Die Betreuungsbehörde des Kreises Heinsberg nimmt mit derzeit 2,5 Vollzeitstellen vielfältige Aufgaben wahr. Hierzu gehören u.a.:
- Betreuungsgerichtshilfe: insbesondere Erstellen von Sozialberichten für die Betreuungsgerichte in Betreuungsverfahren;
- Beratung von Bürgerinnen und Bürgern zu den Themen Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, und Patientenverfügung einschl. der Durchführung von Informationsveranstaltungen,
- Führen eigener Betreuungen,
- Prüfung von Bewerbungen der Berufsbetreuer,
- Netzwerkarbeit, u.a. mit den Betreuungsvereinen.
Schwerpunkt der Arbeit ist mit einem Anteil von ca. 60% die Betreuungsgerichtshilfe gemäß § 8 Betreuungsbehördengesetz (BtBG), welche im Auftrag der Betreuungsgerichte durchgeführt wird. Die Betreuungsbehörde klärt in diesem Kontext den Sachverhalt der gerichtlichen Betreuungsverfahren auf und prüft insbesondere, ob eine rechtliche Betreuung überhaupt erforderlich ist oder durch andere Hilfen oder auch Vollmachten vermieden werden kann. Eine Ermittlung nach Aktenlage ist ausgeschlossen. Die Sachverhaltsaufklärung schließt mit einem Sozialbericht ab.
Am 01.07.2014 tritt das Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde in Kraft. Zielsetzung des Gesetzes ist es, die Anzahl der in den vergangenen Jahren stetig gestiegenen rechtlichen Betreuungen zu reduzieren und damit „die Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen auf das Notwendige zu beschränken“.
Zur Zielerreichung sollen die Funktionen der Betreuungsbehörde vor und im gerichtlichen Betreuungsverfahren gestärkt werden.
Im Hinblick auf die Auswirkungen des Gesetzes für den Kreis Heinsberg sind folgende Änderungen bedeutsam:
- Die Betreuungsbehörde ist künftig in allen Verfahren zur
erstmaligen Bestellung eines Betreuers gemäß § 279 Abs. 2 des Gesetzes
über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG n.F.) zu beteiligen. Bislang erfolgte
die Beteiligung nur dann, wenn der „Betroffene es verlangte bzw. es der
Sachverhaltsaufklärung diente“. Dies war im Jahr 2013 für den Kreis
Heinsberg lediglich in 301 von
1.131 Erstverfahren (Schätzung) der Fall (= 27%).
- In allen vorgenannten Erstverfahren sind durch die
Betreuungsbehörde qualifizierte Sozialberichte nach gesetzlich
vorgegebenen Kriterien zu fertigen. Die Anzahl der Sozialberichte könnte
sich folglich für die hiesige Betreuungsbehörde verdreifachen.
- Die Betreuungsbehörde soll darüber hinaus ihr
Beratungsangebot erweitern und andere Hilfen aufzeigen und vermitteln.
Dies umfasst nach dem Willen des Gesetzgebers gemäß § 4 BtBG n.F. auch die
Fälle, in denen letztlich kein Betreuer bestellt wird.
Unter Berücksichtigung der derzeitigen personellen Ausstattung der Betreuungsbehörde mit drei Mitarbeiter/innen im Stellenumfang von 2,5 Vollzeitstellen, des Aufgabenanteils der Betreuungsgerichtshilfe von 60% an der Gesamtarbeitszeit und des Anteils von 27 % aller Erstverfahren, in denen der Kreis Heinsberg bislang im Rahmen der Betreuungsgerichtshilfe beteiligt war, ergibt sich ab dem 01.07.2014 ein rechnerischer Mehrbedarf im Umfang von 4,5 Vollzeitstellen für die Betreuungsbehörde. Zwei zusätzliche Stellen wurden bereits im Stellenplan 2014 berücksichtigt.
Derzeit kann noch nicht abgeschätzt werden, ob eine Beteiligung der Betreuungsbehörde durch die Betreuungsgerichte bislang vorwiegend in den komplexeren Fällen stattgefunden hat und daher die künftige pflichtige Beteiligung der Betreuungsbehörde bezogen auf den Einzelfall möglicherweise einen „geringeren“ Aufwand verursachen wird.
Aufgrund der nicht exakt zu bemessenden Aufgabenmehrung, soll in der Betreuungsbehörde zunächst der Personalbestand zum 01.07.2014 um eine weitere Vollzeitstelle auf 3,5 Vollzeitstellen und zum 01.10.2014 um eine zweite Vollzeitstelle und damit auf insgesamt 4,5 Vollzeitstellen aufgestockt werden.
Da bezüglich der weiteren gesetzlichen Neuregelungen – insbesondere der Vermittlung anderer Hilfen gemäß § 4 BtBG n.F. – noch keine verwertbaren Zahlen vorliegen, kann derzeit nicht eingeschätzt werden, in welchem Umfang darüber hinaus Aufgabenzuwächse zu erwarten sind. Die Verwaltung wird ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes über die hierzu gemachten Erfahrungen berichten.
Über die Notwendigkeit einer weiteren personellen Aufstockung wird zu entscheiden sein, nachdem belastbare Kennzahlen der Inanspruchnahme der Betreuungsbehörde nach der Gesetzesänderung zur Grundlage für eine fundierte Personalbemessung herangezogen werden können.
Den sich aus dem Gesetz ergebenden Aufgabenerweiterungen der Betreuungsbehörde steht bisher keine Belastungsausgleichsregelung gegenüber.
Die Kommunen in NRW reklamieren insofern, dass die durch den personellen Aufwand ausgelösten Mehrkosten nach den Vorgaben des Konnexitätsausführungsgesetzes (KonnexAG) ausgeglichen werden müssen. Der LKT NRW geht ebenfalls davon aus, dass eine Belastungsausgleichsregelung erforderlich sein wird. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich das Land NRW auch in diesem Fall auf die bereits zum Vormundschaftsrechtsänderungsgesetz eingenommene Haltung zurückziehen und den Standpunkt vertreten wird, dass bundesgesetzliche Standards kein Anwendungsfall des Belastungsausgleichs im Verhältnis zwischen Kommune und Land begründen könnten. Mit dem Landkreistag ist verabredet, den erwarteten Mehraufwand in den Betreuungsbehörden zu ermitteln.