicklung der Prozess- und Strukturqualität bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 8a SGB VIII. Geeignete Erkenntnisse könnten dann u. a. im Rahmen von Qualitätsentwicklungsverfahren Berücksichtigung finden.

Die Gesamtausgaben der Neuregelungen werden für das Jahr 2022 auf rd. 53 Millionen Euro, für 2023 auf rd. 85,3 Millionen Euro und für die Jahre ab 2024 auf rd. 85,8 Millionen Euro pro Jahr prognostiziert.

Als Belastungsausgleich werden den Kommunen durch das Land gemäß § 12 Landeskinderschutzgesetz finanzielle Mittel bereitgestellt, deren Verteilung sich nach der Anzahl der Kinder und Jugendlichen im Jugendamtsbezirk im Verhältnis zur landesweiten Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen richtet. Hierbei sind für bestimmte Aufgabenbereiche Sockelbeträge vorgesehen.

Das Gesetz ist im Wesentlichen bereits am 01.05.2022 in Kraft getreten, die Regelungen der §§ 6 bis 8 (Stelle für Qualitätssicherung, Qualitätsberatung und Qualitätsentwicklungsverfahren) folgen am 01.07.2023.

 

2.

Wie oben dargestellt, haben die Jugendämter gemäß § 9 des Landeskinderschutzgesetzes NRW Netzwerke zur interdisziplinären Zusammenarbeit bei der Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung zu bilden. Die Netzwerke Kinderschutz werden dabei entweder in jedem Jugendamtsbezirk oder jugendamtsbezirksübergreifend in interkommunaler Zusammenarbeit mehrerer benachbarter Gemeinden oder innerhalb eines Kreises gebildet, finanziert, koordiniert und laufend weiterentwickelt.

Das Netzwerk Kinderschutz soll die Rahmenbedingungen für eine effektive und schnelle Zusammenarbeit bei möglicher Kindeswohlgefährdung sicherstellen.

Nach Absatz 2 des § 9 Landeskinderschutzgesetz unterhält jedes Jugendamt eine Koordinierungsstelle für das Netzwerk Kinderschutz, das es gebildet hat oder an dem es beteiligt ist.

Aufgaben der Koordinierungsstelle sind insbesondere

1.      die fachliche Begleitung des Netzwerkes in seiner Aufgabenwahrnehmung,

2.      die Koordinierung von Maßnahmen zur Sicherstellung der Netzwerkstrukturen, insbesondere Netzwerktreffen,

3.      die bedarfsgerechte Organisation regelmäßiger Fortbildungsangebote für die am Netzwerk Teilnehmenden und

4.      der Informationstransfer zu und aus sowie die Vertretung in anderen Netzwerken und Arbeitsgemeinschaften im Jugendamtsbezirk mit Berührungspunkten zum Kinderschutz.

Die Verwaltung des Kreisjugendamtes empfiehlt daher zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nach dem Landeskinderschutzgesetz NRW den Aufbau einer Koordinierungsstelle Kinderschutz im Jugendamtsbezirk des Kreisjugendamtes.