Im zweiten
Abschnitt/Erster Titel des Sozialgesetzbuches/fünftes Buch (SGB V -
Krankenversicherung) sind grundlegende gesetzliche Vorgaben über die
Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung
aufgeführt. So wirken gemäß § 72 Abs. 1 SGB V Ärzte, Zahnärzte,
Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen zur
Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten
zusammen. Gemäß § 72 Abs. 2 ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der
gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses
durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den
Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige
und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des
allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist
und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Gemäß § 75 Abs. 1 SGB
V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen
Bundesvereinigungen die vertragsärztliche Versorgung ... sicherzustellen und
den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen,
dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen
Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst auch die angemessene und
zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung und die
vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst),
nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit
Landesrecht nichts anderes bestimmt.
Daneben obliegt es
gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Heilberufsgesetzes NRW der jeweils zuständigen Ärztekammer
als beruflicher Vertretung aller Ärztinnen und Ärzte, einen ärztlichen
Notdienst in den sprechstundenfreien Zeiten sicherzustellen. Schließlich hat
die untere Gesundheitsbehörde nach den Vorgaben des Gesetzes über den
öffentlichen Gesundheitsdienst in NRW (ÖGDG) u.a. die gesetzliche Aufgabe einer
ortsnahen Koordinierung der gesundheitlichen Versorgung.
Regional zuständig
für die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung der Bürgerinnen
und Bürger im Bezirk Nordrhein (Gebiete der Regierungsbezirke Düsseldorf und
Köln) und damit auch für die Sicherstellung des Notdienstes sind die
kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) und die Ärztekammer Nordrhein
(ÄKNo), die diese Aufgabe gemeinschaftlich wahrzunehmen haben. KVNo und ÄKNo
sind beides Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigenen
Selbstverwaltungskompetenzen. Vor dem geschilderten gesetzlichen Hintergrund
werden im Kreis Heinsberg derzeit drei allgemein-ärztliche Notdienstpraxen
betrieben, jeweils eine im Bereich der Krankenhäuser in Erkelenz, in
Geilenkirchen und in Heinsberg.
Die
Vertreterversammlung der KVNo hat nunmehr mit Beschluss vom 11.02.2015 ihren
Vorstand aufgefordert, die Organisation des allgemein-ärztlichen Notdienstes so
zu gestalten, dass u.a. die allgemein-ärztlichen Notdienstpraxen in ihrem
Bezirk von bisher 62 auf dann 41 reduziert werden. Für das Gebiet des Kreises
Heinsberg ist demnach vorgesehen, nur noch eine einzige Notdienstpraxis
aufrechtzuerhalten.
Mit dieser
Angelegenheit hat sich der Kreistag in seiner Sitzung am 12.03.2015 befasst;
hierzu wird auf die Einladung zur Sitzung und die Niederschrift darüber
verwiesen. Nach dem dort gefassten Beschluss sollte u.a. ein interfraktionelles
Gremium gebildet werden, dass zusammen mit dem Landrat, den Vertretern der
Ärzteschaft, den Betreibern der Notdienstpraxen und je einem Mitglied der im
Kreistag vertretenen Fraktionen das Ziel verfolgt, eine an den Bedürfnissen der
Patienten orientierten Notdienstversorgung im Kreis Heinsberg zu erhalten.
Zwischenzeitlich hat
die Kammerversammlung der ÄKNo am 21.03.2015 den Beschluss der KVNo in der
vorliegenden Form u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass gewachsene Strukturen
des ambulanten ärztlichen Bereitschaftsdienstes, die sich bewährt haben und
funktionieren, erhalten bleiben müssten. Gleichzeitig wird der KVNo angeboten,
unter Berücksichtigung vorliegender Daten eine umfassende, zukunftsfähige
Organisationsform des ärztlichen Notdienstes mitzuentwickeln. Die Delegierten
der Kammerversammlung beauftragten ihren Vorstand darüber hinaus, gemeinsam mit
den Bürgermeistern und Landräten sowie Kommunal- und Landespolitikern in einer
konzertierten Aktion auf die Krankenkassen mit dem Ziel einzuwirken, dass diese
eine kostendeckende Vergütung für den Betrieb der Notdienstpraxen in NRW
zahlen.
Vor dem Hintergrund
der geschilderten Sachlage hat sich am 25.03.2015 das o.a. interfraktionelle
Gremium (Arbeitskreis) bei der Kreisverwaltung Heinsberg zusammengefunden.
Eingeladen waren je ein Vertreter der dem Kreistag des Kreises Heinsberg
angehörenden Fraktionen sowie verschiedene Vertreter von an der medizinischen
Versorgung der Bevölkerung beteiligten Institutionen (Kassenärztlichen
Vereinigung Nordrhein -KVNo-, Ärztekammer Nordrhein -ÄKNo-, Betreiber der
bestehenden Notdienstpraxen in Erkelenz und in Heinsberg, Krankenhäuser
Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg, „Rettungsdienst im Kreis Heinsberg
gGmbH“.
In dem Arbeitskreis
wurde aus den verschiedenen Perspektiven eingehend erörtert, wie die von der
KVNo vorgesehene Reform zu bewerten ist, welche Auswirkungen in der
Alltagspraxis daraus resultieren könnten und wie die Reform konstruktiv
begleitet werden kann. Die Beteiligten waren sich schließlich darin einig, dass
die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger seitens des Kreises Heinsberg in
einem möglichen Anhörungs-/ Beteiligungsverfahren vorzutragenden Anliegen umso
mehr Akzeptanz und Gehör finden, je einvernehmlicher sie politisch gestützt
sind. Dabei sei auch darauf zu drängen, dass die ländliche Struktur und die
Verkehrsinfrastruktur des Kreises Heinsberg durch die KVNo bei ihren
Reformbestrebungen zu einer bedarfsgerechten Versorgung ausreichende Würdigung
finden. Insofern würde die Reduzierung der Versorgung auf nur eine einzige
Notdienstpraxis für das gesamte Kreisgebiet die Grenze der Zumutbarkeit für die
Bürgerinnen und Bürger überschreiten und könne nicht als hinreichende
Versorgungssicherheit und -qualität angesehen werden.
Im Ergebnis bestand
übereinstimmend die Auffassung, dass ein Zerschlagen der im Kreis Heinsberg
bewährten notdienstlichen Versorgung nicht sinnvoll ist und dass es daher im
Interesse einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung im Prinzip als
gerechtfertigt erscheint, an einer Forderung zu einem Erhalt aller drei
Notdienstpraxen festzuhalten. Durchaus kontrovers wurde aber die Frage
diskutiert, ob und inwieweit es mit Rücksicht auf die gesetzlich geregelten
Entscheidungskompetenzen als klug und erfolgversprechend erscheint, im Rahmen
einer Verfahrensbeteiligung eine Maximalforderung nach dem Erhalt von drei
Notdienstpraxen vorzutragen. Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass eine
Reduzierung auf zwei Notdienstpraxen im Kreisgebiet mit Rücksicht auf eine
mögliche gerechtere Verteilung der Dienste unter den beteiligten Ärzten als
absolutes Versorgungsminimum u.U. akzeptiert werden kann, wenn andererseits von
einer Einbeziehung dieser Praxen in die angedachte zentrale Organisation eines
Fahrdienstes abgesehen wird.
Das Signalisieren
einer gewissen konstruktiven Kompromissbereitschaft und die endgültige
Positionierung des Kreises Heinsberg im Rahmen einer Verfahrensbeteiligung sei
aber letztendlich noch in den zu beteiligenden politischen Gremien zu erörtern.
Dabei werde eine Einladung der im Arbeitskreis anwesenden Vertreter der
Ärzteschaft, des Betreibers der Notdienstpraxen in Heinsberg und Erkelenz und
des Vertreters der Krankenhäuser in die nächste Sitzung des Fachausschusses am
13. April 2015 befürwortet, um durch diese ggf. nochmals Erläuterungen zur
Sachlage zu halten.
Vor diesem
Hintergrund sieht die Verwaltung von der Unterbreitung eines
Beschlussvorschlages ab.