Betreff
Einrichten eines Automatisierungs- und Industrie 4.0 - Labors am Berufskolleg Ernährung, Sozialwesen, Technik in Geilenkirchen
Vorlage
0021/2024
Art
Beschlussvorlage/Antrag

Beschlussvorschlag:


Der Schulträger Kreis Heinsberg wird beauftragt, einen Antrag nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Aus- und Weiterbildungszentren im Rheinischen Revier und Nördlichen Ruhrgebiet zum Einrichten eines Automatisierungs- und Industrie 4.0–Labors für das Berufskolleg Ernährung, Sozialwesen, Technik in Geilenkirchen zu stellen. Der Eigenanteil wird – unter dem Vorbehalt der Bewilligung - übernommen. 

 

Sollte dem Förderantrag nicht stattgegeben werden, wird über die Umsetzung der Maßnahme abschließend im Rahmen der Beratung des Haushaltes für das Jahr 2025 entschieden. 


Es ist beabsichtigt, auf der Grundlage der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Aus- und Weiterbildungszentren im Rheinischen Revier und Nördlichen Ruhrgebiet einen weiteren Antrag zum Einrichten eines Automatisierungs- und Industrie 4.0–Labors für das Berufskolleg Ernährung, Sozialwesen, Technik in Geilenkirchen (BK EST) zu stellen.

 

Mit dem Einrichten dieses Labors wird angestrebt, das schulische Berufsbildungsangebot an die zukünftigen Qualifizierungsbedarfe anzupassen, die durch den Strukturwandel in der Industrie entstehen. Durch Förderung der Fähigkeiten und Kenntnisse der industriellen Automatisierungstechnik sollen die Bildungschancen für junge Menschen im Kreis Heinsberg verbessert werden. Gleichzeitig soll das Interesse an einer innovativen Berufsausbildung und/oder einem Studium im Kontext der industriellen Automatisierungstechnik geweckt werden. Nach Ansicht der Schulleitung des Berufskollegs ist dies von besonderer Bedeutung vor dem Hintergrund der gegenwärtigen und zukünftig weiter zunehmenden Anforderungen im Bereich Industrie 4.0.

 

Die Einrichtung eines Automatisierungs- und Industrie 4.0-Labors ist eine direkte Antwort auf den Strukturwandel in der Industrie im Kreis Heinsberg. Mit der Entwicklung hin zu immer stärker vernetzten und automatisierten Produktionsprozessen verändern sich auch die Anforderungen an die Qualifikationen der Arbeitskräfte. Durch die Ausbildung im Umgang mit modernen Technologien sowohl in Vollzeit- als auch in dualen Bildungsgängen könnte die Schule die Schülerinnen, Schüler und Auszubildenden auf diese Veränderungen vorbereiten und ermöglichte ihnen, aktiv an der Gestaltung des Strukturwandels mitzuwirken.

 

Das geplante Labor wäre eng mit dem bestehenden Bildungsangebot des BK EST verknüpft und würde dieses in bedeutender Weise ergänzen und erweitern:

 

In den Vollzeitbildungsgängen (Berufsfachschule 2 Elektrotechnik, Anlage B; 2-jährige Berufsfachschule Technik (Fachhochschulreife) Schwerpunkt Elektrotechnik, Profilbildung: Energie- und Automatisierungstechnik, Anlage C; 2-jährige Berufsfachschule Technik (Fachhochschulreife) Schwerpunkt Elektrotechnik, Profilbildung: Informations- und Kommunikationstechnik, Anlage C; Fachschule für Technik, Anlage E), d.h. in Bildungsgängen, die nicht an eine duale Ausbildung, wohl aber an einen beruflichen Schwerpunkt geknüpft sind, werden die Grundlagen für spätere berufliche Wege gelegt. In dieser entscheidenden Phase wird häufig das Interesse an bestimmten Berufen oder beruflichen Richtungen geweckt. Das Labor böte den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, die vom Strukturwandel betroffenen Berufsgruppen nicht nur von der Theorie, sondern auch von der praktischen Seite kennenzulernen. Durch diese praktische Erfahrung könnten sie ein tieferes Verständnis und ein umfassenderes Bild der jeweiligen Berufsfelder gewinnen, was ihnen dabei helfen würde, eine fundiertere Entscheidung über ihre zukünftige berufliche Laufbahn zu treffen.

 

Ein darüberhinausgehender Nutzen entstünde in den dualen Bildungsgängen. Insbesondere bei den Auszubildenden in den Berufen Mechatroniker/in, Elektroniker/in für Energie- und Gebäudetechnik und Informatiker/in spielt die Verknüpfung der theoretischen und der praktischen Ausbildung eine zentrale Rolle. Während die Auszubildenden die betriebliche Praxis in den Betrieben lernen, sind viele Unternehmen derzeit selbst noch dabei, ihre Systeme auf Automatisierung und Industrie 4.0 umzustellen und können diese Aspekte daher noch nicht vollständig in der beruflichen Ausbildung abdecken, werden aber in Kürze darauf angewiesen sein.

 

Zukünftig wäre mit dem Labor auch eine Erweiterung des Bildungsangebotes des BK EST durch Einführung der Fachkraft für Lebensmitteltechnik denkbar: In den vergangenen Jahren haben sich im Einzugsgebiet des BK EST mehrere Firmen neu angesiedelt bzw. bestehende Firmen ihre Kapazitäten erweitert, die im industriellen Maßstab Lebensmittel produzieren. Für diese Branche könnte mittelfristig ein Bildungsangebot in der dualen Berufsausbildung geschaffen werden.

 

Aktuell verfügt das BK EST nicht über eine ausreichende Ausstattung im Bereich der Automatisierung und Industrie 4.0. Dies bedeutet, dass die Schülerinnen, Schüler und Auszubildenden bisher nur begrenzte Möglichkeiten haben, praktische Erfahrungen in diesen zukunftsweisenden Technologiefeldern zu sammeln. Eine Verbesserung der praktischen Ausbildung würde die beruflichen Chancen der Schülerinnen, Schüler und Auszubildenden vergrößern, da praktische Erfahrungen in diesen Bereichen von vielen Arbeitgebern stark nachgefragt werden. Die Anschaffung einer entsprechenden Ausstattung würde daher erhebliche Vorteile mit sich bringen:

 

       Praktische Erfahrung: Mit einem eigenen Automatisierungs- und Industrie 4.0-Labor könnten die Schülerinnen, Schüler und Auszubildenden wichtige praktische Erfahrungen, auch im Bereich Klimaschutz und Energieeffizienz, sammeln und ihre theoretischen Kenntnisse in der Praxis anwenden.

       Vorbereitung auf die Arbeitswelt: Durch die Arbeit mit modernen Technologien werden die Schülerinnen und Schüler besser auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt vorbereitet.

-          Motivation, Engagement und selbstständiges Arbeiten: Ein modern ausgestattetes Labor steigert das Interesse und die Motivation der Schülerinnen und Schüler für technische Berufe, steigern und ermöglicht Schülerinnen, Schüler und Auszubildenden selbstorganisiertes und selbstständiges Arbeiten.

-          Attraktivität der Schule: Ein Automatisierungs- und Industrie 4.0-Labor würde die Attraktivität des BK EST für potenzielle neue Schülerinnen und Schüler in den vollzeitschulischen Bildungsgängen erhöhen.

Geeignet für die Maßnahme wäre der derzeit als Klassenraum für die Elektroniker/innen genutzte Raum D 25. Dieser könnte umgewidmet und entsprechend als Labor eingerichtet werden.

 

Modulare Industrie 4.0 Anlage

Für die Ausbildung in moderner Fertigungstechnik und Industrie 4.0 soll eine modulare         Modellanlage angeschafft werden. Diese Anlage sollte aus einzelnen, autonomen Bearbeitungseinheiten bestehen, die jeweils unterschiedliche Bearbeitungsschritte und Technologien wie Steuerung, Antriebstechnik mit Frequenzumrichter, Sensorik, Robotik, Sicherheit, Kommunikation, IoT und Mechanik abbilden. Die Einheiten können einzeln auf Labortischen für spezifische Lernszenarien genutzt werden.

 

Darüber hinaus sollen die Bearbeitungseinheiten so konzipiert sein, dass sie zu einer vollständigen Produktionslinie im hinteren Bereich des Labors zusammengesetzt werden können. Die Vernetzung und Koordination der Einheiten kann entweder durch direkte Kommunikation der Steuerungen erfolgen, was dem aktuellen Industriestandard entspricht, oder über ein modernes ERP-System, welches zunehmend zum Standard in der Industrie 4.0 wird. Dieser modulare und schrittweise Ansatz spiegelt die reale Vorgehensweise bei der Umsetzung von Automatisierungsprojekten in der Industrie wider.

 

Ein integriertes ERP-System würde zusätzlich die Möglichkeit bieten, die Verfügbarkeit von Produkten in Echtzeit zu verfolgen, Bestellungen automatisch an die Produktion oder das Lager weiterzuleiten und den Bestellstatus für Kunden sichtbar zu machen. Es könnte auch die Rechnungsstellung und den Zahlungseingang automatisieren sowie die Kundenkommunikation und den Kundenservice verbessern.

 

Die Anlage sollte eine breite Palette von Lernzielen und Anforderungen erfüllen, darunter das Erstellen von Automatisierungsprojekten, das Kennenlernen mechatronischer Systeme, das Umsetzen mechanischer Funktionen in programmierbare Abläufe, die SPS-Programmierung von Ablaufsteuerungen und die Vernetzung einzelner Systeme zu Produktionsstraßen. Weitere Schwerpunkte sind die Umsetzung vollautomatisierter Produktionen, die Vernetzung eines ERP-Systems mit der Fertigungsstraße, die Nutzung industrieller Komponenten, die Schaffung flexibler Projektsituationen, der Einsatz von Augmented Reality und Robotik sowie Energieüberwachung und Energieeffizienz. 

 

Automatisierungs- und Antriebstechnik

Für die Modernisierung der bestehenden Bandanlagen wird die Neuausrüstung mit S7-1500 SPSen angestrebt. Aktuell sind Schnittstellen dieser Anlagen veraltet und nicht mehr mit aktuellen PCs programmierbar. Die neue Steuerungstechnik soll eine effiziente und moderne Nutzung der Anlagen zum Einstieg in die industrielle Automatisierungstechnik ermöglichen.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Einbindung von HMI- und SCADA-Systemen (z.B. Touchpanels zur Anlagenbedienung und Visualisierung von Betriebsdaten). Diese sollten eine intuitive und effektive Bedienung, Überwachung und Steuerung der Anlagen ermöglichen. Die Systeme sollten nahtlos mit den anzuschaffenden Steuerungen interagieren und die Möglichkeit bieten, Betriebsdaten zu visualisieren und zu analysieren.

Darüber hinaus werden Simulationsfunktionen für die Steuerungsprogrammierung von kleinen Automatisierungsprojekten realisiert. Dies ermöglicht den Lernenden, ihre Programmierkenntnisse in einer sicheren und kontrollierten Umgebung zu erproben und zu vertiefen.

 

In Bezug auf die Antriebstechnik sollen Frequenzumrichter und servogeregelte Antriebe in die Anlagen integriert werden. Diese sollen insbesondere unter dem Aspekt der Energierückgewinnung und -effizienz betrachtet werden. Das System soll den Lernenden ermöglichen, die Prinzipien und Vorteile dieser Technologien zu verstehen und praktische Erfahrungen in ihrer Anwendung und Optimierung zu sammeln.

 

Gebäudeautomation

Für die Gebäudeautomation sollen KNX-Kompakt-Anwendungsboards angeschafft werden, die die folgenden Anforderungen erfüllen:

       Integrierte Beleuchtungs- und Jalousiesteuerung: Das System enthält eine vollständige Beleuchtungs- und Jalousiesteuerung, die es den Lernenden ermöglicht, Grundlagen der Gebäudeautomation zu erlernen und praktische Erfahrungen in der Programmierung und Bedienung dieser Systeme zu sammeln.

       KNX-Kompatibilität: Das System muss vollständig KNX-kompatibel sein, um eine nahtlose Integration mit anderen KNX-Geräten und -Systemen zu ermöglichen. Dies ermöglicht es den Lernenden, die Vorteile und Möglichkeiten der KNX-Technologie zu erkennen und praktische Erfahrungen in ihrer Anwendung und Programmierung zu sammeln.

       Klima-, Heizungs- und Lüftungssteuerung: Das System soll eine vollständige Steuerung für Klima-, Heizungs- und Lüftungssysteme enthalten. Dies soll den Lernenden ein umfassendes Verständnis der Steuerung und Optimierung dieser Systeme für Energieeffizienz und Komfort vermitteln.

       Sicherheitssysteme: Das System soll auch Sicherheitssysteme enthalten, die es den Lernenden ermöglichen, die Grundlagen der Gebäudesicherheit und der Integration von Sicherheitssystemen in ein Gebäudeautomationsnetzwerk zu erlernen.

       Praktische Anwendungen: Das System soll eine Reihe von praktischen Anwendungen und Szenarien bieten, die es den Lernenden ermöglichen, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in realistischen und relevanten Kontexten zu erproben und zu vertiefen.

Zusammengefasst soll das anzuschaffende System eine umfassende und praxisorientierte Ausbildung in der Gebäudeautomation ermöglichen, mit Schwerpunkt auf Beleuchtungs- und Jalousiesteuerung, KNX-Technologie, Klima-, Heizungs- und Lüftungssteuerung sowie Gebäudesicherheit.

 

Die kalkulierten Projektkosten betragen insgesamt ca. 449.500 €. Davon entfallen 414.000 € auf die Einrichtung und 35.500 € auf die Baukosten einschließlich Ingenieurleistungen. Eine Förderung wird in Höhe von bis zu 90 Prozent der förderfähigen Gesamtkosten gewährt.

 

Die Leiterin des BK EST, Oberstudiendirektorin Drechsler, wird in der Sitzung des Schulausschusses zur Beantwortung weitergehender Fragen zur Verfügung stehen.

 

Dezernentin Dr. Maurer erläutert in der Sitzung des Schulausschusses, dass, was die Errichtung eines Automatisierungs- und Industrielabors anbelange, keine Dringlichkeit gegeben sei. Man könne abwarten, ob Fördermittel zugesagt würden. Falls keine Zusage erfolge, würde die Maßnahme in die Haushaltsplanung 2025 einfließen und somit die politischen Gremien entsprechend beteiligt werden.