Beschlussvorschlag:
1.
Nach eingehender Erörterung mit den Vertretern der auf
lokaler Ebene die ärztliche Versorgung sicherstellenden Institutionen
appellieren Kreistag und Verwaltung des Kreises Heinsberg nachdrücklich an die
Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo) und der Ärztekammer
Nordrhein (ÄKNo), im Rahmen der Umstrukturierung und Neuorganisation des
allgemein-ärztlichen Bereitschaftsdienstes / Notdienstes im Bezirk Nordrhein im
Interesse der medizinischen Versorgung der Bevölkerung an einem Fortbestand der
bestehenden drei Notdienstpraxen im Kreis Heinsberg festzuhalten. Diese
Standortsicherung ist nach Auffassung von Kreistag und Verwaltung hilfsweise
auch im Rahmen der derzeitigen Beschlusslage der Vertreterversammlung der KVNo
möglich (Dependancen-Regelung auf Antrag der Kreisstellen). Der Schlüssel von
nur einer NDP für 250.000 Menschen ist gerade in einem Flächenkreis keinesfalls
sachgerecht und daher inakzeptabel. Angesichts der derzeit auch innerhalb und
zwischen der KV und Ärztekammer noch laufenden Abstimmungsprozesse besteht die
Möglichkeit, im Einvernehmen mit den lokalen Vertretern der Ärzteschaft
Einfluss auf die Abstimmungen in den Gremien der Ärzteschaft zu nehmen.
2.
Der Komplexität der Problematik kann ein einfacher Appell
alleine nicht gerecht werden. Unter Berücksichtigung der zu respektierenden
Entscheidungskompetenzen der KVNo und der ÄKNo im Rahmen ihrer Selbstverwaltung
wird die Verwaltung daher aufgefordert, über diesen Appell hinaus zusammen mit
der bereits eingerichteten interfraktionellen Arbeitsgruppe ein lokales Konzept
auszuarbeiten und es mit und über die Kreisstellen in die Beschlussgremien der
Ärzteschaft einzubringen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass im Hinblick
auf die demographische Entwicklung der Fahrdienst (Hausbesuche) besonders in
einem Flächenkreis wie dem Kreis Heinsberg an Bedeutung gewinnen wird. Er muss
daher ein besonderer Fokus sein. Eine Reduzierung auf zwei Notdienstpraxen im
Kreisgebiet als absolutes Versorgungsminimum kann nur dann toleriert werden,
wenn eine den Ansprüchen eines Flächenkreises gerecht werdende Organisation und
Kapazität eines solchen Fahrdienstes garantiert werden kann.
3.
Der Landrat wird aufgefordert, direkt und über
die Landesregierung bei den Krankenkassen nachdrücklich deren Verpflichtung
einzufordern, die von der Bevölkerung gewünschte ortsnahe Versorgung außerhalb
der Sprechstundenzeiten durch eine verlässliche Vergütung außerhalb der
Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) sicherzustellen.
Im
zweiten Abschnitt/Erster Titel des Sozialgesetzbuches/fünftes Buch (SGB V -
Krankenversicherung) sind grundlegende gesetzliche Vorgaben über die
Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung
aufgeführt. So wirken gemäß § 72 Abs. 1 SGB V Ärzte, Zahnärzte,
Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen zur
Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten
zusammen. Gemäß § 72 Abs. 2 ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der
gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses
durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den
Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige
und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des
allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist
und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Gemäß § 75 Abs. 1 SGB
V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen
Bundesvereinigungen die vertragsärztliche Versorgung ... sicherzustellen und
den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen,
dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen
Erfordernissen entspricht. Die Sicherstellung umfasst auch die angemessene und
zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung und die vertragsärztliche
Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die
notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht
nichts anderes bestimmt.
Daneben
obliegt es gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Heilberufsgesetzes NRW der jeweils
zuständigen Ärztekammer als beruflicher Vertretung aller
Ärztinnen und Ärzte, einen ärztlichen Notdienst in den sprechstundenfreien
Zeiten sicherzustellen. Schließlich hat die untere Gesundheitsbehörde nach den
Vorgaben des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst in NRW (ÖGDG)
u.a. die gesetzliche Aufgabe einer ortsnahen Koordinierung der gesundheitlichen
Versorgung.
Regional
zuständig für die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung der
Bürgerinnen und Bürger im Bezirk Nordrhein (Gebiete der Regierungsbezirke
Düsseldorf und Köln) und damit auch für die Sicherstellung des Notdienstes sind
die kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) und die Ärztekammer Nordrhein
(ÄKNo), die diese Aufgabe gemeinschaftlich wahrzunehmen haben. KVNo und ÄKNo
sind beides Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigenen
Selbstverwaltungskompetenzen. Vor dem geschilderten gesetzlichen Hintergrund
werden im Kreis Heinsberg derzeit drei allgemein-ärztliche Notdienstpraxen
betrieben, jeweils eine im Bereich der Krankenhäuser in Erkelenz, in
Geilenkirchen und in Heinsberg.
Die
Vertreterversammlung der KVNo hat nunmehr mit Beschluss vom 11.02.2015 ihren
Vorstand aufgefordert, die Organisation des allgemein-ärztlichen Notdienstes so
zu gestalten, dass u.a. die allgemein-ärztlichen Notdienstpraxen in ihrem
Bezirk von bisher 62 auf dann 41 reduziert werden. Für das Gebiet des Kreises
Heinsberg ist demnach vorgesehen, nur noch eine einzige Notdienstpraxis aufrechtzuerhalten.
Mit
dieser Angelegenheit hat sich der Kreistag in seiner Sitzung am 12.03.2015
befasst; hierzu wird auf die Einladung zur Sitzung und die Niederschrift
darüber verwiesen. Nach dem dort gefassten Beschluss sollte u.a. ein
interfraktionelles Gremium gebildet werden, dass zusammen mit dem Landrat, den
Vertretern der Ärzteschaft, den Betreibern der Notdienstpraxen und je einem
Mitglied der im Kreistag vertretenen Fraktionen das Ziel verfolgt, eine an den
Bedürfnissen der Patienten orientierten Notdienstversorgung im Kreis Heinsberg
zu erhalten.
Zwischenzeitlich
hat die Kammerversammlung der ÄKNo am 21.03.2015 den Beschluss der KVNo in der
vorliegenden Form u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass gewachsene Strukturen
des ambulanten ärztlichen Bereitschaftsdienstes, die sich bewährt haben und
funktionieren, erhalten bleiben müssten. Gleichzeitig wird der KVNo angeboten,
unter Berücksichtigung vorliegender Daten eine umfassende, zukunftsfähige
Organisationsform des ärztlichen Notdienstes mitzuentwickeln. Die Delegierten
der Kammerversammlung beauftragten ihren Vorstand darüber hinaus, gemeinsam mit
den Bürgermeistern und Landräten sowie Kommunal- und Landespolitikern in einer
konzertierten Aktion auf die Krankenkassen mit dem Ziel einzuwirken, dass diese
eine kostendeckende Vergütung für den Betrieb der Notdienstpraxen in NRW
zahlen.
Vor
dem Hintergrund der geschilderten Sachlage hat sich am 25.03.2015 das o.a.
interfraktionelle Gremium (Arbeitskreis) bei der Kreisverwaltung Heinsberg
zusammengefunden. Eingeladen waren je ein Vertreter der dem Kreistag des
Kreises Heinsberg angehörenden Fraktionen sowie verschiedene Vertreter von an
der medizinischen Versorgung der Bevölkerung beteiligten Institutionen
(Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein -KVNo-, Ärztekammer Nordrhein -ÄKNo-,
Betreiber der bestehenden Notdienstpraxen in Erkelenz und in Heinsberg,
Krankenhäuser Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg, „Rettungsdienst im Kreis
Heinsberg gGmbH“.
In
dem Arbeitskreis wurde aus den verschiedenen Perspektiven eingehend erörtert,
wie die von der KVNo vorgesehene Reform zu bewerten ist, welche Auswirkungen in
der Alltagspraxis daraus resultieren könnten und wie die Reform konstruktiv
begleitet werden kann. Die Beteiligten waren sich schließlich darin einig, dass
die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger seitens des Kreises Heinsberg in
einem möglichen Anhörungs-/ Beteiligungsverfahren vorzutragenden Anliegen umso
mehr Akzeptanz und Gehör finden, je einvernehmlicher sie politisch gestützt
sind. Dabei sei auch darauf zu drängen, dass die ländliche Struktur und die
Verkehrsinfrastruktur des Kreises Heinsberg durch die KVNo bei ihren
Reformbestrebungen zu einer bedarfsgerechten Versorgung ausreichende Würdigung
finden. Insofern würde die Reduzierung der Versorgung auf nur eine einzige
Notdienstpraxis für das gesamte Kreisgebiet die Grenze der Zumutbarkeit für die
Bürgerinnen und Bürger überschreiten und könne nicht als hinreichende
Versorgungssicherheit und -qualität angesehen werden.
Im
Ergebnis bestand übereinstimmend die Auffassung, dass ein Zerschlagen der im
Kreis Heinsberg bewährten notdienstlichen Versorgung nicht sinnvoll ist und
dass es daher im Interesse einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung im
Prinzip als gerechtfertigt erscheint, an einer Forderung zu einem Erhalt aller
drei Notdienstpraxen festzuhalten. Durchaus kontrovers wurde aber die Frage
diskutiert, ob und inwieweit es mit Rücksicht auf die gesetzlich geregelten
Entscheidungskompetenzen als klug und erfolgversprechend erscheint, im Rahmen
einer Verfahrensbeteiligung eine Maximalforderung nach dem Erhalt von drei
Notdienstpraxen vorzutragen. Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass eine
Reduzierung auf zwei Notdienstpraxen im Kreisgebiet mit Rücksicht auf eine
mögliche gerechtere Verteilung der Dienste unter den beteiligten Ärzten als
absolutes Versorgungsminimum u.U. akzeptiert werden kann, wenn andererseits von
einer Einbeziehung dieser Praxen in die angedachte zentrale Organisation eines
Fahrdienstes abgesehen wird.
Das
Signalisieren einer gewissen konstruktiven Kompromissbereitschaft und die
endgültige Positionierung des Kreises Heinsberg im Rahmen einer
Verfahrensbeteiligung sei aber letztendlich noch in den zu beteiligenden
politischen Gremien zu erörtern. Dabei werde eine Einladung der im Arbeitskreis
anwesenden Vertreter der Ärzteschaft, des Betreibers der Notdienstpraxen in
Heinsberg und Erkelenz und des Vertreters der Krankenhäuser in die nächste
Sitzung des Fachausschusses am 13. April 2015 befürwortet, um durch diese ggf.
nochmals Erläuterungen zur Sachlage zu halten.