Betreff
Vorstellung der Ergebnisse des ersten Sozialraum-Monitoring für den Kreis Heinsberg durch das Geographische Institut der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
Vorlage
0200/2015
Art
Berichtspunkt

Finanzielle Auswirkungen:

 

 

Leitbildrelevanz:

Demografischer Entwicklung und bürgerschaftliches Engagement sowie Familie und Jugend

 

Inklusionsrelevanz:

ja

 

In der Sitzungsvorlage zu Tagesordnungspunkt 1 der Gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales und des Jugendhilfeausschusses am 21.03.2013 wurde inhaltlich begründet, dass zur Umsetzung relevanter Ziele in der Jugend- und Altenhilfe sowie im Pflegebereich u.a. strukturelle Vorarbeiten zu leisten sind, damit sozialraumbasierte, integrierte kommunale Handlungskonzepte zum Einsatz gebracht werden können. Vom Kreistag ist hierzu in seiner Sitzung vom 16.05.2013 der Beschluss gefasst worden, dass zur Schaffung der Voraussetzungen für die Umsetzung von Quartierskonzepten

 

1.      ein kreisweites Sozialmonitoring ab dem 01.01.2014 als Bestandteil einer kontinuierlichen Sozialberichterstattung des Kreises einzuführen ist

und

2.      die hierfür erforderlichen Sozialraumdefinitionen im Vorhinein mit den kreisangehörigen Kommunen festzulegen sind.

 

Im nicht öffentlichen Teil  der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales vom  03.09.2014 (Auftragsvergabeangelegenheit) wurde zum Sachstand berichtet, dass die Verwaltung auf der Grundlage dieses Kreistagsbeschlusses, in enger Kooperation mit den kreisangehörigen Kommunen und beteiligten Ämtern im Hause, intensiv an der Schaffung  der Voraussetzungen für die Umsetzung von Quartierskonzepten gearbeitet habe. Hierzu war zunächst die Definition von 20 straßenscharf umrissenen Sozialräumen (als übergeordnete Raumbetrachtungsstruktur) und 64 Quartieren (als kleinste Raumbetrachtungsstruktur) erforderlich, um hierauf basierend ein Sozialmonitoring aufsetzen zu können. Korrespondierend mit diesen Vorarbeiten, wurde eine quartiersdifferenzierte Datenakquise auf der Basis eines mit den kreisangehörigen Kommunen abgestimmten Indikatorentableaus durchgeführt. Zur Dateneinlieferung wurde seitens des Kreises den beteiligten Kommunen eine Online-Plattform zur Dateneingabe zur Verfügung gestellt, die von der hiesigen EDV-Stelle erarbeitet wurde und auch für die geplanten zukünftigen Datenübergaben nutzbar sein wird.


In der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales vom 26.11.2014 wurde zum aktuellen Sachstand ausgeführt, dass am 04.11.2014 mit Vertretern des Kreisjugendamtes und der Stadtjugendämter im Kreisgebiet die Erhebung der jugendamtsspezifischen Daten abgeglichen und vereinbart werden konnte, dass diese auf der Basis der gebildeten Quartiere (kleinste Aggregationsebene) zusammengeführt und über das eingerichtete Kreisportal eingeliefert werden.

Die Datenweitergabe an das Geographische Institut der RWTH Aachen erfolgte in mehreren Schritten, da bei der Datenaggregation mehrere Hemmnisse zu überwinden waren. Zum einen lagen die kommunalen Daten erst im 4. Quartal 2014 (Stichtag 31.12.2013), die Jugendamtsdaten im 1. Quartal 2015 (Stichtag 31.12.2014) und die Arbeitsmarktdaten (Stichtag 31.12.2013) im 2. Quartal 2015 zur Weitergabe vollständig vor. Zum anderen wurde bereits in der Umsetzungsphase frühzeitig erkannt, dass einige Indikatoren aufgrund unterschiedlicher Datenqualitäten nicht für belastbare Aussagen im Rahmen des interkommunalen Vergleichs herangezogen werden können.  Auf dieser Erkenntnis basierend, wurden hierfür in Übereinstimmung mit den kreisangehörigen Kommunen, alternative Indikatoren in das Konzept integriert, datenmäßig erfasst und aufbereitet.

Auf der Grundlage des in der Sitzung des Kreistages vom 30.09.2014 getroffenen Vergabebeschlusses wurde die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen zum 06.10.2014 mit der

1.      Erstellung, Auswertung und Darstellung von vorliegenden sozialräumlichen Daten im Rahmen der Einführung des Sozialmonitorings im Kreis Heinsberg

sowie

2.      den Arbeiten auf Quartiersebene für eine „Pilotstudie Geilenkirchen“ beauftragt.

 

Die Entwurfsfassung des Monitoring-Berichtes des Geografischen Institutes der RWTH Aachen (Lehr- und Forschungsinstitut Kulturgeographie und Lehr- und Forschungsgebiet Wirtschaftsgeographie der Dienstleistungen) wurde den Hauptverwaltungsbeamten bzw. deren Vertretern anlässlich der HVB-Konferenz vom 02.07.2015 übergeben. Hieran schlossen sich in den Monaten August und September 2015 unter der Leitung von Landrat Pusch bzw. Allgemeine Vertreterin Machat persönliche Gespräche mit allen Bürgermeistern der kreisangehörigen Kommunen an, um die Ergebnisse gemeinsam auf ihre Validität zu überprüfen und erste aus dem Bericht abzuleitende Erkenntnisgewinne zu generieren und die Fortsetzung des Monitoring zum 31.12.2015 zu erörtern bzw. abzustimmen. In diesem Zusammenhang wurde der Landrat autorisiert, den Bericht unter Berücksichtigung der Daten der jeweiligen Kommune zu veröffentlichen. Ausgeschlossen von dieser Regelung sind die aufbereiteten Jugendhilfedaten der Stadtjugendämter über deren Verwendungszusammenhang diese eigenverantwortlich entscheiden werden. Darüber hinaus kann als übereinstimmendes Gesprächsergebnis festgehalten werden, dass der Monitoring-Prozess fortgesetzt werden soll. Dabei wurde begrüßt, dass zukünftig auch wirtschaftsgeografische Standortfaktoren in die Beobachtungsstruktur eingearbeitet werden sollen.

Aus der Sicht der Verwaltung stellt das in der Sitzung vorzustellende Sozialraum-Monitoring - als erstes  Arbeitsergebnis des  im Aufbauprozess befindlichen Monitoring-Systems - ein beredtes  Beispiel für eine gelungene interkommunale Zusammenarbeit und - auf die Kreisverwaltung bezogen- einer zielführenden ämterübergreifenden Zusammenarbeit dar, die zukünftig noch weiter intensiviert werden soll.

Als weiterer positiver Effekt kann festgehalten werden, dass durch die Existenz einer belastbaren soziodemografischen Analyse der Kreisbevölkerung und der (selektiven ) Bestandsanalyse der lokalen Angebotsstruktur, die Chancen zur Teilnahme an einem Förderprojekt deutlich erhöht worden sind. 


 

So ist es bspw. für eine erfolgreiche Bewerbung um EU-Fördermittel erforderlich, dass Kommunen auf der Grundlage eines stadtweiten Vergleichs sozialstatistischer Indikatoren, die die spezifischen Problemlagen beschreiben, ein eingrenzbares Gebiet für das vorgesehene Vorhaben auswählen müssen. Vorgesehene Fördervorhaben müssen zudem in integrierte Handlungs- und Entwicklungskonzepte, die von den politischen Gremien der Kommune beschlossen worden sind, eingebettet sein.  Hierfür können die nunmehr vorliegenden Daten nutzbar gemacht werden.  Nähere Einzelheiten hierzu  können den Förderprogrammen EFRE, ESF und ELER entnommen werden.

Die in der Sitzung von den Vertreterinnen/Vertretern der RWTH Aachen vorzustellenden Ergebnisse stellen einen bedeutsamen Schritt in Richtung Weiterentwicklung der Sozialraumorientierung und der Quartiersentwicklung im Kreisgebiet dar.

Als nächster Arbeitsschritt wird voraussichtlich gegen Ende November 2015 das beauftragte Projekt „Pilotstudie Geilenkirchen“ abgeschlossen werden können. Es ist geplant, dass sich hieran voraussichtlich Gespräche mit den Bürgermeistern derjenigen kreisangehörigen Kommunen anschließen werden, die bereits vor der Datenaggregation eine Quartierseinteilung vorgenommen hatten, um die Übertragbarkeit der in der Stadt Geilenkirchen angewandten Analysemethode auf die jeweilige Kommune zu diskutieren und die Bereitschaft für den Einstieg in eine noch konsequentere kleinräumige Datenanalyse und -aufbereitung zu erfragen. Die hierbei intendierte Schaffung eines Datenfundamentes für die Erarbeitung/Anpassung integrierter kommunaler Entwicklungskonzepte bzw. Dorfinnenentwicklungskonzepte (im Sinne eines Quartiersinnenentwicklungskonzeptes) kann somit sowohl ein Beitrag für die Umsetzung entsprechender Konzepte als auch ein ausschlaggebender Faktor sein, um bei einer konkurrenzbehafteten Wettbewerbsteilnahme zur Erlangung von Fördermitteln eine verbesserte Ausgangslage zu erhalten. Für viele Kommunen könnte insofern eine Förderzusage als ausschlaggebender Faktor dafür gewertet werden, dass überhaupt aktiv in einen Quartiersentwicklungsprozess eingetreten werden kann.

Hinsichtlich der zuvor im Rahmen der Gespräche mit den Bürgermeistern thematisierten Erweiterung des Monitoring-Systems wird derzeit mit den Vertretern des Geographischen Instituts die Erarbeitung eines Untersuchungsprogramms diskutiert, das die empirischen Grundlagen für die Erarbeitung eines regionalen Versorgungskonzeptes (Einzelhandel und sonstige Dienstleistungen) über eine Befragung der Kreisbewohner liefern könnte. In einem ersten Schritt ist mit den Vertreterinnen und Vertretern der Lehr- und Forschungsgebiete Kulturgeographie und Wirtschaftsgeographie der Dienstleistungen des Geographischen Instituts der RWTH Aachen beabsichtigt, ein Untersuchungsdesign zu erarbeiten, über dessen Umsetzung quantitative und qualitative Grundlagen für die Erarbeitung eines regionalen Einzelhandelskonzepts generiert werden. Es ist noch zu diskutieren, inwieweit eine Reduzierung der Kosten durch die Einbindung von Studierenden der Masterstudiengänge Geographie/Wirtschaftsgeographie im Rahmen von Lehrveranstaltungen möglich ist.

Der vorzustellende Bericht bietet vielfältige Ansatzpunkte für die Gestaltungs- und Verantwortungsbereiche der Verwaltungen des Kreises und der kreisangehörigen Kommunen. Ebenso  für die im Kreisgebiet tätigen Wohlfahrtsträger, Akteure im Sozial, Pflege-, Gesundheits- und Freizeitbereich, Investoren im Wohnungswesen etc.

Ferner bietet dieser Bericht eine belastbare Grundlage dafür, um im Rahmen von Sozialraumorientierung ein jeweils maßgeschneidertes integriertes Handlungskonzept für Sozialräume zu entwickeln, das ggf. in einen wirkungsorientierten Steuerungskreislauf implementiert werden kann.